Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 06.10.2024

 

Die Trafostation an der Grundstücksgrenze

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Starke Zunahme von Stromverteilern in den Ortschaften -

Der Baubiologe Oliver Zenkel erhält mindestens drei Mal pro Woche Anrufe von Mitbürgern, die sich wegen der Errichtung einer Trafostation an ihrer Grundstücksgrenze Sorgen machen. Besonders diskutiert wird die Frage nach der Genehmigungsfähigkeit solcher Anlagen und nach dem ausreichenden Abstand, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden. Große Unsicherheit besteht auch hinsichtlich geltender Grenzwerte und möglichen Schutzmaßnahmen. Der folgende Artikel geht auf einige Fragen in diesem Zusammenhang ein.

Mehr Stromkästen als Konsequenzen der Energiewende

Die Energiewende in Deutschland führt zu einem verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Stromverteilungsnetze, insbesondere auf die Mittel- und Niederspannungsebene. Wind- und Solaranlagen speisen in der Regel auf der Mittelspannungsebene bei 10 bis 30 Kilovolt (kV) ein. Um diese Einspeisungen aufnehmen zu können, müssen die Netzkapazitäten erweitert werden. Dies erfordert den Bau neuer Umspannwerke und die Verstärkung bestehender Leitungen. Es braucht daher zusätzliche Umspannwerke und Trafostationen, um die Einspeisungen aus erneuerbaren Energiequellen in das Netz aufzunehmen. Durch die hohe Einspeisung aus dezentralen Erzeugern kann es zu Spannungsschwankungen kommen. Es müssen zusätzliche Maßnahmen, wie der Einsatz von Spannungshaltungseinrichtungen (z. B. regelbare Ortsnetztransformatoren), ergriffen werden, um die Spannungsqualität im Niederspannungsnetz zu sichern.

Trafostationen spielen eine wichtige Rolle bei der Stromverteilung

Transformatorenstationen spielen eine zentrale Rolle im Stromverteilungsnetz, da sie die Spannung des elektrischen Stroms anpassen, um einen effizienten und sicheren Transport von der Erzeugungsstelle bis zum Endverbraucher zu gewährleisten. Ihr Einsatz ist notwendig, um Verluste bei der Übertragung zu minimieren und die Sicherheit der Stromversorgung zu gewährleisten. Die Spannungstransformation erfolgt abgestuft. Direkt nach der Stromerzeugung in Kraftwerken wird die Spannung auf sehr hohe Werte transformiert, meist zwischen 110 und 400 Kilovolt. Diese hohe Spannung ist notwendig, um Strom über große Entfernungen mit minimalen Verlusten zu transportieren. In Umspannwerken wird die Spannung von Hochspannung auf Mittelspannung, meist zwischen 10 und 30 Kilovolt heruntertransformiert, um den Strom über kürzere Distanzen zu regionalen Verteilnetzen zu leiten. In lokalen Transformatorstationen, auch Ortsnetzstationen genannt, wird die Mittelspannung auf Niederspannung mit 400 Volt oder 230 Volt transformiert, um den Strom sicher und nutzbar an die Endverbraucher, zum Beispiel an Haushalte oder Gewerbebetriebe, zu liefern. Transformatorenstationen helfen, die Lastverteilung im Stromnetz zu steuern, indem sie die Versorgung verschiedener Gebiete anpassen. Dies ist besonders wichtig, um Schwankungen im Stromverbrauch auszugleichen und Netzstabilität zu gewährleisten. Sie ermöglichen es auch, bei Netzüberlastungen bestimmte Netzabschnitte vorübergehend abzuschalten oder Lasten umzuverteilen, um das Gesamtnetz zu schützen.

Stromverteilkästen sind kleiner als Trafostationen

Während Trafostationen bzw. Ortsnetztransformatorstationen die elektrische Energie von der Mittelspannungsebene auf die Niederspannungsebene umwandeln, dienen die Verteilstationen dazu, den Strom innerhalb der Mittel- oder Niederspannungsebene weiter zu verteilen. Sie enthalten in der Regel keine Transformatoren, sondern Schaltanlagen und Verteilungseinrichtungen, um verschiedene Abnehmer oder Netzabschnitte zu versorgen. Verteilstationen sind oft kleiner als Trafohäuschen, da sie keine Transformatoren enthalten, sondern hauptsächlich Schalt- und Verteiltechnik. Sie können als kleine Schaltkästen am Straßenrand oder in Gebäuden integriert sein. Sie verteilen den Strom in kleineren Bereichen wie einzelnen Straßenzügen oder Gebäudekomplexen und ermöglichen die gezielte Verteilung des Stroms auf verschiedene Abnehmer und die Absicherung der einzelnen Stromkreise. Diese Unterschiede sind entscheidend für die Struktur und Effizienz des Stromverteilungsnetzes und sorgen für eine gezielte und sichere Versorgung der Verbraucher.

Die Errichtung von Trafostationen benötigt ein Genehmigungsverfahren

Das Genehmigungsverfahren für die Errichtung sogenannten Ortsnetztransformatorstationen ist in Deutschland klar geregelt und unterliegt bestimmten rechtlichen Vorgaben und Abstimmungsprozessen. Der Netzbetreiber kann nicht einfach und jederzeit ein Trafohäuschen an die Grundstücksgrenze von Privatpersonen aufstellen. Für die Errichtung eines Trafohäuschens ist in der Regel eine Baugenehmigung erforderlich. Diese muss beim zuständigen Bauamt beantragt werden. Der Antrag umfasst technische Unterlagen, Pläne und Nachweise darüber, dass die baulichen und sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt sind. Der Standort eines Trafohäuschens muss im Einklang mit dem geltenden Bebauungsplan stehen. In Wohngebieten sind die Möglichkeiten oft eingeschränkt, da es Auflagen hinsichtlich der Optik, des Lärmschutzes und der Abstandsvorgaben gibt.

Eigentumsrechte sind zu beachten

Der Netzbetreiber darf ohne Zustimmung des Eigentümers keine Anlagen auf privatem Grund errichten. Wenn ein Trafohäuschen an der Grundstücksgrenze aufgestellt werden soll, ist es notwendig, mit dem Eigentümer eine Nutzungsvereinbarung oder ein Nutzungsrecht zu verhandeln. Häufig wird ein sogenanntes Grunddienstbarkeitsrecht ins Grundbuch eingetragen, das die Nutzung eines Teils des Grundstücks durch den Netzbetreiber regelt. In Ausnahmefällen und nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens könnte eine Enteignung oder die Anordnung eines Zwangsnutzungsrechts durchgesetzt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse notwendig ist. Dies ist jedoch selten und unterliegt strengen gesetzlichen Anforderungen.

Öffentliche Beteiligung und Anhörung

Bei der Planung von Trafohäuschen gibt es oft ein Anhörungsverfahren, insbesondere wenn Anwohner betroffen sind. Betroffene können Einwendungen erheben, die im Genehmigungsverfahren geprüft werden müssen. Auch nach dem Nachbarschaftsrecht muss der Netzbetreiber bestimmte Abstandsregelungen und bauliche Vorgaben einhalten, um die Belange der Anwohner zu wahren. Abhängig von der Größe und dem Standort kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sein, insbesondere in sensiblen Bereichen wie Naturschutzgebieten. Es müssen Grenzwerte für Lärm und elektromagnetische Felder eingehalten werden, um die Gesundheit der Anwohner nicht zu gefährden. Diese Werte sind in Normen und Richtlinien festgelegt und müssen nachgewiesen werden.

Geltende Grenzwerte für Lärm und elektromagnetische Felder

Grenzwerte für Lärm und elektromagnetische Felder sind in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen und Normen festgelegt. Diese Grenzwerte müssen von Betreibern von Trafohäuschen oder sonstigen technischen Einrichtungen eingehalten werden. Die Lärmgrenzwerte sind in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm, abgekürzt TA Lärm, geregelt. Sie gelten für Gewerbe- und Industrieanlagen sowie technische Einrichtungen. Die Grenzwerte sind abhängig von der Nutzung des betroffenen Gebiets und der Tageszeit. So gilt beispielsweise für reine Wohngebiete ein Tagesmittelwert von 50 dB(A) und ein Nachtwert von 35 dB(A). In allgemeinen Wohngebieten oder in Gewerbegebieten sind höhere Lärmwerte zulässig.
Die Grenzwerte für elektromagnetische Felder sind durch die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, abgekürzt 26. BImSchV, festgelegt. Sie orientieren sich an den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und gelten für Anlagen wie Stromleitungen und Transformatorenstationen gleichermaßen. Für die elektrische Feldstärke gilt ein Grenzwert von maximal 5.000 Volt je Meter und für die magnetische Flussdichte ein Wert von maximal 100 Mikrotesla. Betreiber sind verpflichtet, diese Grenzwerte einzuhalten und auf Anfrage Messungen durchzuführen oder nachzuweisen, dass die Immissionen verursacht durch Lärm oder elektromagnetische Felder die zulässigen Grenzwerte nicht überschreiten. Behörden können stichprobenartige Kontrollen durchführen und bei Verstößen Maßnahmen zur Reduzierung der Immissionen anordnen.

Offizielle Grenzwerte und baubiologische Richtwerte für Schlafplätze liegen meilenweit auseinander

Der Standard der baubiologischen Messtechnik (SBM) schlägt Vorsorgewerte für Schlafplätze vor. Für den Bereich der magnetischen Wechselfelder wird ein Wert von größer 0,1 Mikrotesla bereits als "stark auffällig" beschrieben. Werte größer 0,5 Mikrotesla gelten als "extrem auffällig" und sollten tunlichst vermieden werden. Die 26. BImSchV unterscheidet nicht zwischen Schlafplätzen und anderen Aufenthaltsorten. Ebenfalls gelten keine niedrigeren Werte während der Nachtruhe, wie sie die TA Lärm vorsieht.

Die Frage nach dem ausreichenden Abstand

Oft wollen besorgte Anrufer von dem Baubiologen Oliver Zenkel wissen, wie weit entfernt sie sich von der Trafostation aufhalten sollten. Eine pauschale Einschätzung ist grundsätzlich schwierig, da die Art der Stromnutzung eine Rolle spielt. Messungen der magnetischen Flussdichte würden Sicherheit bringen. Aus Erfahrung weiß der Baubiologe, dass ein Abstand von fünf Metern meistens ausreicht, um Werte von kleiner 0,5 Mikrotesla zu erreichen. Der Grenzwert gemäß der 26. BImSchV wird allerdings schon in einem geringen Abstand von dem Stromhäuschen unterschritten. Dafür reichen oft wenige Zentimeter aus.

Weitere Informationen

www.baubiologie-regional.de/messtechnik.php

www.baubiologie-regional.de/firmen/

www.baubiologie-regional.de/news_liste.php

www.youtube.com/watch






 


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