So kam Fipronil in Millionen von Eiern

Eine Chemikalienfabrik in Rumänien, ein Händler in Belgien und einige Reinigungsfirmen sorgten für die Verbreitung

Fipronil in Eiern
Ein „normaler“ Stall ohne Fipronil
Eier sind europaweit ein Massengeschäft. Hunderttausend Hühner in einem Stall und mindestens zweihundert Hühnerhalter in Holland sorgen für einen millionenfachen Nachschub an dem begehrten tierischen Produkt. Auch in diesem Geschäft setzt man auf Arbeitsteilung und den Einsatz von Nachunternehmern im Bereich der Stallreinigung. Die Reinigungsfirma tauscht die bestehende Einstreu gegen eine frische Lage aus und disinfiziert zwischen den Arbeitsgängen den Stall gegen Milbenbefall. Die Firma „Chickenfriend“ benutzte für die Desinfizierung ein chemisches Mittel mit dem Namen „Dega-16“. Wie die FAZ am 4.8.2017 berichtete, soll ein belgischer Händler aus einer Fabrik in Rumänien die Ware in 20-Litern-Kanistern bezogen haben. Dega-16 enthält den Wirkstoff „Fipronil“. Das Insektizid ist im Umfeld von Lebensmittelproduktionen nicht zugelassen. Vielleicht haben die Rumänen das Verbot nicht gekannt, den Wirkstoff nicht deklariert, der Händler hat nicht gefragt, die Reinigungsfirma sich auf den Händler verlassen, usw. Eine besondere Note erhält die Geschichte durch die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK. Deren Mitarbeiter wussten bereits Anfang Juni 2017 von der Fipronil-Verunreinigung, gaben ihr Wissen aber erst am 20. Juli weiter.

So wirkt Fibronil bei Insekten

Im Jahre 2002 hat BASF eine Produktpalette von der Firma Bayer erworben, in deren Mittelpunkt das Insektizid Fipronil stand. Die Pressemeldung lautete: „Fipronil ist ein Insektizid aus der neuen Klasse der Phenylpyrazole und hat ein breites Wirkspektrum. Es wirkt ausgezeichnet gegen die wichtigsten Schadinsekten in der Landwirtschaft und bei der Schädlingsbekämpfung.“ [Quelle: http://www.chemikalien.de/?s=fipronil]. Tatsächlich setzt Fipronil gezielt im zentralen Nervensystem an, in dem es den Einstrom von Chlorid-Ionen hemmt. Das Nervensystem gerät zunächst außer Kontrolle, anschließend setzt die Lähmung ein und letztlich sterben die Insekten. Aufgrund seiner Bienentoxizität hat die EU Fipronil im Jahr 2013 verboten. Hühner nehmen das Insektengift sowohl über die Nahrung als auch über die Haut auf. Letztlich landet die Chemikalie im Hühnerei. Sogar für größere Tiere kann das Mittel tödlich sein. Im Anschluss an einen Artikel von Zeit-Online berichtete ein Leser vom Tod seiner Katze. Das Tier hatte Fibronil versehentlich über die Zunge aufgenommen, weil es der Tierarzt zum Zwecke der Entmildung an der falschen Stelle auf das Fell gestrichen hatte. „Die Katze bekam innerhalb von Minuten heftige Krämpfe und starb Stunden später.“

Die Wirkung von Fipronil auf Menschen ist nur vage erforscht

Dem Bundesamt für Risikobewertung sind direkte Studien am Menschen nicht bekannt. Die „duldbare tägliche Aufnahmemenge“ leitet die Behörde aus Rattenstudien ab. Hingegen sieht eine Studie von Wang und Kollegen Zusammenhänge zwischen Fipronil und einer Vielzahl von toxischen Wirkungen auf Tiere und Menschen wie „neurotoxische, hepatotoxische, nephrotoxische, reproduktive und zytotoxische Effekte.“ Ebenfalls stehen Hinweise im Raum, dass Fipronil oxidativen Stress auslösen könnte.
Auf der Webseite lebensmittelwarnung.de sind die Kennungen von Eiern gelistet, die Fipronil enthalten. Es handelt sich komplett um holländische Produkte. Inzwischen wurde aber auch Fipronil in vier deutschen Hühnerbetrieben nachgewiesen.

3 Antworten auf „So kam Fipronil in Millionen von Eiern“

  1. Ich habe tatsächlich größere Bedenken wegen der vielen Fipronil-Präparate, die frei im Handel erhältlich sind und pro Packung oder Einzeldosis zwischen 50 und 250mg Fipronil enthalten.

    Das für die Zecken- und Flöhe-Abwehr bei Hunden und Katzen häufig von Tierärzten empfohlene Mittel Frontline Combo (Spot-On) enthält je Pipette für einen Hund von 2-10kg Körpergewicht 67mg Fipronil.

    Das soll alle 4 Wochen angewendet werden. Die Wirkungsweise legt die Vermutung nahe, dass bei Hunden, die überwiegend in der Wohnung gehalten werden, so über das Fell eine große Menge des Wirkstoffs auf z.B. den Teppichboden abgestreift wird. Der Wirkstoff baut sich auf dem Teppich meines Wissens nicht ab. Beim Staubsaugen gelangen wiederum Anteile des Wirkstoffs durch die Abluft mit Feinstaub in die Raumluft und werden so über Schleimhäute und Lunge aufgenommen.
    Gibt es Untersuchungen zu der Belastung einer Wohnung durch die Anwendung von Frontline Combo oder ähnlichen Mitteln mit Fipronil?

    Wie kann man eine mögliche Belastung labortechnisch testen?

    Kennen Sie Labors, die solche Tests durchführen?

    Wer kann in dieser Thematik unterstützen und helfen?

  2. Lieber Herr Rügheimer, ich bin bei der Recherche zu dem Artikel erstmals auf die Thematik im Zusammenhang mit tierärztlicher Verschreibung gestoßen. Das Ereignis wurde bisher möglicherweise nur in Spezialforen diskutiert. Über chemische Untersuchungen im Innenraum ist mir bis jetzt nichts bekannt. Ich aber sehr neugierig geworden. Gruß Joachim Weise

  3. Lieber J-Weise, es ist noch schlimmer, als bisher gedacht. Frontline gibt es auch als Spray. Das soll nicht nur auf den Hund bzw. der Katze aufgesprüht werden, sondern bei Floh-Befall in der ganzen Wohnung. Es braucht also gar nicht den Hund, um das Fipronil auf alle Flächen in der Wohnung zu bekommen.
    Es scheint dabei tatsächlich als unbedenklich zu gelten, die Wohnung zu kontaminieren und das Fipronil über den benetzten Teller oral aufzunehmen. Nur das Ei auf dem Teller darf kein Fipronil enthalten. Ich verliere soeben den Glauben an eine wirksame Prävention und verstehe nicht mehr, was der ganze Hype um die Fipronil-Eier soll, wenn besorgte Hundebesitzer das Fipronil schon jahrelang konsumieren.

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