Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 07.12.2024

 

Was bei Geruchsbelästigungen zu tun ist

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Gesetzliche Grundlagen für die Geruchsbewertung -

Agnes Braun wohnt in einer 1800-Einwohner zählenden Gemeinde in Mittelfranken. Seit mehreren Jahren quält sie und ihre Familie der üble Geruch aus einer Biogasanlage in einem Kilometer Entfernung. Da der Geruch nicht durchgehend auftritt, ist die Beweislage für die Betroffenen schwierig. Ein gerichtliches Beweisverfahren ist kostspielig und soll nach Möglichkeit vermieden werden. Der folgende Artikel gibt Aufschluss über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und über die bestehenden Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Betreiber.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz als Ausgangspunkt

In Deutschland gelten für den Immissionsschutz im Hinblick auf Geruchsbelästigungen durch Biogasanlagen spezifische Regelungen, die im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie in den zugehörigen Verordnungen und technischen Anleitungen verankert sind. Zu den zentralen Regelwerken gehören insbesondere die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL). Diese Normen regeln die zulässigen Immissionswerte und die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Geruchsemissionen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bildet die gesetzliche Grundlage für den Immissionsschutz in Deutschland. Es zielt darauf ab, schädliche Umwelteinwirkungen, einschließlich Geruchsbelästigungen, zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Betreiber von Biogasanlagen sind verpflichtet, die besten verfügbaren Techniken (BAT) anzuwenden, um Emissionen zu minimieren.

TA Luft und Geruchsimmissionsrichtlinie

Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) konkretisiert die Anforderungen des BImSchG und legt Emissionsgrenzwerte für verschiedene Schadstoffe fest. Im Kontext von Geruchsbelästigungen sind Geruchsimmissionswerte relevant. Die TA Luft legt keine spezifischen Geruchsgrenzwerte fest, verweist jedoch auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Betreiber von Biogasanlagen müssen die sogenannten "Best Available Techniques" (BAT) anwenden, um Geruchsemissionen zu reduzieren. Dazu gehören Maßnahmen wie geschlossene Systeme für Gärreste und Biogas, Luftreinigungsanlagen und regelmäßige Wartung.
Die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) ist eine Verwaltungsvorschrift der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) und konkretisiert die Bewertung und Beurteilung von Geruchsbelästigungen. Sie definiert unter anderem den Begriff "Geruchsstunden". Eine Geruchsstunde liegt vor, wenn Gerüche in mindestens 10 % der jeweiligen Zeitstunde wahrnehmbar sind. Zulässige Geruchsbelastungen werden in Prozentsätzen der Jahresstunden ausgedrückt. Für Wohngebiete gilt beispielsweise, dass Geruchsstunden 10 % der Jahresstunden nicht überschreiten sollen, für Mischgebiete 15 % und für Gewerbegebiete 20 %.

Anforderungen an Biogasanlagen

Betreiber von Biogasanlagen sind verpflichtet, die besten verfügbaren Techniken anzuwenden und regelmäßige Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten. Insbesondere sind folgende Maßnahmen zu ergreifen:
- Geruchsarme Verfahren verwenden, d.h. Verfahren zur Vergärung und Behandlung der Biomasse soll möglichst geruchsarm gestaltet werden
- Gärreste müssen in geschlossenen Behältern gelagert und abgedeckt werden.
- Die Abluft aus dem Fermentationsprozess und der Gärrestlagerung müssen durch Biofilter oder andere geeignete Abgasbehandlungsanlagen gereinigt werden.
- Anlagen müssen regelmäßig auf Leckagen und Funktionsfähigkeit der Emissionsminderungsmaßnahmen überprüft werden

Wie können betroffene Bürger nachweisen, dass Geruchsbelästigungen vorliegen?

Betroffene Bürger haben mehrere Möglichkeiten, nachzuweisen, dass Geruchsbelästigungen vorliegen. Dabei können sowohl subjektive Methoden (wie persönliche Geruchswahrnehmung und -protokolle) als auch objektive Messverfahren (wie olfaktorische Messungen) zum Einsatz kommen.
Zunächst sollten betroffene Bürger systematisch Geruchsbeschwerden dokumentieren, um die Häufigkeit, Dauer und Intensität der Belästigungen nachzuweisen. Hierbei ist ein Geruchsprotokoll mit folgenden Angaben hilfreich:
- Datum und Uhrzeit des Auftretens der Geruchsbelästigung
- die Geruchsstärke bewerten, d.h. die Intensität des Geruchs auf einer Skala festhalten, z. B. 1 = kaum wahrnehmbar, 6 = sehr stark
- eine genaue Geruchsbeschreibung vornehmen, z. B. faulig, stechend, süßlich
- die vorherrschenden Wetterbedingungen festhalten, z.B. Angaben zu Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Lufttemperatur)

Kontakt mit Behörden aufnehmen

Die zuständige Immissionsschutzbehörde sollte über die Geruchsbelästigung informiert werden. Bürger können sich an die Immissionsschutzbehörden im jeweiligen Landratsamt oder der kreisfreien Stadt wenden und die gesammelten Geruchsprotokolle einreichen. Die Behörde kann dann eine Untersuchung einleiten.

Messungen und Gutachten veranlassen

Bei wiederholten und schwerwiegenden Belästigungen können objektive Messverfahren und Gutachten zur Unterstützung der Nachweisführung eingesetzt werden:
- Olfaktorische Messungen: Diese Messungen werden von spezialisierten Instituten durchgeführt und beinhalten die Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration in der Luft. Es werden Proben genommen und durch geschulte Prüfer mittels dynamischer Olfaktometrie bewertet.
- Geruchsimmissionsmessungen: Hierbei werden über einen längeren Zeitraum Geruchsproben in der Umgebung der Biogasanlage genommen und analysiert, um die Geruchsstunden zu ermitteln.
- Gutachten durch Sachverständige: Sachverständige für Immissionsschutz können umfassende Gutachten erstellen, die neben olfaktorischen Messungen auch meteorologische Daten und Modellierungen der Geruchsausbreitung berücksichtigen.

Als letzter Schritt: privatrechtlich tätig werden

Wenn die Behörde nicht angemessen auf die Beschwerden reagiert oder die Geruchsbelästigungen trotz Maßnahmen fortbestehen, können betroffene Bürger rechtliche Schritte einleiten. Dies kann die Einreichung einer Unterlassungsklage oder eine Klage auf Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben beinhalten. Der privatrechtliche Weg kann mühsam und zeitraubend werden und ist für Einzelpersonen kaum finanzierbar. Der erste Schritt für Betroffene wäre demnach, eine Vernetzung mit anderen Bürgern anzustreben, um gemeinsam juristische Maßnahmen einzuleiten.

Weitere Informationen

www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_18082021_IGI25025005.htm

www.luft.sachsen.de/download/luft/Lohmeyer_GIRL_in_der_TALuft21.pdf

www.lfu.bayern.de/buerger/doc/uw_23_geruchsbelaestigungen.pdf

www.gesetze-bayern.de/Content/Pdf/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-38076





 


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