Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 25.04.2024

 

ADHS durch Umweltgifte?

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Dieser Frage geht der Autor Ulf Sauerbrey vom Institut für Bildung und Kultur der Friedrich-Schiller-Universität Jena in der gleichnamigen Lektüre nach, die im Verlag IKS Garamond unter ISBN 978-3941854-14-7 erschienen ist.

ADHS bedeutet Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und tritt vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf. Kernsymptome sind Aufmerksamkeitsdefizite, Impulsivität und Hyperaktivität. In Statistiken werden unterschiedliche Zahlen veröffentlicht: Bei strenger Auslegung sind 1 bis 2% aller Kinder betroffen, bei einer weiteren Fassung des Krankheitsbildes wird ein Anteil von 8 bis 12% weltweit geschätzt.

Für die Ursachen von ADHS gibt es verschieden starke Hinweise, aber noch keine eindeutigen Beweise. Neben einer genetischen Disposition wird eine prä- und postnatale Belastung durch Aktiv- und Passivrauch, Alkohol und weitere Drogen genannt. Im Zusammenhang mit Umweltgiften wird allenfalls eine Bleibelastung in Erwägung gezogen. Als weitere Ursachen der ADHS werden „ungünstige psychosoziale Bedingungen“ genannt.

Der Autor Ulf Sauerbrey will sich mit dieser vereinfachten Sichtweise ohne Einbeziehung von weiteren Umweltgiften nicht begnügen. Er stellt folgende Thesen auf:

1. ADHS könnte trotz verschiedener ursächlicher Faktoren in seiner wesentlichen Genese eine durch Neurotoxine verursachte Umwelterkrankung sein.

2. Dies erscheint möglich, da der Kinderalltag in den westlichen Industrienationen von neurotoxischen Schadstoffen geprägt ist und Kinder heute bereits mit zum Teil hohen Konzentrationen solcher Stoffe in ihren Organen geboren werden.

3. Eine überwiegende Unkenntnis über Schädigungsmechanismen, Wirkungen und Arten von Umweltgiften sowie deren Vorkommen im kindlichen Alltag ist ein Grund die die Missachtung dieser Stressoren.

4. Synergetische Effekte der verschiedenen Risikofaktoren der ADHS erschweren die ursächliche Betrachtung.

Es verwundert allerdings, dass das Schwermetall Blei in neueren Forschungsergebnissen weiterhin erwähnt wird. Blei wurde früher in Wasserleitungsrohren verwendet. Inzwischen dürfte dies überholt sein. Wasserrohe werden nicht mehr aus Blei, sondern aus Kunststoff oder Kupfer hergestellt. In Amerika soll Blei dagegen in Wandfarben enthalten sein.

Ein anderes Schwermetall findet jedoch nachwievor hohe Verbreitung: Quecksilber in Amalganfüllungen steht im Verdacht, ungeborene Kinder während der Schwangerschaft zu schädigen. Weiterhin kann Quecksilber über die Muttermilch aufgenommen werden.

Weitere Umweltgifte, die pränatal oder über die Muttermilch aufgenommen werden könnten, sind Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizide wie Pentachlorphenol (PCP) oder Pyrethroide und Formaldehyd. Die Aufnahme von Umweltgiften ist im Entwicklungsverlauf von Kindern auch über den Hausstaub oder über die Raumluft möglich.

Verzeichnet wurde in quantitativen Studien und qualitativen Beobachtungen auch eine Zunahme von Hyperaktivität nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln mit künstlichen Zusatzstoffen, insbesondere Farb- und Konservierungsstoffen.

Das wahrscheinlich größte Problem der heutigen Toxikologie ist, dass sie einzelne oder auch wenige Stoffe in ihrer Toxizität für den gesunden Menschen zwar durchaus bewerten kann, jedoch dem Vorkommen mehrerer Alltagsgifte zugleich relativ hilflos gegenübersteht.

Obwohl Wirkungsverstärkungen von Chemikalien untereinander bekannt sein sollten, sind Neurotoxine selten in ihrem gemeinsamen Vorkommen im Alltag bewertet worden. Potenzierende Effekte sind äußerst wahrscheinlich.

Sauerbrey mahnt in seinem Fazit an, in weiteren Forschungen unvoreingenommen das Thema „Umweltgifte“ mit aufzunehmen. Die Studien sollten zudem methodisch kritischer als bisher überprüft werden, um in Zukunft Designfehler im Aufbau zu vermeiden.

Das Buch „ADHS durch Umweltgifte?“ ist eine empfehlenswerte Lektüre, in welcher die oben genannte kurze Zusammenfassung mit ausführlichen Fakten, Beispielen und Literaturverzweigungen vertieft wird.

In seinem Nachwort gibt Erik Petersen, Herausgeber der Zeitschrift „Umwelt, Medizin, Gesellschaft“ einige praktische Tipps zur Vermeidung von schädigenden Einflüssen auf die Entwicklung von Kindern. Eine Tabelle mit Produktinformationen und ein Verzeichnis mit Beratungsstellen runden das Thema ab.






 


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