Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Landwirtschaft, Innenraumluft und Klimaschutz auf der Tagesordnung

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Das Umweltbundesamt (UBA) verfügt mit über 1.500 Mitarbeitern und einem Personalbudget von rund 81 Millionen Euro über ein starkes Team. Wer Fragen zur Umwelt recherchiert, sollte auf jeden Fall auf der Webseite der Dessauer Bundesbehörde vorbeischauen. Die aktuelle Broschüre des Umweltbundesamtes "Schwerpunkte 2017" rückt die Themen Landwirtschaft, Innenraumluft und Klimaschutz in das Blickfeld des Lesers. Diese Inhalte bietet die Behörde als gedruckte Broschüre und als pdf-download kostenlos an. Der folgende Text stellt die Schwerpunkte 2017 in Ausschnitten vor.

Die Förderung der ökologischen Landwirtschaft steht auf der Agenda weit oben

Im Jahr 2002 gab die Bundesregierung das Ziel aus, den Anteil der biologisch bewirtschafteten Flächen auf 20% zu erhöhen. Die Bestandaufnahme im Jahr 2015 zeigt hingegen einen stagnierenden Anteil des Ökolandbaus von rund 6%. Das Umweltbundesamt sieht für diese negative Entwicklung einen wesentlichen Grund in den fehlgesteuerten Subventionen der europäischen Union. Der Großteil der Gelder wird nach Flächenanteil vergeben. Die ökologische Steuerungswirkung der Direktzahlungen ist minimal. Immerhin werden aktuell ein Drittel des gesamten EU-Haushalts für die Landwirtschaft ausgegeben; vor 1980 lag der Anteil sogar bei zwei Dritteln. Die nächste Reform der "Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)" steht im Jahr 2020 an. Aus UBA-Sicht sollten landwirtschaftliche Betriebe nur noch dann öffentliche Gelder erhalten, wenn diese "konkrete Umwelt- und Naturschutzleistungen" über einen Mindeststandard hinaus erbringen. Zudem sollten auch kleinere Betriebe von der Förderung profitieren. Laut UBA wäre ein Markt für ökologisch erzeugte Produkte vorhanden. Von 2014 stieg der Branchenumsatz in Deutschland von 7,9 Milliarden Euro auf 9,5 Milliarden. Dabei liegt der Importanteil bereits zwischen 25% und 35% je nach Art des Lebensmittels. Diese Entwicklung steht völlig im Gegensatz zur Forderung nach regionalen Werteströmen und zu einer Minimierung des Energieverbrauchs. Die Förderung der ökologischen Landwirtschaft würde vor allem dazu beitragen, den Einsatz von Pestiziden und künstlichen Düngemitteln zu verringern. Damit einher gingen ein verbesserter Grundwasserschutz und der Erhalt der Artenvielfalt.

Worauf es beim Klimaschutz besonders ankommt

Auch der Klimaschutz wird durch falsche Subventionspolitik fehlgesteuert. Das Umweltbundesamt ermittelt 57 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen jährlich, davon rund 28 Milliarden für den Verkehrssektor. Die drei bedeutsamsten Posten sind laut UBA die Steuerbefreiung für Flugbenzin, die Steuervergünstigung für Dieselkraftstoffe und die Aufrechterhaltung der Pendlerpauschale. Die Behörde kritisiert unter anderem auch die Ausgleichszahlungen nach dem EEG für stromintensive Produktionen und für Schienenbahnen. Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, wird deutlich: "Es ist paradox. Deutschland verpflichtet sich auf internationaler Ebene zu mehr Klimaschutz. Gleichzeitig honorieren wir im eigenen Land klimaschädliches Verhalten mit Steuergeldern."
Als wichtigste Klimaziele sieht das Umweltbundesamt den geordneten Ausstieg aus der Kohleverstromung und das Abschmelzen der umweltschädlichen Subventionen. Es müsse auch Einschnitte im Lebensstil geben. Die Einführung eines Tempolimits auf 120 Stundenkilometer könnte die CO2-Emissionen der PKW um neun Prozent bzw. um drei Millionen Tonnen senken. Der Gebäudesektor trägt mit 30% zur Entstehung aller Treibhausgase in Deutschland bei. Laut UBA müsste deshalb eine "Sanierungswelle" ausgelöst werden. Leider zeichnet sich gerade das Gegenteil ab: im letzten Jahr sank die Sanierungsrate auf ein Prozent. Um einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen, wären jährlich drei Prozent aller Gebäude energetisch zu sanieren.

Das Umweltbundesamt kümmert sich auch um die Luftqualität im Innenraum

Anhand von zahlreichen Broschüren, zum Teil in englisch oder russisch, informiert das UBA zu Risiken von Umweltgiften im Innenraum (siehe Links unten). Das UBA organisiert auch die Zusammenarbeit des "Ausschusses für Innenraumrichtwerte (AIR)" in ihren Räumen. Diese Arbeitsgruppe setzt sich aus Experten von Bund und Ländern zusammen und aktualisiert ständig die Liste der Innenraumrichtwerte. Anhand dieser Richtwerte lässt sich im Einzelfall abschätzen, ob bestimmte Schadstoffkonzentrationen gesundheitlich bedenkliche Werte erreichen. Demnach sind bei Einhaltung von Richtwert I, dem Vorsorgewert, selbst bei lebenslanger Belastung keine gesundheitlichen Schäden zu erwarten. Richtwert II bezeichnet den Eingreifwert, bei dessen Überschreiten sofortiges Handeln zur Minimierung der Schadstoffkonzentration geboten ist. Bei der Bewertung der Innenraumschadstoffe gilt es zu beachten, dass beide Richtwerte nur für Einzelsubstanzen gelten. Die Kombinationswirkungen von Schadstoffen sind bisher weitgehend unerforscht.
Sorgen bereitet den UBA-Verantwortlichen eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofes vom 16.10.2014 (Rechtssache C-100/13). Dieses Urteil fordert die Mitgliedsstaaten auf, Markthemmnisse abzubauen und untersagt nationale Zusatzanforderungen an harmonisierte europäische Bauproduktnormen. Das Umweltbundesamt sieht nun die Gefahr einer Gesetzeslücke. Bisher erteilte das Deutsche Institut für Bautechnik nur solchen Produkten eine Zulassung, welche anspruchsvolle Tests durchlaufen und bestanden hatten. Zertifizierte Produkte nach dem AgBB-Schema durften das Ü-Zeichen tragen, wobei Ü für Übereinstimmung steht. Das Umweltbundesamt beteiligt sich "mit Nachdruck" an Initiativen zur Verbesserung der Gesetzeslage. Dr. Wolfgang Plehn (siehe Foto oben links), Leiter des UBA-Fachbereichs Stoffbezogene Produktfragen, sieht Anzeichen dafür, dass Brüssel das Schutzniveau aufrechterhalten will. So soll eine vereinfachte Produktklassifikation nach A-B-C Kriterien erfolgen. Produkte für Kindergärten sollten zum Beispiele eine A-Bewertung erhalten. Plehn rechnet mit langwierigen Verhandlungen, bis das deutsche Schutzniveau wieder annähernd erreicht wird. In der Zwischenzeit sollen sich Verbraucher an privaten Gütesiegeln orientieren. Dazu zählt auch das vom Umweltbundesamt überwachte Gütesiegel "Blauer Engel".

Links (UBA-Veröffentlichungen aus dem Jahr 2017)

Interview von BR-Radio mit Dr. Wolfgang Plehn
Klimaneutraler Gebäudebestand 2050, 289 Seiten
Kohleverstromung und Klimaschutz, 26 Seiten
Den Weg zu einem treibhausneutralen ... gestalten, 72 Seiten
Bwertung des Eintrag von Pflanzenschutzmitteln ..., 553 Seiten
Auswahlbibliografie Regenwasser, 31 Seiten
Auswahlbibliografie Innenraumklima, 57 Seiten
Ausschuss für Innenraumrichtwerte, Übersicht

Fotoquelle: UBA-Broschüre Schwerpunkte 2017, S. 32






 


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