Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 29.03.2024

 

Bundesamt für Strahlenschutz aktualisiert Radonhandbuch

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Ab Januar 2021 wird es ernst für Bauherren und Arbeitgeber. Wer in Radonvorsorgegebieten ein neues Bauvorhaben plant, muss Maßnahmen ergreifen, damit die Gesundheit von Bewohnern oder Arbeitskräften bei der späteren Nutzung nicht durch das natürliche Gas aus dem Boden gefährdet wird. Auch bei bestehenden Gebäuden sind Arbeitgeber gefordert. In Radonvorsorgegebieten müssen sie in erdgerührten Arbeitsräumen Messungen der Raumluft vornehmen, welche üblicherweise als Langzeitmessung über zwölf Monate gehen. Wird im Jahresmittel ein Wert von 300 Bequerel je Kubikmeter (Bq/m³) überschritten, muss der Arbeitgeber Maßnahmen zur Verringerung der Radonkonzentration durchführen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat den Bedarf an Beratung erkannt und stellt deshalb das Radonhandbuch als 60-seitige Broschüre zur Verfügung.

Das Strahlenschutzgesetz bietet die Rechtsgrundlage

Das Thema "Radon" wird im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) im Teil 2 durch die Paragraphen 121 bis 133 abgedeckt. Hier findet der Interessierte die Vorschriften im einschlägigen Juristendeutsch, z.B. über die Festlegung von Gebieten, durchzuführende Maßnahmen an Gebäuden, die Ermittlung des Referenzwertes und Vorgaben für Arbeitgeber. Paragraph 132 im StrlSchG bestimmt, dass die nachfolgenden neun Punkte in einer gesonderten Verordnung festzulegen sind:
1. in welchen Fällen und auf welche Weise mehrere Arbeitsorte als Arbeitsplatz im Sinne dieses Ab-schnitts zu betrachten sind,
2. wie die Radon-222-Aktivitätskonzentration an Arbeitsplätzen über das Kalenderjahr zu mitteln ist,
3. wie die Messung der Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft an Arbeitsplätzen nach den §§ 127 und 128 zu erfolgen hat, dass sie von einer anerkannten Stelle auszuführen ist und welche Anforderungen an die Messung und an die Stelle, die die Messung ausführt, sowie an das Verfahren der Anerkennung dieser Stelle zu stellen sind,
4. wie die Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft und die Aufenthaltszeit oder die potentielle Alphaenergie-Exposition in eine effektive Dosis, die eine Arbeitskraft erhält, umzurechnen ist,
5. wie die arbeitsplatzbezogene Abschätzung der Radon-222-Exposition, der potentiellen Alphaenergie-Exposition oder der Körperdosis durch die Exposition durch Radon nach § 130 Absatz 1 durchzuführen ist und welche Anforderungen an das Verfahren der Abschätzung und an die Person, die die Abschätzung durchführt, zu stellen sind,
6. dass die für Teil 2 dieses Gesetzes geltenden sowie die in § 76 Absatz 1 und § 79 aufgezählten Maß-nahmen und Anforderungen des beruflichen Strahlenschutzes zum Schutz der Arbeitskräfte auch im Falle des § 130 Absatz 3 anzuwenden sind,
7. wie die Radon-222-Exposition, die potentielle Alphaenergie-Exposition oder die Körperdosis im Falle des § 131 Absatz 1 Nummer 2 zu ermitteln ist und welche Anforderungen an das Verfahren der Ermitt-lung zu stellen sind,
8. dass die Ermittlung nach § 131 Absatz 1 Nummer 2 durch eine nach § 169 behördlich bestimmte Messstelle zu erfolgen hat und welche Informationen der Messstelle für die Ermittlung zur Verfügung zu stellen sind und
9. welche Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Mitteilungs- und Vorlagepflichten im Zusammenhang mit den Pflichten nach § 131 und nach den Nummern 1 bis 8 bestehen.

Die Strahlenschutzverordnung konkretisiert das Gesetz

Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) beschreibt Handlungsanweisungen zu Radon im Teil 4 und dort insbesondere im Kapitel 1 "Schutz vor Radon". § 154 der StrlSchV gibt vor, welche Maßnahmen zum Schutz vor Radon für Neubauten in Radonvorsorgegebieten durchzuführen sind:
1. Verringerung der Radon-222-Aktivitätskonzentration unter dem Gebäude,
2. gezielte Beeinflussung der Luftdruckdifferenz zwischen Gebäudeinnerem und Bodenluft an der Au-ßenseite von Wänden und Böden mit Erdkontakt, sofern der diffusive Radoneintritt auf Grund des Standorts oder der Konstruktion begrenzt ist,
3. Begrenzung der Rissbildung in Wänden und Böden mit Erdkontakt und Auswahl diffusionshemmender Betonsorten mit der erforderlichen Dicke der Bauteile,
4. Absaugung von Radon an Randfugen oder unter Abdichtungen,
5. Einsatz diffusionshemmender, konvektionsdicht verarbeiteter Materialien oder Konstruktionen.

Zuerst einen Blick auf die Radonlandkarte werfen

Die nachfolgenden Ausführungen stellen die erforderlichen Maßnahmen fernab der Juristensprache etwas einfacher dar. Wer wissen will, ob sein Wohnort oder die Arbeitsstätte in einem Radonvorsorgegebiet liegt, sollte die Webseite https://www.imis.bfs.de/geoportal/ aufschlagen. Dort sucht man zuerst den Wohnort und legt dann den Layer "Radon-222 in Bodenluft" darüber. Fährt man mit der Maus über den Zielort, erscheint der errechnete Wert in Tausend Bequerel je Kubikmeter (kBq/m³).
Bei Gebieten kleiner 20.000 Bq/m³ in der Bodenluft sind keine Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Liegt ein geplantes Bauvorhaben im Radonvorsorgegebiet I (20-40 kBq/m³), empfiehlt das BfS folgende Maßnahmen: Abdichten der Bodenplatte mit radondichtem Material und Abdichten von Durchdringungen der Bodenplatte und der erdberührten Wände durch radondichtes Material. Für Zu- und Ableitungen sind spezielle Rohrdurchführungssysteme am Markt zu finden. Der Hersteller muss jeweils die Dichtigkeit seiner Produkte mit einem Prüfverfahren nachweisen. Bei Grundstücken im Radonvorsorgegebiet II (40-100 kBq/m³) gelten noch zusätzliche Anforderungen: unter der Bodenplatte und an Wände im erdberührten Bereich sollte eine radondichte Folie angebracht werden; erdberührte Außenwände sind mit nicht-bindigem Material zu hinterfüllen. Alternativ zur Folienabdichtung lässt sich eine Abdichtung durch Verwendung von wasserundurchlässigem Beton in der Ausführung als "weiße Wanne" herstellen.

Bei Bestandsbauten sind Voruntersuchungen unerlässlich

Bei Gebäuden im Bestand muss sich der Eigentümer zunächst einen Überblick über die Sanierungsmöglichkeiten verschaffen. Als Basis dient eine Raumluftmessung mit mehreren Messgeräten an mindestens zwei Punkten im Gebäude. Wenn das Messergebnis in den Aufenthaltsräumen den Referenzwert übersteigt, steht die Quellensuche an. Undichtigkeiten sind mit dem bloßen Auge nicht ohne weiteres zu erkennen. Deshalb arbeiten Fachleute mit sogenannten Sniffing-Geräten. Diese Radonmessgeräte sind mit einer großen Messkammer ausgestattet und zeigen bereits nach wenigen Minuten das Ergebnis an. Nach der Datenaufnahme gilt es zu überlegen, ob Abdichtungsmaßnahmen im Bestand möglich sind.

Dezentrale Lüftungsanlagen sorgen für hohen Luftaustausch

Alternativ zu Abdichtungsmaßnahmen bieten sich Verfahren an, welche für einen verstärkten Luftaustausch sorgen. So untersucht zum Beispiel das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zusammen mit Partnern aus der Industrie im Rahmen des Forschungsprojektes "RadonVent" die Wirksamkeit dezentraler Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung beim Abbau der Radon-Konzentration in der Raumluft. Unter anderem wurden Feldtests in einem Gebiet mit erhöhtem Radonvorkommen durchge-führt. Dabei konnten schon in ersten Vorversuchen Messergebnisse erhoben werden, die auf eine deutliche Reduzierung von Radon-222 im Innenraum hindeuten.

Als letztes Mittel: Radon unter der Bodenplatte absaugen

Reichen einfache Abdichtungsmaßnahmen nicht aus oder bleiben Belüftungsmaßnahmen ohne ausreichenden Erfolg, könnte die Methode der Unterbodenabsaugung Anwendung finden. Normalerweise bildet sich im Boden ein hoher Druck und im Keller ein Unterdruck, sodass Radon durch Risse und Spalten im Beton oder den Rohren eintreten kann. Die Absauganlage wird im Keller installiert und saugt das Radon unter der Bodenplatte ab. Auf diese Weise wird der Druck im Boden reduziert und Radon dringt nicht in das Gebäude ein. Zusätzlich sind alle nicht oberflächlichen Risse und Lücken im Keller sowie andere Eintrittswege, z.B. über Rohre abzudichten. Die Abluft ist so nach außen zu führen, dass sie von den Bewohnern nicht eingeatmet werden kann. Absauganlagen verbrauchen Strom und sollten deshalb nur bei hohen Radonkonzentrationen eingesetzt werden. Ein Ventilator mit 30 Watt (W) Dauerleistung verbraucht im Jahr etwa 260 Kilowattstunden. Ventilatoren müssen gewartet werden und haben eine deutlich kürzere Lebenserwartung als das Gebäude selbst. Das Radonhandbuch steht kostenlos als pdf-Datei zur Verfügung.

Weitere Informationen

www.gesetze-im-internet.de/strlschg/BJNR196610017.html
www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/BJNR203600018.html
www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/radon-handbuch.pdf
www.ufz.de/index.php
www.researchgate.net/publication/334282487_Radonschutz_in_Wohnungen_durch_radonaktivitatskonzentrationsgesteuerte_Lufter





 


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