Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Radonkonzentration im Boden messen

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Einen spannenden Nachmittag erlebten 18 Baubiologen beim Praxisseminar der Firma Sarad in Dresden. Im Außenbereich des Firmengeländes demonstrierte Christian Bartzsch die Messung von Radongas aus der Bodenluft. Einige Teilnehmer zückten ihre Kameras und hielten jeden Arbeitsschritt im Bild fest. Verständlich, denn wer die Radonkonzentration im Boden messen will, sollte gut ausgebildet sein. Ein falsches Gutachten in diesem Bereich der Messtechnik könnte für alle Beteiligten teuer werden. Am Vormittag bereits hatte Pamela Jentner vom Verband Baubiologie die Seminarteilnehmer mit theoretischen Grundlagen und der aktuellen Rechtslage zum Thema Radon versorgt. Christian Bartzsch stellte im Anschluss an Jentner's Vortrag geeignete Messgeräte zur Bestimmung der Radonkonzentration vor und verriet den Baubiologen, wie Messfehler zu vermeiden sind. Für Datenexport, Analyse und Berichterstellung liefert Sarad mittlerweile eine einheitliche Software für alle Gerätegruppen.

Auswahlkriterien für Radon-Messgeräte

Die Preisspanne reicht bei Sarad von 299 Euro für den RadonScout Home bis zu 4.880 Euro für das Profimessgerät RTM 1688. Preislich dazwischen liegt der Doseman für 1.250 Euro Anschaffungskosten.
Radongas messen dem DosemanDieses handliche Gerät (Foto links) stellte Radonexperte Thomas Haumann bereits vor zwölf Jahren in einem Praxisseminar in Dresden vor. Somit hat der Doseman schon bei zahlreichen Baubiologen seinen Dienst getan. Anfang 2017 kam der RadonScout Home als Alternative dazu. Aber bereits der niedrige Preis dient als Hinweis für die limitierten Einsatzmöglichkeiten. Für den "Home" sollte eine Mindestmessdauer von 14 Tagen kalkuliert werden. Kurzzeitmessungen sind nicht möglich. Der Engpass liegt in der sehr kleinen Messkammer für die Aufnahme der Luft und in der geringen Sensitivität. Als wichtige Kenngröße für die Sensitivität gelten die verarbeiteten Impulse (=Counts) pro Minute. Hier liegt der "Home" mit 0,09 Impulsen pro Minute sehr niedrig. Der Doseman schafft 0,18 Counts, der Radon Scout 1,8 Counts und das Profigerät RTM 1688 bis zu sieben Counts je Minute. Die oben genannte Limitierung erklärt, warum der "Home" für das erste Messergebnis mindestens vier Stunden benötigt. Der Doseman liefert das erste Resultat nach einer Stunde. Für die Bewertung der Innenraumluft sollte die Messdauer mit dem Doseman vier bis fünf Tage betragen. Solange hält auch der Akkuleistung des handlichen Messgeräts. Verwertbare Kurzzeitmessungen, wie sie bei der Analyse der Bodenluft benötigt werden, lassen sich für eine wirtschaftliche Auftragsbearbeitung nur mit dem RTM 1688 durchführen.

Die Tücken der Bodenluftmessung

Pamela Jentner aus Freising hat schon einige Erfahrungen mit störrischen Böden gesammelt. "Manchmal kommst du schon nach dreißig Zentimetern nicht weiter die Tiefe, weil ein Stein den Weg versperrt", warnt sie die Kollegen. "Dann musst du dir eben andere Messpunkte suchen". Christian Bartzsch hatte dieses Problem am Seminartag nicht. Seine Messstange ließ sich einen Meter weit in die Tiefe treiben. Vorsorglich hatte er diesen Arbeitsschritt schon am Tag vor dem Seminar erledigt. An Hand einer weiteren Stange zeigt er ein wichtiges Detail: die Messspitze aus Metall verhindert das Eindringen von Erdreich in den Hohlraum. Dann führt er eine zweite, dünnere Stange in den Hohlraum der Bodensonde ein und klopft damit die Spitze ein Stück weit aus dem Rohr heraus in den Boden. Nach diesem Schritt ist der Zugang zur Sonde offen. "Die Spitze ist aber verloren, wenn die Sonde im Boden versenkt ist", sagt Jentner, "deshalb ärgere ich mich über jede fehlgeschlagene Bohrung".
Christian Bartzsch schließt mit einem Luftschlauch das Messgerät RTM 1688 an die Sonde an. Ein Abzweig an dem Rohradapter führt einen dickeren Schlauch zu einem kleinen Kunststoffbehälter. "Eine Vorsichtsmaßnahme", erklärt der Referent. "Falls Wasser in die Sonde eindringt, verhindert dieses Schutzsystem eine Zerstörung der Geräteelektronik". Nun startet der Sarad-Mitarbeiter die Messung. Nach gut zwanzig Minuten Messdauer zeigt das Display einen konstanten Wert von 28.000 Becquerel je Kubikmeter (Bq/m³) an. Nun muss der Messwert noch auf dem Grundstücksplan dokumentiert werden. "Die geologischen Karten des Landesamts für Bodenkunde sind bei einer Echtmessung eine große Hilfe", ergänzt ein Seminarteilnehmer. "Damit lässt sich die Bodenbeschaffenheit im Vorfeld grob einschätzen". Zurück im Seminarraum kommt dann der Preisschock für die Baubiologen, denn der Preis für die gesamte Zusatzausrüstung zur Bodenmessung summiert sich auf ca. 1.000 Euro. Zusammen mit den Kosten für das Profimessgerät fallen somit grob 6.000 Euro an.

Der Sachverständige Dr. Kemski sieht das oben genannte Messverfahren kritisch

Radongas messenmit der PackersondeJoachim Kemski aus Bonn ist einer der Vordenker in der Radonmesstechnik. Mit seinem Team hat er die DIN ISO 11665-11 entwickelt, welche gegenwärtig als Entwurf 2013 vorliegt. Diese Norm soll die Probenahme und Messung der Radioaktivitätskonzentration in der Bodenluft standardisieren. Kemski verwendet bei seinen Untersuchungen die sogenannte Packersonde (siehe Foto links). Rund 20 Zentimeter vor dem Ende der Sonde bläst man wie bei einem Fahrradschlauch ein Luftpolster auf, mit dem das Nachströmen der Atmosphärenluft in Richtung der Luftentnahmestelle im Boden verhindert wird. Vor dem Einsatz der Packersonde muss eine Rammkernsondierung erfolgen. Mit einem geeigneten Erdbohrer wird das Loch vorgebohrt und das verdrängte Erdreich nach oben befördert. Kemski sieht in der Methode einen großen Vorteil: die Bodenbeschaffenheit lässt sich bis zur Messtiefe von einem Meter sicher einschätzen.
Der Radonsachverständige hält das direkte Einschlagen der Sonde in das Erdreich für eine ungeeignete Methode. In seiner Anleitung zur Messung der Bodenluft im Rahmen einer regionalen Messkampagne führt er sinngemäß aus: "Erstens bekommt man keine Informationen über die Bodenbeschaffenheit und zweitens besteht bei sandigen bzw. nicht-bindigen Böden die Gefahr einer Kontamination der Bodenluftprobe durch Atmosphärenluft." Weiterhin empfiehlt er, vor der eigentlichen Messung mindestens zehn Liter Bodenluft durch die Bodensonde zu leiten, da beim Niederbringen und Ziehen des Bohrgestänges kurzfristig Atmosphärenluft eingeströmt sein kann. Einen generellen Hinweis gibt Joachim Kemski hinsichtlich der Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Messung: Bei Bodenfrost oder starker Bodendurchfeuchtung sollte keine Messung erfolgen. Günstig sind die Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst bei durchschnittlicher Bodendurchfeuchtung.
Unklar bleibt in Kemski's Ausführungen, wie hoch die Messunsicherheit beim direkten Einbringen der Bodensonde in das Erdreich ist, im Vergleich zur Messung mit der Packersonde.

Bodenluftwerte als Kriterium für die Einstufung von Radonvorsorgegebieten

Joachim Kemski schätzt den Medianwert der Radonkonzentration in Deutschland auf 35.000 Bq/m³. Jeweils 30% der Messergebnisse liegen unter 20.000 Bq/m³, 20.000 bis 40.000 Bq/m³ und 40.000 bis 80.000 Bq/m³. Rund 10% aller Messergebnisse in Deutschland übertreffen den Wert von 80.000 Bq/m³. Auf Basis dieser Größenordnungen stuft das Bundesamt für Strahlenschutz Radonvorsorgegebiete ein. Bei Gebieten kleiner 20.000 Bq/m³ in der Bodenluft sind keine Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Liegt ein geplantes Bauvorhaben im Radonvorsorgegebiet I (20-40 T- Bq/m³) empfiehlt das BfS folgende Maßnahmen: Abdichten der Bodenplatte mit radondichtem Material. Abdichten von Durchdringungen der Bodenplatte und der erdberührten Wände durch radondichtes Material. Für Zu- und Ableitungen sind spezielle Rohrdurchführungssysteme am Markt zu finden. Der Hersteller muss jeweils die Dichtigkeit seiner Produkte mit einem Prüfverfahren nachweisen.
Bei Grundstücken im Radonvorsorgegebiet II (40-100 T-Bq/m³) gelten noch zusätzliche Anforderungen: unter der Bodenplatte und an Wände im erdberührten Bereich sollte eine radondichte Folie angebracht werden; erdberührte Außenwände sind mit nicht-bindigem Material zu hinterfüllen. Alternativ zur Folienabdichtung lässt sich eine Abdichtung durch Verwendung von wasserundurchlässigem Beton in der Ausführung als "weiße Wanne" herstellen.

Gesetzliche Regelungen mit langem Vorlauf

Bis Ende 2020 müssen die Bundesländer gemäß Strahlenschutzgesetz ermitteln, in welchen Gebieten in vielen Gebäuden eine hohe Radon-Konzentration zu erwarten ist. In den Risikogebieten gelten dann unterschiedliche Regelungen für die verschiedenen Gebäudetypen:
(1) Für private, bereits bestehende Wohngebäude können Eigentümer und Bewohner freiwillig Maßnahmen ergreifen, um die Radon-Konzentration im Gebäude zu senken.
(2) Für private Neubauten besteht für Bauherren die Pflicht, durch bauliche Maßnahmen weitgehend zu verhindern, dass Radon in das Gebäude eindringen kann.
(3) Beträgt die Konzentration von Radon an Arbeitsplätzen mehr als 300 Becquerel pro Kubikmeter, müssen Maßnahmen eingeleitet werden, um die Radon-Konzentration im Gebäude zu senken.

Detaillierte Prognose des Radonpotentials im Geoportal des BfS

Im Geoportal des BfS finden Gebäudeplaner oder Projektentwickler konkrete Messwerte für Radon-222 in der Bodenluft. Der User wählt die Rubrik "Radon" aus und anschließend den Unterpunkt Radon-222. Oben rechts im Bildausschnitt befindet sich die "Zoom-Funktion". Kartenausschnitte bis zur Ebene von Ortschaften lassen sich vergrößern und daraus die Messwerte ablesen.
Die Grundidee des Bundesamts für Strahlenschutz liegt in der Unterstützung von Bund und Ländern. Denn die Einschätzung des Radonpotentials bis Ende 2020 stellt für alle Beteiligten eine Mammutaufgabe dar. Das BfS hat deshalb eine Methode entwickelt, mit der das Radonpotenzial für ganz Deutschland abgeschätzt werden kann. Von 1995 bis 2001 wurden an 3.700 Messpunkten in Deutschland die Radonkonzentration im Boden und seine Gasdurchlässigkeit ermittelt. Durch eine Kombination der beiden Werte lässt sich das Radonpotenzial auch für die Gebiete abschätzen, die zwischen den Messpunkten liegen. Mit Hilfe von mathematischen Simulationen entstand eine Landkarte, in der das Radonpotenzial aller Regionen farblich gekennzeichnet ist. Die Methode basiert auf Vorgehensweisen, die in ähnlicher Form bei der Rohstofferkundung angewendet werden. Dort wird auf Grundlage von wenigen Probebohrungen auf mögliche Lagerstellen geschlossen.

Links

Geoportal des BfS
bgbl.de Strahlenschutzgesetz Kapitel 2 Schutz vor Radongas
bfs.de Bundesamt für Strahlenschutz Umwelt / Radon
bfs.de Bundesamt für Strahlenschutz Umwelt / Radon / Gesetze
lfu.bayern.de Radon Messung und Bewertung
bad-kreuznach.de Beispiel Radongutachten Dr. Kemski 2015
alzey-land.de Radon-Gutachten GeoConsult Rein
sarad.de Sarad GmbH Dresden






 


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