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Bayreuth, 25.04.2024

 

Ranking der gefährlichsten Schimmelpilze

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Weltweite Erfassung der WHO -

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erstmals eine Liste von den weltweit am gefährlichsten Schimmelpilzen erstellt. Die wichtigsten Kriterien für das Ranking sind die Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und der ungedeckte Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Vier Pilzgattungen sind in die erste Prioritätsstufe eingereiht worden: Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Candida auris und Cryptococcus neoformans. Zur Bewältigung des weltweiten Problems werden drei Aktionsbereiche vorgeschlagen: a) Stärkung der Laborkapazitäten und Überwachung, b) nachhaltige Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation und c) Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Professor Axel Brakhage, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie in Jena, bemängelt, dass bisher zu wenig Geld in die Erforschung von gefährlichen Pilzarten investiert wurde. Er sieht die Erstellung der WHO-Liste als überfällig an. In einem Interview mit der Pressestelle des Leipniz-Instituts verweist Brakhage darauf, dass laut einer Erhebung des Nature Reviews Microbiology jedes Jahr mehr als 300 Millionen Menschen von schweren Pilzinfektionen betroffen sind und mehr als 1,5 Millionen an diesen Krankheiten sterben.

Was Pilzinfektionen so gefährlich macht

Prof. Brakhage sieht darin mehrere Ursachen. Gesundheitliche Risiken treten in erster Linie bei Patienten auf, die ein geschwächtes Immunsystem haben, so zum Beispiel Krebspatienten oder HIV-Geschädigte. Andererseits bleiben viele Infektionen unentdeckt, und das führt häufig zum Tod der Patienten. Diese Situation wird dadurch verschlimmert, dass es grundsätzlich nur drei Substanzgruppen haben, die gegen Pilzinfektionen wirksam sind: erstens das Antibiotikum Amphotericin B mit erheblichen Nebenwirkungen, zweitens Echinocandine, eine Substanzklasse, die gegen die Zellwand wirkt und drittens Azolderivate, die die Biosynthese von pilzlichen Membranen verhindern oder hemmen. Diese begrenzten Möglichkeiten sind verantwortlich, dass Pilzinfektionen viel häufiger zum Tode von Patienten führen als bakterielle Infektionen. "Bei einigen Patientengruppen verursachen schwere Pilzinfektionen eine Todesrate zwischen 30 und 90 Prozent", schätzt Prof. Axel Brakhage.

Steckbrief der vier kritischsten Pilzarten

Aspergillus fumigatus

Aspergillus fumigatus ist in der Umwelt allgegenwärtig. Die Pilzsporen werden eingeatmet und verursachen bei vorgeschädigten Personen vor allem Lungenerkrankungen, können aber auch das Gehirn und das Nervensystem angreifen. Aspergillose ist ein Begriff, der für ein breites Spektrum von Infektionen verwendet wird. Es reicht von allergischen Reaktionen bis hin zur akuten invasiven Aspergillose, einer lebensbedrohlichen Erkrankung mit sehr hoher Sterblichkeit, insbesondere bei einer Resistenz gegen die Medikamentengruppe der Azole. Die Sterblichkeitsrate bei azolresistenten Aspergillus fumigatus-Infektionen liegt zwischen 47% und 88%). Azolresistente Aspergillus-fumigatus-Infektionen nehmen weiter zu. Es ist kein Impfstoff verfügbar. Eine antimykotische Prophylaxe für Hochrisikogruppen kann die invasive Aspergillos verhindern. Azole sind die Hauptstütze der Behandlung. Andere wirksame Mittel, wie liposomales Amphotericin B, sind in Ländern mit hohem Einkommen leicht verfügbar, in ärmeren Ländern jedoch nur begrenzt. Der weit verbreitete Einsatz von Azolfungiziden in der Landwirtschaft trägt zu den steigenden Raten resistenter Aspergillose beim Menschen bei. Wirksamkeit und Umsetzung potenzieller Präventivmaßnahmen müssen auf der Grundlage globaler Überwachungsstudien und anderer identifizierter Risikofaktoren erforscht werden, insbesondere vor dem Hintergrund neuerer Krebsbehandlungen.

Candida albicans

Candida albicans ist ein weltweit verbreiteter pathogener Hefepilz. Er ist ein häufiges Mitglied der menschlichen Mikrobioms (=Gesamtheit aller Mikroorganismen im Körper) und verursacht unter gesunden Bedingungen keine Schäden. Dennoch, kann sich der Hefepilz in den Schleimhäuten vermehren oder in andere Gewebe eindringen und Krankheiten verursachen. Schwerwiegender ist, dass C. albicans invasive Infektionen verursachen kann. Besonders betroffen sind schwerkranke und immungeschwächte Patienten. Die Gesamtsterblichkeit der invasiven Candidose liegt zwischen 20 % und 50 %, obwohl es eine aktive antimykotischen Behandlung gibt. Eine invasive Candidose durch C. albicans lässt sich kaum verhindern. Es ist kein Impfstoff verfügbar. Vorbeugung von Kolonisation und Überwachung sind der Schlüssel zur Kontrolle von Patienten mit einem Risiko für Candida-Infektionen. Die Behandlung der invasiven Candidose erfolgt in der Regel mit Echinocandinen, gefolgt von einer Herabsetzung auf Azole, wenn dies als angemessen erscheint. Obwohl Echinocandine 2021 in die EML (Essential Medicines List) aufgenommen wurden, sind sie in vielen Ländern immer noch nicht verfügbar.

Candida auris

Candida auris ist ein weltweit verbreiteter pathogener Hefepilz, der eine invasive Candidose des Blutes (Candidämie), des Herzens, des zentralen Nervensystems, der Augen, der Knochen und der inneren Organe verursachen kann. Invasive Candidose ist eine schwerwiegende Infektion, die vor allem schwerkranke und immungeschwächte Patienten betrifft. Weitere Risikofaktoren sind Niereninsuffizienz, ein Krankenhausaufenthalt von mehr als 10-15 Tagen, mechanische Beatmung, zentraler Venenkatheter, totale intravenöse Ernährung und Blutvergiftung. Die frühere Anwendung von Antimykotika, insbesondere von Triazolen, ist ebenfalls mit einem mit einem erhöhten Risiko für C. auris verbunden.
Die Trends der letzten zehn Jahre zeigen eine Zunahme von C. auris aufgrund von Ausbrüchen in vielen Ländern, besonders während der COVID-19-Pandemie. Die Verhinderung einer invasiven Candidose durch C. auris ist eher gering vorhanden. Es gibt noch keinen Impfstoff. Invasive Candidiasis wird in der Regel mit Echinocandinen behandelt, obwohl auch andere Antimykotika wie Azole verwendet werden können. Globale Überwachungsstudien könnten bessere Informationen über die jährlichen Inzidenzraten, die Verteilung und die Trends in anderen Ländern und Regionen.

Cryptococcus neoformans

Cryptococcus neoformans ist ein Hefepilz, der im Boden oder in verrottendem Holz lebt. Mit dem Einatmen von Pilzzellen aus der Umwelt kann C. neoformans Menschen infizieren. Die Kryptokokkose befällt zunächst die Lunge, kann sich aber auch auf das zentrale Nervensystem (Kryptokokkenmeningitis) und Blut (Kryptokokkämie) ausbreiten. Die Infektion verläuft primär meist ohne Krankheitserscheinungen. Eine Erkrankung infolge einer akuten Infektion oder Aktivierung einer latenten Infektion kommt beim Menschen vor allem bei Immunschwäche vor, zum Beispiel bei AIDS oder nach Knochenmarktransplantation, aber auch bei Autoimmunerkrankungen.
Die Candida-neoformans-Kryptokokkose ist eine sehr schwere Erkrankung mit einer Sterblichkeitsrate von 41 % bis 61 %, insbesondere bei Patienten mit HIV-Infektion. Die Dauer des Krankenhausaufenthalts lag im Median zwischen 18 und 39 Tagen, wobei vor allem HIV-positive Patienten betroffen waren. Zu den Komplikationen, die durch die C. neoformans-Infektion und ihre Behandlung verursacht wurden, gehörten akute Nierenfunktionsstörungen und erhöhter Druck im Kopfinneren. Der Zugang zur Diagnostik könnte weltweit rasch ausgeweitet werden, wenn ein wirksameres, schnelleres, billigeres und einfacher durchzuführendes labormedizinisches Verfahren zur Verfügung stünde. Eine erkannte Kryptokokkose kann mit Fluconazol behandelt werden, während schwere und verbreitete Fälle mit Amphotericin B in Kombination mit Flucytosin und anschließendem Übergang zu Fluconazol behandelt werden.

Tödliche Pilzinfektionen mit einem Medikament aus der Krebstherapie bekämpfen

Schimmelpilze der Gattung Aspergillus fumigatus können sich vor der menschlichen Immunabwehr schützen, weil sie einen Biofilm um sich herum bilden. Dieser wirkt wie eine Art Klebstoff und ermöglicht es Aspergillus, sich im menschlichen Gewebe festzusetzen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat einen Weg gefunden, die Bildung eines solchen Aspergillus-Biofilms zu verhindern. Mit Hilfe eines Zuckermoleküls, das der Pilz selbst herstellt und dann nach außen in seine unmittelbare Umgebung transportiert, kann sich der Pilz an das Körpergewebe klammern. Das Medikament Imatinib wird in der Chemotherapie eingesetzt. In Zellkulturen konnte Imatimib den Aspergillus-Biofilm deutlich verringern. Auch Untersuchungen an Larven des Schmetterlings Galleria mellonella bestätigten die Wirkung. Nun müsste das Forscherteam um Professorin Dr. Françoise Routier noch erreichen, dass das Chemotherapeutikum nicht als Zellgift wirkt, dann stünde dem Einsatz als wirksames Antimykotika nichts mehr entgegen.

Nanopartikel an Schimmelsporen täuschen das Immunsystem

Nicht nur der eigene Biofilm des Aspergillus fumigatus macht dem Immunsystem das Leben schwer. Auch spontan anhaftende Nanopartikel aus der Umwelt verändern die Oberfläche des Schimmelpilzes. Diese Abläufe waren der Fachwelt bisher nicht bekannt. Die Nanopartikel können aus natürlichen Quellen stammen, wie etwa aus Verbrennungsprozessen und aus dem Feinstaub von Verkehrsabgasen und Bauarbeiten oder aus synthetisch hergestellten Teilchen wie Titandioxidteilchen als UV-Schutz oder Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Wenn die menschlichen Abwehrzellen nicht mehr in der Lage sind, die bekannten Oberflächenstrukturen der Pilzsporen effektiv zu erkennen, können vermehrt Entzündungsreaktionen auftreten oder im schlimmsten Fall breiten sich die Schimmelsporen in der Lunge aus. Jedoch spielt die Größe der Nanopartikel eine Rolle. Denn werden die Teilchen zu groß, findet zwischen Partikel und Pilz keine Interaktion mehr statt.

Weiterführende Informationen

WHO fungal priority pathogens list

In die Forschung zu lebensbedrohlichen Pilzinfektionen...

Mehr Infos zu Azolresistenzen

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