Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Rechtzeitig über Schallschutz nachdenken

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An den Lärmschutz denkt der private Bauherr meistens zu Letzt. Sobald jedoch ein Mieter in das Haus einzieht, wird das Problem schnell akut. Vor der Errichtung von Mehrfamilienhäusern oder Doppelhaushälften müssen sich Architekten oder Bauträger bereits im Planungsstadium Gedanken über Lärmschutz machen. Dabei herrscht zwischen Verkäufer und Erwerber nicht immer Einigkeit darüber, welche Qualität im Bauvertrag festgelegt ist. Neben technischen Informationen zum Schallschutz zog sich dieses juristische Thema wie ein roter Faden durch das Schallschutzforum, welches von der Firma Schöck zusammen mit Partnerfirmen Ende November 2017 in Erlangen organisiert wurde.

Verschiedene Lärmquellen im Haus

Schall dringt durch den Umgebungslärm von außen in das Haus ein. Hauptverursacher sind Verkehrslärm oder industrielle Anlagen. Dafür müssen die Fassade und das Dach gute Dämpfungswerte aufweisen. Fenster nehmen eine besondere Rolle ein. Sie erweisen sich oft als Schwachpunkt. Dipl.-Ing. Olaf Rolf von der Rehau AG sagte beim Schallschutzforum: "Selbst bei hochwertigster Ausführung erreichen Fenster eine maximale Dämpfung von 47 Dezibel (dB)". Schallwellen dringen als Luftschall auch durch Zwischendecken oder Wohnungstüren ein. Verursacher sind beispielsweise Partylärm, laute Musik oder Geräusche von sanitären Anlagen. Die dritte Lärmquelle im Haus entsteht durch Trittschall. Als Ursache kommt ein schlecht gedämmtes Treppenhaus oder eine unzureichende Schalldämmung der Zwischendecke in Frage. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung gehen bei der Bewertung von Schallschutz immer von einem durchschnittlichen Wohnverhalten aus. Die technischen Möglichkeiten der Bauteile finden ihre Grenze, wenn ein Nachbar wiederholt extrem laute Geräusche produziert, sei es durch ständiges lautes Musizieren oder permanentes Zuschlagen der Zimmertüren.

Welcher Schallschutz ist laut Vertrag geschuldet

Rechtsanwältin Susanne Locher-Weiß ließ in ihrem Vortrag beim Schallschutzforum erahnen, welch schwierige Angelegenheit der Umgang mit Schallschutzkriterien in der Praxis ist. Es reicht nicht aus, sich auf die DIN-Normen zu verlassen und im Ausschreibungstext zu schreiben: "Geschuldet wird Schallschutz gemäß DIN 4109". Die DIN-Norm deckt nur einen Mindestschallschutz im Sinne des Gesundheitsschutzes ab. Wer sich privatrechtlich einen höheren Wohnkomfort zusichern will, muss einen Schallschutz über die DIN 4109 hinaus vereinbaren. In Gerichtsverfahren sind auch nicht einzelne DIN-Normen ausschlaggebend, sondern die "Anerkannten Regeln der Technik" als Ganzes, führte Frau Locher-Weiß weiter aus. Diese Regeln sind vor Gericht herauszuarbeiten und mit Leben zu erfüllen. Bisher galten als Anhaltspunkte für den verbesserten Schallschutz das Beiblatt 2 zur DIN 4109 und die Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100.

Gewünschte Schallschutzklasse werkvertraglich vereinbaren

In Werkverträgen werden Schallschutzklassen zunehmend vereinbart. Ein wichtiges Hilfsmittel bietet die Einteilung des DEGA-Schallschutzausweises. Die Deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA) mit Sitz in Berlin hat einen Schallschutzausweis entwickelt, der mit seiner farbigen Einteilung dem Energiepass ähnelt. Der höchste Schallschutz erhält die Kennzeichnung A* und die Farbe "dunkelgrün", für die niedrigste Stufe wurde der Buchstabe F und die Farbe "rot" vergeben. Die Klassen des DEGA-Schallschutzausweises stehen im Einklang mit bisherigen Normierungsmaßnahem. So entspricht die Stufe "C" gemäß DEGA der Schallschutzstufe (SSt) II der VDI-4100 und dem Beiblatt 2 der DIN 4109-1989. Für die Stufe "B" und SSt III sieht die DIN 4109 bisher keine Klassifizierung vor.

Hinweispflicht bei zu geringem Schallschutz

Beide Vertragsparteien können bei gegenseitigem Interesse einen niedrigen Schallschutz vereinbaren, wenn dies aus Kostengründen gewünscht wird. Allerdings besteht dann eine Hinweispflicht durch den Unternehmer. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil in 2009 entschieden, dass der Unternehmer den Erwerber ausdrücklich darauf hinweisen muss, wenn der Schallschutz nicht den üblichen Komfortansprüchen genügt und er muss ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Für Rechtsanwältin Locher-Weiß gilt auch ein Werbeprospekt oder eine Zeitungsanzeige als starker Hinweis auf den geschuldeten Schallschutz. Wenn in einer Verkaufsanzeige versprochen wird, anspruchsvolle und komfortable Wohnungen zu erstellen, dann darf der Erwerber einen Schallschutz über die Mindestanforderungen der DIN 4109 hinaus erwarten.

Hersteller von Bauteilen bieten fachliche Beratung an

Die beim Forum auftretenden Firmen setzen sich intensiv mit dem Schallschutz für ihre Produkte auseinander. Die Firma Schöck hat sich beispielsweise auf den Trittschallschutz von Treppen spezialisiert. In einem Video auf der Webseite zeigt sie auf, wie mit einem aufgeklebten Elastomer die Betonfertigteiltreppe vom Auflager und von den angrenzenden Wänden entkoppelt wird. Mit dieser Maßnahme erreicht der Hersteller die Schallschutzstufe III der VDI 4100, entsprechend der DEGA-Klasse B bei Treppen. Unter ausschreiben.de findet der Fachplaner fertige Texte für die einzelnen Bauteile inklusive der bewerteten Normtrittschallpegel nach DIN 7396. Der Mauersteinehersteller Xella verlinkt von seiner Webseite aus auf den Kalksandstein-Schallschutzrechner. Mit etwas Übung lassen sich Schalldämpfungswerte für Außenwände und Decken per Computerprogramm ermitteln. Knauf in Iphofen beschäftigt sich unter anderem mit Akustik-Deckenplatten. Dipl.-Ing. Sebastian Mittnacht zeigte in seinem Vortrag auf, wie durch geeignete Raumgestaltung entweder der Lärmpegel in einer Bibliothek zu senken oder wie die Sprachverständlichkeit in einem Klassenzimmer zu verbessern ist. Die wichtigsten Kenngrößen bei der Raumakustik sind der Schallabsorptionsgrad "Alpha" und die Ermittlung der Nachhallzeit. Als Einstieg in diese Materie bietet Knauf den Raumakustikrechner auf seiner Webseite an. Die fachliche Unterstützung der Hersteller per Literatur, Video oder Software begrenzt sich naturgemäß auf die Produkte des Unternehmens. Wer tiefer in das Thema Schallschutz oder Raumakustik einsteigen möchte, benötigt eine herstellerneutrale Software.

Links

ytong-silka.de/baubuch Schall S. 416-436
dega-schallschutzausweise.de
dgfm.de Merkblatt zur DIN 4109
ausschreiben.de Fertige Ausschreibungstexte bestimmter Hersteller
ift-rosenheim.de Institut für Fenstertechnik
knauf.de Raumakustikrechner
schoeck.de Trittschallportal
baubiologie-regional.de Zimmerlautstärke als Maßstab ...






 


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