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Bayreuth, 18.04.2024

 

Quecksilber: Wenn die Leuchtstofflampe zerbricht

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Quecksilber ist unerwartet wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geraten. Gedankt sei dies der europaweiten Einführung von "Energiesparlampen". Wenige wissen aber, dass auch in vielen anderen Produkten des Alltags das Schwermetall enthalten ist, z.B. in Flachbildschirmen, Zeitschaltuhren, Faxgeräten, älteren Boilern, Backöfen und Gefriergeräten. In Knopfbatterien dürfen noch zwei Gewichtsprozente Quecksilber enthalten sein, ansonsten ist die Verwendung in Batterien seit dem Jahre 2001 nicht mehr zulässig.

Was macht Quecksilber so gefährlich?

Die chemische Bezeichnung für Quecksilber lautet "Hg". Es ist das einzige Metall, welches bei Zimmertemperatur in flüssiger Form vorkommt. Quecksilberdämpfe wirken stark toxisch. Sie werden in der Lunge resorbiert, gelangen in den Blutkreislauf und überwinden die Blut-Hirnschranke. Eine akute Vergiftung kann folgende Symptome hervorrufen: Atemnot, Bronchitis, Fieber und Kopfschmerzen. Chronische Krankheiten infolge einer Langzeitaufnahme sind Enzephalopathien (Gehirnerkrankung), Tremor (Zittern) und das nephrotische Syndrom (Nierenschädigend). Die Langzeitaufnahme kann berufsbedingt oder über die Nahrungsaufnahme, z.B. in Form von Speisefisch erfolgen. Besonders tragisch wird es, wenn Quecksilber durch Industrieabwässer in Flüsse und Meere und damit in die Nahrungskette gelangt. Die Hg-Aufnahme durch Abrieb von Amalganfüllungen wird ebenfalls seit Jahren diskutiert.

Was sind die hauptsächlichen Emittenten?

Neben natürlichen Quellen durch Vulkanismus oder Verwitterung gelangt Quecksilber vorallem durch die Verbrennung von Kohleprodukten in die Umgebungsluft. Die Chlor-Alkali-Industrie verwendet Quecksilber in großen Mengen zur Herstellung von Chlor und Natronlauge. Hoher Bedarf besteht global betrachtet auch bei der Gold- und Silbergewinnung. Da die Gefährlichkeit von Hg im industriellen Bereich inzwischen erkannt wurde, soll es durch alternative Stoffe ersetzt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es mehr als fragwürdig, warum die Leuchtstoffindustrie bei einem aktuellen Produkt wie den "Energiesparlampen" wieder auf Quecksilber setzt.

Welche Funktion hat Quecksilber in Kompaktleuchtstofflampen?

Kompaktleuchtstofflampen sind bekannt als lange Röhrenleuchten an Decken in Büros und in Fabrikhallen. Erst durch die Erfindung von kleinen elektronischen Vorschaltgeräten und verkleinerten Rohrdurchmessern konnten die ursprünglich voluminösen Teile in die Größe und Form einer konventionellen Glühlampe gebracht werden. Das Glasrohr der "Energiesparlampe" ist innen mit einem fluoreszierenden Leuchtstoff beschichtet, welcher die farbliche Zusammensetzung des Lichtes bestimmt. Als Gasfüllung dient Argon und Quecksilber. Nach dem Einschalten erwärmt sich der Innenraum durch den Stromfluss im Argon und lässt Quecksilber verdampfen. Dieser Dampf wird durch Anlegen von Strom ionisiert und elektrisch leitfähig gemacht. Die erzeugte ultraviolette Strahlung wird durch die Leuchtstoffbeschichtung in sichtbares Licht umgewandelt. Der Hg-Gehalt in "Energiesparlampen" beträgt je nach Qualität der Lampen 3 bis 7 mg.

Maßnahmen bei Quecksilberaustritt in die Raumluft

In Kenntnis um die Gefährlichkeit von Quecksilber sollte mit Kompaktleuchtstofflampen vorsorglich umgegangen werden. Dennoch ist ein Bruch durch Unachtsamkeit nicht auszuschließen. Aus Vorsorgegründen sollten sämtliche Türen geschlossen, die Fenster zur Querlüftung geöffnet und der Raum mindestens 15 Minuten nicht betreten werden. Panik ist nicht angebracht. Der Chemiker und Innenraumsachverständige Dr. Martin Kretschmann aus Berlin hat ermittelt, dass in einem Raum mit den Maßen von 4*4*3 Metern (50 m3) gerade der Arbeitsplatzgrenzwert von 0,1 mg/m3 erreicht würde. Der Vorsorgerichtwert I des Umweltbundesamtes für den häuslichen Bereich bei Dauerexposition liegt allerdings nur bei 0,035 µg/m3. Austretendes Quecksilber wird besonders gut von Kunststoffen wie PVC-Böden absorbiert. Aber auch in Teppichböden, Holz oder Farbanstrichen kann es gebunden werden. Auf keinen Fall darf zur Aufnahme des ausgetretenen Materials ein Staubsauger verwendet werden. Die Bruchstelle sollte mit einem kleinen feuchten Lappen gereinigt werden, die Bruchstücke sind mit Pappe auf Papier zu kehren und dann in einem Schraubeglas zusammen mit dem Lappen zu verschließen. Handschuhe und Mundschutz sind zu empfehlen. Vor Abgabe bei einer kommunalen Entsorgungsstelle empfiehlt es sich, das Glas zu beschriften und damit auf den problembehafteten Inhalt hinzuweisen.

Raumluftmessung auf Quecksilberpartikel vorsorglich durchführen

Wie oben erwähnt, ist das Risiko einer bleibenden Kontamination der Raumluft durch verunreinigte Wohnungsgegenstände erfahrungsgemäß gering, wenn eine Lampe zu Bruch geht. Die Gründe für eine vorsorgliche Raumluftmessung insbesondere im Schlaf- oder Kinderzimmer sind dennoch nicht von der Hand zu weisen. Letztlich kann man mit dem bloßen Auge nicht absehen, wie kontaminiert ein bestimmtes Bauteil ist und was davon in die Raumluft abgegeben wird. Als Messverfahren steht die Fluoreszenzspektroskopie zur Verfügung. Die Probennahme erfolgt mit einem Gold bedampftem Trägermaterial. Das Luftvolumen variert zwischen 0,25 L und 10 Litern, die Probenahmezeit von einer bis zwanzig Minuten. Aufgrund der Flüchtigkeit und Mobilität des Elements sind mindestens zwei, besser noch drei Probennahmeläufe durchzuführen. Dazwischen ist intensiv zu lüften und anschließend das Fenster mindestens eine Stunde geschlossen zu halten.

Emailadresse von Dr. Martin Kretschmann, Spezialist für Quecksilberanalytik: dr.martinkretschmann@yahoo.de

Weiterführende Links:
Warum ist Quecksilber bei Raumtemperatur flüssig?

Bildquelle: © illuminator - Fotolia.com

Weitere Informationen

www.youtube.com/watch





 


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