Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.03.2024


Auf der Suche nach Innenraumschadstoffen

Innenraumschadstoffe

Grundlagenwissen über chemische Schadstoffe

Holzschutzmittel, Formaldehyd und flüchtige chemische Substanzen sind die bekanntesten Schadstoffe in Innenräumen. Aber auch Schwermetalle sind anzutreffen, z.B. in Asche- oder Schlackeschüttungen von Zwischendecken in Altbauten. Formaldehyd ist eine außerordentlich vielfältig eingesetzte Chemikalie, die in einer Fülle von Produkten des täglichen Gebrauchs enthalten ist. Als mögliche Formaldehydquellen kommen in Betracht: verleimte Produkte aus Holzwerkstoffen, Lacke, Konservierungs- oder Bindemittel in Farben, Dämmstoffe und Ausschäummaterial.

Gesundheitliche Auswirkungen

Als gesundheitliche Beschwerdebilder von Innenraumschadstoffen sind allergische und neurologische Symptome sowie Haut- bzw. Schleimhautreizungen bekannt. Weiterhin können Atemwegserkrankungen, Depressionen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität, Schlaf- und Sprachstörungen auftreten. Auch Schwermetalle im Hausstaub können Krankheiten auslösen. So schädigt Quecksilber das Immunsystem und führt zu Kopfschmerzen sowie Hautreizungen. Nickel, Cobalt und Chrom gelten beispielsweise als Allergieauslöser.

Wenn die Augen brennen (ein Beispiel aus der Praxis)

Eine Raumluftbelastung mit Formaldehyd gegegnet Baubiologen auch in der Arbeitswelt. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: vor sechs Monaten hat Anne Hopf ihre neue Beschäftigung in einer Behörde in Nordhessen angetreten. Sie sitzt in einem Büroraum mit einer Fläche von zwanzig Quadratmetern zusammen mit einem Kollegen. Im Zimmer stehen Einbauschränke, zahlreiche Regale und etwa siebzig gut gefüllte Ordner. Seit vier Wochen klagt Anne Hopf häufig über Kopfschmerzen und brennende Augen. Ihr Kollege hingegen hat keine Beschwerden. Die Amtsleitung hat sich der Sache angenommen und einen Baubiologen zur Ursachenforschung beauftragt. Aufgrund der geschilderten Symptome und der vorgefundenen Raumausstattung schlägt der Sachverständige eine Luftprobe auf Formaldehyd vor.

So läuft die Probennahme ab

Als Probennahmemedium dient eine DNPH-Kartusche. Durch diese werden 50 Liter Luft bei einem Volumenstrom von maximal 1,5 Litern je Minute geleitet. Vor der eigentlichen Aktion darf der Raum mindestens acht Stunden lang nicht gelüftet werden. Die Zimmertemperatur soll zehn Grad Celsius nicht unterschreiten. Der Sachverständige achtet auf eine weitere wichtige Nebenbedingung: eine Ozonbelastung durch einen Laserdrucker oder einen Kopierer ist zu vermeiden. Hohe Ozonwerte können die Analytik stören oder sogar zum Verbrauch des DNPH führen. In das Probennahmeprotokoll schreibt der Baubiologe die Raumtemperatur, die relative Luftfeuchtigkeit, die gesammelte Literzahl und die Zeitdauer des Durchlaufs. Angaben zur Raumgröße und Möblierung runden den Bericht an das Labor ab.

Baubiologen bewerten das Laborergebnis hinsichtlich Auffälligkeiten

Der Laborbericht ergibt einen Messwert von 83 µg/m³ bei Normbedingungen. Der Richtwert des Umweltbundesamt sieht erst bei einem Wert von 100 µg/m³ Handlungsbedarf. Dieser Fall zeigt deutlich, dass nicht alle Menschen gleichermaßen auf die Schadstoffe reagieren. Während der Kollege keine Symptome zeigte, reagierte Anne Hopf trotz Unterschreitung des Richtwertes empfindlich auf Formaldehyd.

Zielvorgabe: Innenraumluft soll der Außenluft entsprechen

Während wir Lebensmittel und Trinkwasser sorgfältig auswählen können, ist gute Innenraumluft nicht auf Anhieb erkennbar. Durch gezielte Raumluftmessungen oder die Analyse von Hausstaub oder Materialproben kann eine mögliche Verunreinigung durch Holzschutzmittel, Lösemittel oder Weichmacher festgestellt werden. Wer Bestandsimmobilien kauft, möchte wissen, ob darin Altlasten verborgen sind. Auch Immobilienmakler sollten sicherstellen, dass das günstige Fertighaus aus den siebziger Jahren nicht mit PCP oder anderen Holzschutzmittel behandelt wurde. Als Maßstab gilt die Qualität der Außenluft.

Die Sanierung nach einem Schadensfall planen und schrittweise umsetzen

Aus Vorsorgegründen lässt der Arbeitgeber die Einbauteile im Büroraum genauer untersuchen. Bei Pressspahnmöbeln sind die offenen Stellen sorgfältig zu verschließen. Dabei ist auch auf die Rückwände zu achten. Die Möblierung sollte auf ein Mindestmaß reduziert werden. Verstärktes Lüften dient immer als flankierende Maßnahme. Sollte keine gesundheitliche Besserung bei der Mitarbeiterin eintreten, ist die Umsiedlung in ein anderes Büro zu planen.

Kurz vor der Geburt des Kindes nicht renovieren

Eine Belastung durch Wohnraumschadstoffe während der Schwangerschaft erhöht das spätere Allergierisiko für Kinder beträchtlich. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig empfiehlt daher, in den letzten Wochen vor der Geburt keine Renovierung der Wohnung durchzuführen. Erhöhte Konzentrationen von leichtflüchtigen organischen Stoffen (VOC) belasten die Gesundheit. VOC entweichen aus Farben, Lacken, Klebern und Teppichen in die Raumluft. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Eltern selbst an Allergien wie Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis leiden. Die Forscher des UFZ beobachten Mutter-Kind-Paare seit der Schwangerschaft, um die Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auf Gesundheit und Wohlbefinden zu untersuchen. In die aktuelle Studie flossen Daten von 465 Müttern und Kinder ein. Überraschenderweise renovierten zwei Drittel der Familien ihre Wohnungen während der Schwangerschaft. Offensichtlich ist der Wunsch groß, dem Neugeborenen einen schönen Wohnraum zu bieten.

Vor dem Streichen sorgfältig hinsichtlich Schadstoffen recherchieren

Bevor Farben oder Lasuren großflächig in die Wohnung eingebracht werden, ist ein Vorabrecherche dringend zu empfehlen. Das gewünschte Produkt ist intensiv zu hinterfragen: als Mindestanforderung gilt der „Blaue Engel“ auf dem Etikett. Im nächsten Schritt sollte die Volldeklaration des Herstellers studiert werden. Auffällige Inhaltsstoffe im Produkt stellen bereits ein k.o.-Kriterium dar. Über neutrale Bewertungsportale im Internet ergeben sich weitere Erkenntnisse. Bevor die vollflächige Ausbringung in mehreren Zimmern erfolgt, sollte ein Testbereich gewählt werden. Gut geeignet sind dafür einfache Bretter, die später nicht mehr gebraucht werden und die einige Tage im Zimmer bei geschlossenem Fenster ausgelegt werden

Wegweiser Innenraumschadstoffe

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