Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 25.04.2024

 

Im Zweifel zum Betriebsarzt

Share on Facebook Share on Twitter
Wieder ein Fall aus der Praxis. Ein Mitarbeiter eines Industriebetriebes klagte über gesundheitliche Probleme, die seiner Meinung nach mit einem Schimmelbefall in den Betriebsräumen zusammenhängen könnten. Der technische Leiter des Unternehmens nahm den Vorgang ernst und beauftragte den Baubiologen Oliver Zenker*) mit einer Raumluftuntersuchung. Nährböden und Partikelsammler wurden in zwei Innenräumen und im Außenbereich beprobt und anschließend an ein Speziallabor für mykologische Untersuchungen geschickt. Nach vierzehn Tagen kam der Laborbericht und zeigte Pilzarten auf, die normalerweise in der Raumluft nichts zu suchen haben. Besonders ins Auge fielen einige Gruppen der Schimmelpilzart "Aspergillus". Aufgrund dieses Laborbefundes geht der Baubiologe von einer nicht sichtbaren Schimmelquelle in den Betriebsräumen aus.

Die gesundheitliche Bewertung muss der Arzt vornehmen

Der Baubiologe ist ohne medizinische Ausbildung nicht befugt, eine gesundheitliche Risikobewertung vorzunehmen. Er wird den Auftraggeber daher an den Betriebsarzt verweisen. Eine allgemein gültige Leitlinie zur medizinischen Diagnostik hat die Arbeitsgruppe der "Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften" (AWMF) unter der Leitung von Prof. Wiesmüller erarbeitet. Die Leitlinie "Schimmelpilzexposition in Innenräumen, medizinisch klinische Diagnostik" (Kurzbezeichnung: AWMF-Schimmelpilzleitlinie) steigt tief in die medizinischen Zusammenhänge zwischen Schimmelbelastung in der Wohnung oder am Arbeitsplatz und gesundheitlichen Auswirkungen auf die Raumnutzer ein. Prof. Wiesmüller sieht es primär als ärztliche Aufgabe an, das Gesundheitsrisiko bei Schimmelbefall zu bewerten. Anhand einer Anamnese prüft der Arzt zunächst, ob das Beschwerde- oder Krankheitsbild möglicherweise durch eine Schimmelpilzexposition bedingt sein kann. Unterstützt wird die Anamnese durch Hauttests und Untersuchung des Blutes auf Antikörper. Als Bestandteil der Anamnese darf die Bewertung der Wohn- und Arbeitsplatzsituation nicht vergessen werden. Unabhängig vom Krankheitsbild im Einzelfall rät die Arbeitsgruppe dazu, Schimmelbefall im "relevanten Ausmaß" nicht zu tolerieren. Die wichtigsten Maßnahmen seien die Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung des Feuchteschadens.

Schimmelursachen suchen und beseitigen

Bei einem verdeckten Befall kommt der Sachverständige um eine Bauteilöffnung nicht herum. Im vorliegenden Fall befindet sich an der Außenwand aus optischen Gründen eine vorgebaute Gipskartonwand. Diese gilt es nun zu öffnen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Ein Loch mit einem Durchmesser von sechs bis acht Zentimetern reicht aus, um einen Temperatur- und Feuchtesensor hinter die Wand zu bringen. Liegt die relative Luftfeuchtigkeit im Hohlraum deutlich über den Werten in der Raummitte, dann ist von einem Feuchteschaden auszugehen. Der Baubiologe fand im eingangs geschilderten Fall eine hohe Luftfeuchtigkeit im Hohlraum vor. Zusammen mit dem Betriebsleiter kam man überein, die Wandverkleidung während der Betriebsruhe komplett zu entfernen. Die betroffene Fläche an der Außenwand besteht nur aus wenigen Quadratmetern.
Umfasst der Untersuchungsbereich jedoch eine große Wandfläche und ist die Maßnahme mit Unsicherheit verbunden, dann sollte der Bereich hinter der Gipskartonwand mit einem elektronischen Endoskop untersucht werden. Dazu sind weitere Löcher zu bohren, um die Sonde an mehreren Stellen einzuführen. Will der Auftraggeber auf die Bauteilöffnung vorerst ganz verzichten, dann kommt der Einsatz eines Schimmelspürhundes in Betracht. Siehe hierzu auch die nachfolgenden Links.

Weiterführende Links

AFMF-Schimmelleitlinie
Schimmelspürhunde mit Zertfikat
Qualifizierung von Schimmelspürhunden
Videoendoskope
*) Name geändert
Bildquelle: fotalia.de #176855879







 


Teilen auf Social Media