Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 29.03.2024

 

PCB sorgt immer noch für Unruhe

Share on Facebook Share on Twitter
Mitte Juni berichteten Presse und Fernsehen von einer Anfrage der Linken hinsichtlich eines Sanierungskonzeptes von öffentlichen Gebäuden im Saarland. Die Landesregierung gestand ein, dass nicht alle dieser Gebäude systematisch auf eine PCB-Belastung untersucht worden seien. "Der aktuelle Bestand steht nicht unter generellem PCB-Verdacht", sagt die Landesregierung und ergänzt, dass es für PCB keine grundsätzliche Erkundungspflicht gebe. "Falls jedoch in Kitas Umbaumaßnahmen vorgesehen sind, werden in betroffenen Räumen vorsorglich Sanierungsmaßnahmen an den belasteten Fugen durchgeführt". Jochen Flackus, der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, fordert von Landesregierung ein Konzept zur Sanierung PCB-belasteter Gebäude. Flackus verweist darauf, dass bundesweit bis in die achtziger Jahre hinein rund 20.000 Tonnen PCB als Fugendichtungsmassen in Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden verbaut worden seien.

Wie eine Chemikalie mit guten technischen Eigenschaften zum Risiko für Mensch und Umwelt wurde

Es handelt sich hierbei um eine synthetische Chemikalie, die hauptsächlich in Form einer leicht gelblichen, intensiv riechenden, öligen Flüssigkeit in technischen Anwendungen auftritt. Die Chemikalie weist ausgezeichnete funktionale Eigenschaften auf. So wurde PCB wegen seiner schweren Brennbarkeit und guten Isolierfähigkeit in Kondensatoren und Transformatoren eingesetzt. Weitere Einsatzgebiete sind dauerelastische Fugen in Mauerwerk aus Beton, Hydrauliköle, Schmier- und Flammschutzmittel. PCB besitzt neben seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften auch eine hohe biologische Stabilität, weshalb immer noch erhebliche Umweltbelastungen bei unsachgemäßer Entsorgung auftreten können. Auf Grund seiner hohen Fettlöslichkeit wird PCB in der Nahrungskette angereichert. Eine Studie verweist darauf, dass der Fischotter in der Schweiz vermutlich wegen Unfruchtbarkeit aufgrund von PCB-Aufnahme ausgestorben ist.
Im Falle eines Brandes oder einer Explosion werden aus PCB hochgiftige Furane und Dioxine gebildet und freigesetzt, die unter dem Begriff "Sevesogift" Schlagzeilen machten. Neben Brände oder Explosionen können Leckagen oder Überhitzungen von elektrischen Geräten für den Austritt von PCB-Öl sorgen und auf diese Weise ganze Gebäude kontaminieren. Aufgrund der genannten Risikofaktoren wurde PCB in Deutschland 1989 verboten.

Gesundheitliche Auswirkungen von PCB

Zur Gruppe der polychlorierten Biphenyle zählen 209 systematisch nummerierte Einzelsubstanzen. Die sogenannten nieder chlorierten PCB, welche in der Hauptsache über die Raumluft aufgenommen werden, baut der Körper viel schneller ab als die höher chlorierten PCB, die vor allem über die Nahrung in den Organismus gelangen. Die vom Körper aufgenommenen PCB werden zu einem großen Teil in der Leber verstoffwechselt und anschließend über den Urin sowie zu einem kleinen Teil über die Gallenflüssigkeit und den Stuhl ausgeschieden. Je mehr Chloratome eine PCB-Substanz besitzt, umso fettlöslicher ist sie. Deshalb reichern sich die höherchlorierten Substanzen, zum Teil im Fettgewebe der Leber und im Fett des zentralen Nervensystems an. Bei Aufnahme hoher Dosen in den Organismus wurden akne-ähnliche Veränderungen der Haut, Leberfunktionsstörungen sowie entzündliche Wirkungen auf das Atemwegs- und Nervensystem beobachtet. In tierexperimentellen Studien wurde nachgewiesen, dass bestimmte Stoffgruppen das Wachstum von Tumoren fördern können, also tumorpromovierende Wirkung haben. Beim Menschen wurden krebserzeugende oder tumorpromovierende Wirkungen bisher nicht nachgewiesen. Der Mensch nimmt PCB in der Regel zu 90 % über die Nahrung auf. Die Aufnahme über Atemwege und Haut ist insgesamt als gering einzuschätzen.

320 Leuchtstoffröhren wurden bei der Schulsanierung ausgetauscht

Wie die Webseite come-on.de berichtete, hatte die Gesamtschule in Kierspe, im westlichen Sauerland gelegen, im Jahr 2014 ein massives PCP-Problem. In 26 Klassenräumen und 13 Lehrerstützpunkten waren die Schadstoffbelastungen festgestellt worden. Die Laborwerte lagen zwar unter dem Richtwert II von 3000 Nanogramm pro Kubikmeter (ng/m³) Raumluft, der eine sofortige Schließung der Räume erforderlich gemacht hätte, aber teilweise deutlich über dem Richtwert I (Vorsorgewert) von 300 ng/m³. Als Ursache für die Schadstoffbelastung wurden die Kondensatoren in den Leuchtstoffröhren ausgemacht und zusätzlich in zwei Räumen die Dichtfugen der Betonwände. Die Stadt als Schulträger und die Schulleitung entschlossen sich zur Sanierung der Räume. Immerhin mussten 320 Leuchtstoffröhren durch LED-Lampen ersetzt werden. Die Dehnungsfugen wurden ebenfalls ausgetauscht. Aber damit war das Problem noch nicht ausgestanden. Nach einer Kontrollmessung in den sanierten Räumen zeigten die Laborergebnisse immer noch Werte im Bereich von Richtwert I an. Was war der Grund?

Die Sekundärkontamination wurde übersehen

Das Sachverständigenbüro und Mitarbeiter der Bauverwaltung begaben sich wieder auf Spurensuche. Sie fanden heraus, dass das Öl in den Kondensatoren der Leuchtstoffröhren die offenporigen Deckenplatten und den Korkboden in einigen Räumen mit PCB verseucht hatte. Von einer Sekundärkontamination spricht man, wenn Baumaterialen dem Giftstoff länger ausgesetzt waren und nun selbst Schadstoffe in die Raumluft abgeben. Nachdem zwei Räume probesaniert wurden, ergab die Messung akzeptable Laborwerte. Die Bauverwaltung gab grünes Licht für die Sanierung der restlichen Schulräume. In Summe musste die Stadtverwaltung für die gesamte PCB-Sanierung 400.000 Euro aufbringen.

Probenahme und Analytik von PCB

Wie oben ausgeführt, zählen 209 systematisch nummerierte Einzelsubstanzen zur Gesamtheit der polychlorierten Biphenyle. Da die Messung aller Substanzen zu aufwändig wäre, werden sechs Einzelsubstanzen als Indikatoren bestimmt. Die Kongenere mit den Ziffern 28, 52 und 101 zählen zu den niederchlorierten, leicht flüchtigen Stoffen, die besonders in der Raumluft vorzufinden sind. Die Kongenere mit den Nummern 138, 153 und 180 gehören zu den höher chlorierten, schwer flüchtigen Anteilen, die vorrangig über die Nahrung aufgenommen werden. Um alle PCB-Anteile sicher zu ermitteln, empfiehlt es sich, neben der Raumluftmessung auch den Hausstaub auf alle oben aufgezeigten sechs Kongenere zu analysieren. Für die Probenahme der Raumluft bietet Analytik Aurachtal den sogenannten "großen" Filter an, mit dem 2.000 Liter Luft bei einer Flussrate von 30 Litern je Minute aufgenommen werden. Die Probenahmezeit verkürzt sich mit dieser Methode auf wenig mehr als eine Stunde. Für die Analytik des Hausstaubs werden mindestens 0,5 Gramm Staub benötigt, der mindestens zehn Tage alt sein als sollte.

Links

www.nuernberg.de/internet/gesundheitsamt/pcb_belastung.html
come-on.de/volmetal/kierspe/pcb-belastung-gesamtschule-kierspe-beseitigt-8049689.html
www.badische-zeitung.de/freiburg/ph-studierende-demonstrieren-gegen-pcb-belastung--
BG-Bau-Medien / PCB-Richtlinie
Bafu.ch / PCB / Elektroanlagen
Chemsuisse / Fachliches / PCB






 


Teilen auf Social Media