Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Bei echtem Hausschwamm klingeln die Alarmglocken

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Der "Echte Hausschwamm" (Serpula lacrymans) gebärdet sich als unberechenbarer Geselle. Selbst in Fällen, wo er schon als erfolgreich bekämpft schien, kann er wieder auftauchen. Bereits vor zweihundert Jahren gab es umfangreiche Abhandlungen über das Leben, Vorkommen und das zerstörerische Wirken dieses Pilzes. Er kann schon bei relativ niedriger Holzfeuchte wachsen und greift sogar nahezu trockenes Holz an, wenn er gleichzeitig in einem anderen Bereich mit höherer Feuchte angesiedelt ist. Mit Hilfe seines Strangmyzels bzw. der sogenannten Stränge kann sich der Echte Hausschwamm über weite Strecken ausbreiten und dabei auch holzfreie Stoffe viele Meter überwachsen. Kein Wunder, dass jeder Bauherr zusammenzuckt, wenn vom Echten Hausschwamm die Rede ist.

Plötzlich wächst biologisches Material aus den Fliesen heraus

Sebastian Kleber *) hatte sich vor zwei Monaten ein Haus aus den vierziger Jahren gekauft, einen ehemaligen Bauernhof mit Fremdenzimmern. Der Handwerksmeister kennt sich aus mit Bauarbeiten. Er wollte das länger leerstehende, etwas herunter gekommene Gebäude wieder in Schuss bringen. Eine Entdeckung im Badezimmer des Obergeschosses bremste seinen Tatendrang merklich: beim Abschrauben einer Abdeckkappe an der Duscharmatur fiel Sebastian Kleber ein faseriges, braunes Gewebe ins Auge. Sofort erinnert er sich an ein Gerücht, das ihm der ehemalige Pächter der Immobilie näher gebracht hatte. In dem Gebäude solle Hausschwamm versteckt sein.

Der Pilz kann lange unsichtbar bleiben

"Eine Besonderheit des Echten Hausschwammes ist seine versteckte Lebensweise", schreibt das Analytiklabor Umweltmykologie Berlin auf seiner Webseite. Da er sehr empfindlich auf Luftzug reagiert, entwickelt sich der Pilz bevorzugt hinter Wandverkleidungen, in Zwischendecken und unter Dielenbrettern. Ein akuter Befall kann deshalb oft sehr lange unentdeckt bleiben. Serpula lacrymans kann unter anderem durch Mauerwerksfugen bzw. Wände, Schüttungsmaterialien sowie Versorgungskanäle und Leitungsschlitze wachsen. Das Besiedeln von Mauerwerk ist ebenfalls ein Merkmal, das insbesondere beim Echten Hausschwamm auftritt. Irrtümlicherweise hat sich deshalb bis heute die Bezeichnung Mauerschwamm gehalten [Quelle: Umweltmykologie].

Nicht nur Holz steht auf dem Speiseplan des Hausschwamms

Aber auch der Echte Hausschwamm braucht wie jeder andere Pilz als Nahrungsgrundlage organische Substanzen und ernährt sich nicht aus dem Mauerwerk. Neben Holz kann er andere cellulosehaltige Substanzen wie z.B. Tapeten, Bücher, Rohrgeflechte ober selbst Leder und Kartoffeln angreifen. Mauerwerk spielt allerdings eine besondere Rolle, da der Pilz offensichtlich auf die alkalischen Baustoffe wie Mörtel, Putz und andere angewiesen ist. Durch die alkalischen Bestandteile wird die von ihm produzierte Oxalsäure neutralisiert und es wird angenommen, dass dieser Vorgang auch ein Grund dafür ist, dass der Echte Hausschwamm fast ausschließlich in Gebäuden vorkommt [Quelle: Umweltmykologie].

Die Laboruntersuchung bringt Gewissheit

Bei der Analytik von holzzerstörenden Pilzen sollten keine Fehler passieren. Die Diagnose "Hausschwamm" zieht einen Rattenschwanz an Untersuchungen nach sich, an deren Ende möglicherweise eine aufwändige Sanierung steht. Bei den Schimmelpilzexperten von der Umweltmykologie in Berlin nimmt der Chef die Untersuchung von Hausschwamm selbst in die Hand. Geschäftsführer Christoph Trautmann bringt als Sachverständiger für Schimmelpilze und bekämpfenden Holzschutz jahrelange Erfahrung in die Laborpraxis ein. Sein Urteil nach der Untersuchung des Probenmaterials von Sebastian Kleber fällt eindeutig aus: bei dem Befall handelt es sich tatsächlich um Serpula lacrymans.

Der Bauherr benötigt ein Sanierungskonzept

Zur Sanierung von Bauwerken, die von Hausschwamm besiedelt sind, liefert die DIN 68 800 Teil 4 wichtige Hinweise. Daran angelehnt hat das Planungsbüro Schilling in München folgendes Schrittkonzept vorgeschlagen:
• Feststellen des Schadensumfangs nach Befallsgröße, statische Relevanz und Pilzarten
• Erkennen und Beseitigen der Ursachen für erhöhte Feuchtigkeit und Trocknung der Schadensbereiche
• Entfernen von befallenen Materialien, Myzel und Fruchtkörpern
• Ausbau befallener Holzbauteile einschließlich Gesundschnitt und Entfernung flankierender Baustoffe so weit möglich
• Behandlung verbleibender Holzbauteile mit vorbeugend wirksamen Holzschutzmitteln
• Bei Befall durch Echten Hausschwamm: Behandlung von Mauerwerk mit Schwammsperrmitteln
• Einbau von neuen Konstruktionen im Schadenumfeld entweder holzfrei oder imprägniert

Zusätzlich vermerkt die DIN 68800 Teil 4.4.3.1: Auf den Einsatz vorbeugend wirksamer Holzschutzmittel und Schwammsperrmittel kann verzichtet werden, wenn im Befallsbereich sämtliche Hölzer entfernt und durch nicht befallbare Baustoffe oder Bauteile (Beton, Stahlbeton, Stahl) ersetzt werden, sowie anderweitig kein Holz oder Holzwerkstoffe neu eingebaut werden und die geforderte Austrocknung der sanierten Bauteile nachhaltig sichergestellt ist. Dabei ist zu beachten, dass ein eventuelles Übergreifen auf angrenzende Gebäudeteile oder Gebäude auszuschließen ist.

Nur qualifizierte Firmen einsetzen

Die Sanierung von Bauten mit holzzerstörenden Pilzen erfordert hohe Sachkenntnis und Erfahrung. Der Deutsche Holz- und Bautenschutzverband e.V. schreibt dazu auf seiner Webseite: "Die erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung, die durch den 'Sachkundenachweis Holzschutz am Bau' beurkundet wird, weist die in DIN 68 800, Teil 4 geforderte Qualifikation nach und besagt, dass der Inhaber über die Kenntnisse und Fertigkeiten entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik für die Vorbereitung, Anleitung, Durchführung und Prüfung von gesundheitlich unbedenklichen und umweltverträglichen Holzschutzmaßnahmen zur Bekämpfung holzzerstörender Pilze und Insekten sowie sonstiger Einflüsse verfügt."

Weiterführende Links

Planungsbüro Schilling - Hausschwamm und Schäden durch holzzerstörende Pilze
jochenwiesner.de - Sanierung von Pilzbefall in Holz und Mauerwerk"
Lehrgang zum Sachkundenachweis "Holzschutz am Bau"
Sachverständige im Holzschutz und Bautenschutz

*) Name geändert






 


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