Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 28.03.2024

 

Wenn Hochhäuser aus Stahlbeton plötzlich einstürzen

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Im Juni 2021 stürzten Teile eines zwölfstöckigen Hochhauses in Miami innerhalb von zwölf Sekunden ein. Das Gebäude aus Stahlbeton war vor fünfzig Jahren in Strandnähe errichtet worden. Eine Lebensdauer von fünfzig Jahren prognostiziert auch die DIN-Norm 1045 im Anhang F für private Bauvorhaben. Aber dieser Zusammenhang ist wohl reiner Zufall, denn es existieren Stahlbetonbauten auf der ganzen Welt, die wesentlich älter sind als das Gebäude in Florida. Nach den ersten Informationen aus Amerika wurden bei dem Bauvorhaben wichtige Warnsignale übersehen. So hatte ein Ingenieurbüro bereits im Jahr 2018 starke Rostspuren an der Bewehrung unterhalb des Poolbereichs festgestellt sowie mehrere baufällige Säulen und Balkone. Die US-Bundesbehörde NIST (National Institute of Standards and Technology) wird nun das Gebäude eingehend untersuchen, um die Ursachen für den Einsturz herauszufinden.

So ergänzen sich Beton und Stahl im Verbund

Stahlbeton erweist sich als eine optimale Zweckgemeinschaft aus Beton und Bewehrungsstahl. Beide Bestandteile haben einen gleich großen Wärmeausdehnungskoeffizienten und vermeiden daher Eigenspannungen im Verbund. Der Zusammenhalt entsteht durch Verkleben des im Beton enthaltenen Zements mit dem gerippten Bewehrungsstahl. Die Aufgabenteilung ist klar geregelt: Beton hat eine hohe Druckfestigkeit, aber eine geringe Zugfestigkeit. Diese Aufgabe steht dem Baustahl zu. Großflächige Bauteile wie Decken oder Bodenplatten müssen hohe Zugkräfte aushalten und werden deshalb mit Baustahl verstärkt. Entscheidend für die Haltbarkeit der Konstruktion ist eine ausreichende Betondeckung, d.h. der Stahl muss durch den Beton vollständig eingeschlossen werden. Die genauen Maße für die Überdeckung des Stahls durch Beton regelt die DIN-Norm 1045.

Die Risiken im Stahlbetonbau erkennen

Gebäude aus Stahlbeton müssen kontrolliert werden, denn Witterungseinflüsse, Risse, mechanische und chemischen Belastungen können dem Baumaterial zusetzen. Sobald Feuchtigkeit oder Sauerstoff in die Konstruktion gelangen, kann der Stahl rosten, sich ausdehnen und den Beton sprengen. Ist der Baustahl vollständig von Beton umschlossen, herrscht im Inneren ein alkalisches Milieu mit einem PH-Wert von 12 bis 14, bei welchem der Stahl nicht rostet. Wenn der PH-Wert unter 10 absinkt, beginnt die sogenannte "Karbonatisierung" und es kann zu einer flächigen Korrosion kommen. Ein weiteres Risiko für Betonstahl entsteht bei Kontakt mit chloridhaltigen Taumitteln, welche im Streusalz verwendet werden. Der dadurch verursachte "Lochfraß" tritt hauptsächlich in Tiefgaragen auf. Gefährliche Risse im Stahlbeton können auch durch Setzungen entstehen, wenn der Untergrund nicht ausreichend verdichtet ist.

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Aktuelle Forschungsvorhaben im Betonbau

Die alternde Stalhbetoninfrastruktur stellt auf der ganzen Welt ein Problem dar. Der Instandhaltungsaufwand wird stark zunehmen, hohe Kosten verursachen und z.B. im Brückenbereich zu lang andauernden Verkehrsbehinderungen führen. Deshalb wollen nun Korrosions-Experten aus fünf deutschen Instituten ein Modell entwickeln, mit dem sich der Prozess der Schädigung in Betonbauteilen zuverlässig vorhersagen lässt. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Schon seit längerem haben Wissenschaftler die grundlegenden Einflussgrößen (Einleitungsphase) auf die Korrosion von Stahl in Beton erfasst. Es liegen Modelle vor, mit denen sich die Zeitspanne bis zum Einsetzen von Korrosion berechnen lässt. Dringend benötigt wird noch ein Modell, mit dem man den die Schädigungsphase zuverlässig beschreiben kann, d.h. den Korrosionsfortschritt. Aufgrund bereits vorhandener Versuchsdaten und durch umfangreiche neue Versuche soll ein Bemessungsmodell entwickelt werden, welches zuverlässige Vorhersagen des zu erwartenden Schadensfortschritts erlaubt. Während der ersten Förderperiode werden die elektrochemischen Systemkomponenten der Bewehrungskorrosion ermittelt. Im Fokus steht dabei der Elektrolytwiderstand, welcher für die Korrosionsgeschwindigkeit verantwortlich ist. Die Erkenntnisse aus allen Teilprojekten sollen anschließend zu einem geschlossenen Berechnungsmodell zusammengefügt werden.

Weitere Informationen

de.wikipedia.org/wiki/Stahlbeton
limitstogrowth.de/2016/07/30/stahlbeton-die-naechste-infrastrukturapokalypse/
www.scinexx.de/news/technik/wie-lange-haelt-beton/
www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Ultrafester_Beton_haelt_ueber_Jahrtausende_1771015586080.html
www.pnas.org/content/106/26/10552.long







 


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