Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 28.03.2024

 

Stromleitung zu nahe am Haus

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Iris Graustein sucht schon seit Monaten für ihre Familie ein Wohnhaus im Vorstadtbereich. Endlich meldet sich der Makler mit einem finanziell passenden Angebot. Nach Besichtigung der Immobilie steigen bei Iris Zweifel auf. Denn im Abstand von zehn Metern führt eine Stromleitung mit zwei Leiterseilen an Garten und Haus vorbei. Der Energieversorger teilt der Familie mit, dass es sich um eine 20-Kilovolt-Leitung handelt. Im Internet finden sich widersprüchliche Informationen zu Magnetfeldern in der Nähe von Stromleitungen. Auch der angerufene Baubiologe kann keine Ferndiagnose stellen. Einerseits ist bei der 20-kV-Leitung mit einem weit geringeren Stromfluss zu rechnen als bei einer großen 380-kV-Leitung; anderseits befinden sich die Kabel sehr nahe am Wohnhaus. Der Baubiologe rät zu einer Langzeitmessung über 24 Stunden, um Gewissheit über die Höhe der Magnetfeldstärke in der Wohnung zu erhalten.

Die Messkurve zeigt deutliche Schwankungen

Die Ergebniskurve (siehe Foto oben links) zeigt deutliche Schwankungen während der Messdauer an. Um die Mittagszeit und am frühen Abend erreicht die Magnetfeldstärke den Maximalwert. Von 23 Uhr bis morgens um 5 Uhr sinkt der Pegel ab und gelangt um drei Uhr zum Tiefstwert. Die Messkurve zeigt auf, dass nachts keine wesentliche Stromabnahme erfolgt. Von diesem klassischen Verlauf sollte der Immobilienkäufer nicht immer ausgehen. Befindet sich ein großer Industriebetrieb in der Nähe, könnte die Stromabnahme nachts besonders hoch sein. Ein ähnliches Szenario würde sich mit der Energiewende einstellen, wenn viele Haushalte ihr Elektromobil mit günstigem Nachtstrom aufladen.

Der Standard der baubiologischen Messtechnik als Richtschnur

Baubiologen bewerten die magnetischen Wechselfelder von der Stromleitung nach dem baubiologischen Standard (SBM-2015). Die strengen Richtwerte gelten ausdrücklich für Schlafplätze. Gegebenenfalls können weitere Vorgaben hinzugezogen werden. So weist die Weltgesundheitsbehörde (WHO) einen Vorsorgewert von 0,3 Mikrotesla (µT) aus. Für den Büroarbeitsplatz findet die TCO-Norm Anwendung. Sie sieht für den Bildschirm einen Richtwert von 0,2 Mikrotesla im Abstand von 30 Zentimetern vor. Bei Anwendung des SBM-2015 für Schlafplätze gelten 0,02 bis 0,1 Mikrotesla als schwach auffällig und 0,1 bis 0,5 Mikrotesla als stark auffällig.

Praktisch keine Abschirmmöglichkeit von Magnetfeldern neben der Stromleitung

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schreibt auf seiner Webseite: "Wie für jede Art von Strahlung gilt auch für elektrische und magnetische Felder: Grundsätzlich verringern sich die Feldstärken mit der Entfernung von den Feldquellen. Elektrische Felder werden durch übliche Baustoffe für Gebäude und durch das Erdreich gut abgeschirmt. Elektrische Felder von Freileitungen sind deshalb nur im Freien und nur in der Umgebung von Freileitungen relevant. Magnetfelder werden hingegen kaum abgeschwächt und können in Gebäude eindringen. Anders als elektrische Felder sind sie nur mit großem Aufwand abzuschirmen."
Auch das Bundesamt für Strahlenschutz warnt vor dubiosem Abschirmmaterial auf dem Gebiet der Magnetfeldstrahlung: "Sogenannte Abschirmmatten gegen Elektrosmog sind nur sehr eingeschränkt wirksam. Bei den Produkten handelt es sich meist um Matten aus einem leitfähigen Textil, die zum Beispiel mit Hilfe eines Kabels über den Schutzleiter einer Steckdose oder über ein Heizungsrohr geerdet werden können. Niederfrequente Magnetfelder können durch derartige Materialien nicht nennenswert abgeschirmt werden. Die Matten können bestenfalls niederfrequente elektrische Felder reduzieren, wenn die Matte zwischen der betroffenen Person und der Feldquelle liegt."

Messwerte liegen im Grenzbereich

Wenn die Ergebnisse der Langzeitmessung im Grenzbereich des SBM-2015 zwischen schwacher und starker Auffälligkeit liegen, fällt die Entscheidung für den Immobilienkäufer nicht leicht. In der Nacht sinkt die Magnetfeldstärke stetig bis zum Tiefpunkt auf 0,1 Mikrotesla ab. Wie oben erwähnt, könnte eine zukünftige Nachtstromnutzung durch Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen zu höheren Werten führen. Im Zweifelsfall entscheidet sich Iris Graustein für die Gesundheit und hält nach einer anderen Immobilie Ausschau - fernab von Stromleitungen und Trafostationen.

Weitere Informationen

www.baubiologie-regional.de/anbieter_liste.php
www.baubiologie.de/downloads/sbm-15.pdf
www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/wirkung/diskutiert/diskutiert.html
www.bfs.de/SharedDocs/Videos/BfS/DE/emf-stromleitung.html;jsessionid=6FA91F79BEB92F2B12682A2852F96BAD.1_cid374





 


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