Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 28.03.2024

 

Formaldehydabgabe vierzig Jahre nach Baubeginn

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Die Familie Sennerhans aus dem bayerischen Wald hat unliebsame Erfahrungen mit der Langlebigkeit von Formaldehyd gemacht. Vor zwei Jahren kaufte sie ein Fertighaus aus dem Jahre 1975. Anfänglich tauchte das Problem nicht auf. Im Sommer wurde stets gut gelüftet und gesundheitliche Beschwerden gab es nicht. In der Winterperiode dämmerte den Bewohnern, dass etwas nicht stimmte. Die Kleidung roch eigenartig und Frau Sennerhans plagte eine langwierige Erkältung. Die Analytik der Innenraumluft brachte schließlich Gewissheit: der Formaldehydgehalt in zwei Zimmern lag überdurchschnittlich hoch. Darüberhinaus fand das Analytiklabor Holzschutzmittel im Hausstaub.

Formaldehyd ist ein farbloses Gas

Die chemische Substanz mit der Kennziffer CAS50-00-0 gehört nach der Gefahrstoffverordnung zu den giftigen Stoffen. In Tierversuchen wurden erbgutverändernde und sensibilisierende Eigenschaften nachgewiesen. Formaldehyd wird hauptsächlich über die Atemwege und die Haut aufgenommen. Betroffene klagten über Augen- und Schleimhautreizungen, Hustenreiz, Atembeschwerden oder Hautausschläge. Die chronische Einwirkung kann zu allgemeinen Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, Abgespanntheit oder Nervosität führen.

Vielfältige Quellen für Formaldehyd in Innenräumen

Formaldehydquellen in Innenräumen sind vielfältig. Spanplatten und Holzplatten mit Bindemitteln auf Formaldehydbasis gelten als Hauptverursacher. Sie sind in Möbeln, Fußböden oder Verkleidungen verbaut. Formaldehyd ist teilweise auch in Ortschäumen auf Polyurethanbasis, Lacken, Klebern oder Versiegelungen enthalten. Nicht nur im Wohnbereich treffen wir auf die Chemikalie: so erhalten knitterfreie Stoffe (bügelfrei!) ihre gewünschten Eigenschaften durch Formaldehydbeigabe. Last but not least: beim Rauchen einer Zigarette entweichen neben den bekannten Schadstoffen auch Bestandteile des farblosen Gases.

Bewertungsmaßstäbe für Formaldehyd

Das Umweltbundesamt (UBA) hat für die Raumluftkonzentration von Formaldehyd in Innenräumen einen Richtwert von 0,1 ppm bzw.120 µg/m³ festgelegt. Dieser Wert soll auch unter ungünstigen Bedingungen nicht überschritten werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt einen Richtwert von 0,08 ppm bzw. 100 µg/m³ vor. Darüberhinaus besteht Anlass zur Besorgnis. Ein Richtwert von 0,05 ppm bzw. 60 µg/m³ gilt als untere Grenze. Der untere Richtwert basiert auf Literaturangaben, die bei Konzentrationen über 0,05 ppm bzw. 60 µg/m³ bereits von körperlichen Beschwerden berichten. Erfahrungsgemäß liegen Raumluftkonzentrationen von Formaldehyd in unbelasteten Räumen in einem Bereich von 0,02 bis 0,05 ppm. Formaldehyd ist selbst in der Außenluft in Konzentrationen bis 15 µg/m³ bzw. 0,01 ppm nachweisbar. Als Verursacher gelten Autoabgase sowie Emissionen aus Industrie und Hausbrand.

Maßnahmen zur Verringerung des Formaldehydgehaltes

Die effektivste Maßnahme ist der Rückbau des belasteten Materials. Spanplatten oder Isoliermaterial sollen entfernt werden. Eingeschränkt wirksam ist das Abdichten der Formaldehydquelle mit einer Sperrschicht. Aluminiumfolie oder sperrende Lacke kommen für diese Methode in Frage. Bauphysikalische Auswirkungen sind gesondert zu beurteilen.
Als letzte Möglichkeit für die Raumluftverbesserung kommt die verstärkte Be- und Entlüftung in Frage. Über eine freie Fensterlüftung allein ist das Problem wohl nicht zu beseitigen. Am Einbau einer raumlufttechnischen Anlage (RLT-Anlage) führt kein Weg vorbei.

Weitere Informationen

www.ifau.org/fertighaus/formaldehydstudienergebnisse.htm
www.fachwerk.de/fachwerkhaus/wissen/formaldehyd-fertighaus-127037.html





 


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