Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Eltern boykottieren Schule wegen Radonbelastung

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Sie haben ein Zeichen gesetzt. Eltern aus Mehlmeisel im Landkreis Bayreuth wollten die Untätigkeit der Nachbargemeinde Fichtelberg hinsichtlich Radonbelastung in der Schule nicht länger hinnehmen und traten im Mai kurzerhand in den Warnstreik: solange keine hinlänglichen Sanierungsmaßnahmen getroffen werden, sollen die Schüler in ihrer eigenen Dorfschule bleiben. Im Winter 2012/13 wurden per Dosimeter Langzeitproben im Keller und in den Klassenzimmern der Schule genommen. Die Werte waren extrem hoch: 6.000 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3) Raumluft im Keller und über 1.000 Bq/m3 im Mittel in den Klassenräumen. In der Bibliothek lag der gemessene Wert bei 1700 Bc/m³, in einem Klassenzimmer bei 1760.

Welche Richtwerte sind anzusetzen?

Die Suche nach Richtwerten für Radon nahm abenteuerliche Züge an, da in Deutschland kein offizieller Grenzwert per Gesetz bestimmt ist. Der Entwurf eines Radonschutzgesetz liegt schon seit 2005 in der Schublade des Umweltministeriums. Die Umsetzung scheiterte bisher hauptsächlich an den Bundesländern Bayern und Sachsen. Der Entwurf der damaligen rotgrünen Bundesregierung sah strenge Grenzwerte vor: anzustreben seien 100 Bq/m3. In einer Pressemitteilung vom 22.9.09 teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit, dass die WHO ebenfalls Grenzwerte von 100 Bq/m3 für Radon in Wohnungen empfiehlt. Dies geht aus dem neuen Radonhandbuch hervor, das die WHO in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erstellt und veröffentlicht hat. Die fachliche Grundlage für die neue WHO-Empfehlung liefern mehrere Studien aus Europa, Nordamerika und Asien. Diese weisen nach, dass Radon einen erheblichen Anteil der Fälle von Lungenkrebs in der Bevölkerung verursacht. Eine europaweit durchgeführte Studie zeigte im Jahre 2009 eine statistisch signifikante Erhöhung um 16% bei einer Zunahme der Radonkonzentration von jeweils 100 Bc/m3.

Trauerspiel der Behörden

Eine traurige Vorstellung zum Radonproblem in Fichtelberg liefern die Behörden des Landratsamtes Bayreuth ab. Der Leiter des Gesundheitsamtes spricht bei Radon von "einem natürlichen Vorkommen". Die Kinder würden bei einer Verlegung nach Mehlmeisel mehr durch den Verkehr gefährdet als durch Radon. Auch die staatlichen Schulbehörden sehen das Problem als nicht dramatisch an. Immerhin wurden mittlerweile verschiedene Sanierungsmaßnahmen eingeleitet: So sei das stets geschlossene Kellerfenster nun zur Belüftung gekippt, eine dichtere Kellertür wird eingebaut und die Abdichtung des Kellerbodens erfolgt. Zum Einbau einer kontrollierten Belüftung konnte man sich noch nicht durchringen.

Kostenlawine bei öffentlichen Bauten?

Sollte wirklich eine Radongesetzgebung durchgesetzt und der von der WHO favorisierte Wert von 100 Bq/m3 als Grenzwert festgelegt werden, so müsste in erster Linie der Staat sämtliche öffentlichen Gebäude unter diesen Richtlinien sanieren. Wahrscheinlich sind aus diesem Grund Bund und Länder nicht an einer schnellen Umsetzung eines verschärften Radonschutzgesetzes interessiert. Durch die immer dichter werdende Bauweise unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung wird sich das Radonproblem weiter verschärfen. Insofern müsste bei jeder energetischen Sanierung eine kontrollierte Be- und Entlüftung vorgesehen werden.

Veranstaltungshinweis

Am 24. September 2013 findet in Dresden die 9. Tagung "Radonsicheres Bauen" statt. Der Veranstaltungsort ist die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Friedrich-List-Platz 1, 01069 Dresden. Nähere Infos und Anmeldung unter http://www2.htw-dresden.de/~Radon/kora/tg_anm_kora_.htm

Bildquelle: fotalia.com fotalia_8199650.xs






 


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