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Bayreuth, 23.04.2024

 

Klimastress durch Kernkraftwerk

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290 Millionen Liter Kühlwasser täglich, zehn Grad Celsius wärmer als das Seewasser: Das war die Situation in der Westbucht des Stechlinsees, als das Kernkraftwerk Rheinsberg noch in Betrieb war.

Diese "thermal pollution" endete mit der Stilllegung 1990, doch die Folgen waren weitaus länger spürbar. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei hat die Erwärmung des Stechlinsees untersucht und festgestellt, dass sie zu tief greifenden Veränderungen nicht nur des Wasser-, Wärme- und Stoffhaushaltes führte, sondern auch die biologische Struktur des Sees beeinflusst hat.

Mehr als zwanzig Jahre lang - von 1966 bis 1990 - strömten nahezu 300 Millionen Liter Kühlwasser aus dem Kernkraftwerk Rheinsberg in den Stechlinsee - jeden Tag! Im Mittel waren es 290.000 Kubikmeter täglich, die rund zehn Grad Celsius wärmer als das Seewasser waren.

Von Anfang an kümmerten sich Wissenschaftler darum. Biologen, Hydrophysiker, Limnologen und Hydrometeorologen des heutigen Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei erforschten bereits zu DDR-Zeiten die Auswirkungen dieser thermischen Belastung ("thermal pollution"). Die Langzeituntersuchungen des Gewässerökosystems führten zu einer Reihe bemerkenswerter Erkenntnisse.

Prof. Rainer Koschel, der seit vielen Jahren den Stechlin erforscht, sagt: "Unsere Ergebnisse sind bei dem weltweit zu erkennenden Trend eines Global Warming von besonderer Aktualität."

So stellten die Forscher fest, dass die Erwärmung eines Gewässers zu tief greifenden Veränderungen nicht nur des Wasser-, Wärme- und Stoffhaushaltes führt, sondern auch die biologische Struktur und Funktion beeinflusst. Bei einer auf den ganzen See bezogenen dauerhaften Erwärmung um ein bis zwei Grad Celsius ergeben sich höhere Stoffumsatzraten der Mikroorganismen und Algen. Bei noch höherer Erwärmung (fünf bis zehn Grad), wie im weiteren Auslaufbereich des Kühlwassers in den Stechlin aufgetreten, gibt es darüber hinaus gravierende Veränderungen der Struktur des Ökosystems.

Koschel nennt als Beispiel die Reduzierung der winterlichen Eisbedeckungen. Das führe dazu, dass der Wasserkörper im Winter nicht stagniert, "der See wird zunehmend monomiktisch", erläutert Koschel, "wobei die thermische Schichtung besonders stabil ist und sehr lange vom Frühjahr bis in den späten Herbst währt."

Die Wasserschichten werden also immer seltener völlig durchmischt. Darüber hinaus nimmt die Verdunstung zu. Insgesamt werden die Auswirkungen von Nähr- und Schadstoffbelastungen, wie beispielsweise der Eutrophierung, beschleunigt.

Noch problematischer sind eine Reihe indirekter und mit einer großen zeitlichen Verzögerung auftretende Effekte, die die Entwicklungsrhythmen der Organismen betreffen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass es zu einer Entkopplung und Destabilisierung innerhalb des Nahrungsnetzes kommen kann. "Das zieht etwa gravierende Folgen für das Laichverhalten, die Reproduktion und das Wachstum von Fischgemeinschaften nach sich", sagt Koschel:

"Die thermische Belastung des Stechlinsees durch das KKW bedeuteten für den See Stress - Klimastress."

Ansprechpartner:
Prof. Rainer Koschel, 03 30 82 / 699-11

Dieser Text ist in der neuen Ausgabe des Verbundjournals erschienen, das sich im Titelthema mit Forschungen zu Energie und Klimawandel befasst. Ein Exemplar kann angefordert werden bei der Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin (Mail: zens@fv-berlin.de). Das Heft ist auch als PDF verfügbar.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen

www.fv-berlin.de





 


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