Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 20.04.2024

 

Zusammenhang zwischen Lüften und Schimmelpilzbefall in der Wohnung

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In einem Forschungsprojekt der FH Hildesheim wurde in zwei baulich gleichartigen Versuchsräumen der Einfluss der Lüftungsart - mechanisch oder manuell - auf das Vorhandensein von Mikroorganismen in der Raumluft beobachtet. Zusätzlich wurde überprüft, wie die Anfälligkeit zur Schimmelbildung auf Wärmebrücken vom Oberflächenmaterial und vom Raumklima abhängt, das wiederum durch die Lüftungsart beeinflusst wird. Die Arbeitsgruppe Innovative Projekte des Landes Niedersachsen hatte die Förderung übernommen.

Prüfsituation

Die beiden Prüfräume unterscheiden sich nur in der Art der Belüftung. Raum A ist mit einer Zuluftöffnung und einem einfachen Abluftventilator ausgestattet, der zweimal pro Tag über eine Zeitschaltuhr je 30 min. läuft. Mit dem Ventilator wird eine manuelle Fensterbelüftung simuliert. Raum B ist mit einer Lüftungsanlage mit Kreuzwärmetauscher ausgestattet. Der Volumenstrom der Zuluft ist mit Hilfe eines passiven Konstantvolumenstromreglers auf 30 m3/h geregelt. Der Abluftstrom ist mittels Drosselventil angepasst. Die durchschnittliche Luftwechselrate beträgt in beiden Räumen n = 0,5 h-1. Diese Vorgabe entspricht der DIN 1946 Teil 6 mit dem Ziel, bauphysikalische Schäden infolge zu hoher Raumluftfeuchte zu vermeiden.

Da an Wärmebrücken erst Kondensatbildung erfolgt, wenn die Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen groß genug ist und die relative Raumluftfeuchte ausreichend hoch ist, wurden die Prüfräume beheizt und befeuchtet. Damit soll ein potenzieller Raumnutzer simuliert werden. Der Mensch selbst gibt in Abhängigkeit seiner körperlichen Tätigkeit Wasserdampf ab und produziert durch Waschen, Kochen, Duschen usw. Feuchtigkeit, die in die Raumluft gelangt.

Beide Prüfräume sind mit einem elektrisch betriebenen Ölradiator mit Thermostat ausgestattet, um während der Wintermonate die Raumtemperatur auf 20 °C zu halten. Außerdem befindet sich in den Räumen je ein Luftbefeuchter mit einer Befeuchterleistung von etwa 0,36 l/h. Diese laufen zweimal am Tag für 3,5 Stunden (insgesamt 7 Stunden) und geben somit ein Volumen von ca. 2,5 I Wasser pro Tag an die Raumluft ab. Auf diese Weise soll der Bewohner und seine Feuchteproduktion simuliert werden.

Die künstlichen Wärmebrücken wurden durch Aussparungen der Innendämmung erzeugt. Es wurde ein Grundputz auf Kalkbasis direkt auf das Mauerwerk aufgetragen. Auf einer Testfläche wurde der Putz mit Tapete und auf der anderen Testfläche mit einer Dispersions-Innenfarbe versehen.

Untersuchung des Nutzerverhaltens in der Praxis

Das Fraunhofer-Institut hat das in Praxis anzutreffende Nutzerverhalten in insgesamt 67 Wohnungen untersucht (REISS et al. 2001).

Die Ergebnisse der Untersuchungen können wie folgt zusammengefasst werden:

• Die Außenlufttemperatur hat den größten Einfluss auf das Fensteröffnungsverhalten. Je wärmer es draußen wird, desto länger werden die Fenster geöffnet.
• Der Einfluss der Solarstrahlung und der relativen Außenluftfeuchte ist gering. Bei Windgeschwindigkeiten über 10 m/s reduzieren sich die Fensteröffnungszeiten.
• Wohnungen in Einfamilienhäusern weisen höhere Fensteröffnungszeiten auf. Dies wird auf die höhere Belegungsdichte von Mehrfamilienhäusern zurückgeführt.

Das Lüftungsverhalten über Fenster ist als Teil des gesamten Nutzerverhaltens extrem schwankend und daher die größte Unwägbarkeit bei bauklimatischen Untersuchungen überhaupt.

Grundlagen für Schimmelpilzbefall

Die wichtigste Voraussetzung für die Entstehung von Schimmelpilzwachstum ist das Vorhandensein von Feuchtigkeit und Nährstoffen. Da Schimmelpilze sehr anspruchslos sind, reichen Staubablagerungen bereits als Nährstoffquelle aus. Die Wachstumsparameter Temperatur und Feuchtigkeit sind eng verbunden. Um bei der minimalen Wasseraktivität wachsen oder keimen zu können, brauchen Pilze ihre optimale Temperatur. Bei Über- oder Unterschreiten des optimalen Wertes steigt der Anspruch an Feuchtigkeit.

Zusammenfassung der Wachstumsbedingungen nach Sedlbauer:

a) relative Luftfeuchte über 65 %,
b) Temperatur zwischen 0 und 50 °C,
c) a) und b) für mindestens 3 Stunden pro Tag anzutreffen
d) Nährstoffe z. B. in Form von Staub sind vorhanden
Lit: Sedlbauer et al. 1998

Messergebnisse auf den Wandoberflächen

Bei den Probenahmen in den Prüfräumen wurden Kontaktproben von den Testflächen genommen. Ein steriler Samtstempel wird auf die Testfläche und anschließend auf einen festen Nährboden gedrückt.

Während des ersten Winters haben sich im Raum A auf den Wärmebrücken keine Schimmelpilze entwickelt. Der erste Befall konnte ein Jahr später im Oktober festgestellt werden. Bis dahin handelte es sich bei den festgestellten Werten um normale Hintergrundbelastungen. Die beiden Testflächen im fensterbelüfteten Raum A zeigen dann einen deutlichen Befall mit Schimmelpilzen, der in den Monaten Oktober und November stetig zugenommen hatte.

Die Testflächen in Raum B mit Lüftungsanlage weisen hingegen keinen Pilzbefall auf. Bei einem Vergleich der Temperaturverhältnisse in den beiden Prüfräumen wird deutlich, dass bei intermittierender Fensterlüftung wie in Raum A stärkere Klimaschwankungen zu verzeichnen sind, als es bei einer kontinuierlichen Anlagenlüftung wie in Raum B der Fall ist.

Insbesondere kann bei intermittierender Fensterlüftung eine durchgängig höhere Raumluftfeuchte nachgewiesen werden, und zwar bei identischen Außenklimabedingungen, gleicher Feuchteproduktion und gleichem Tagesmittel der Luftwechselrate.

Problem der Filterverkeimung

Innerhalb der Lüftungsanlage und in dem so belüfteten Prüfraum B wurden Verschiebungen des mikrobiellen Artenspektrums gegenüber der Außenluft festgestellt. Diese Veränderungen in der Zusammensetzung der Pilzarten wurden in dem fensterbelüfteten Raum A in geringerem Maß beobachtet. Dies lässt den Schluss zu, dass eine Lüftungsanlage zu Veränderungen des natürlichen Artenspektrums führen kann. Bei den vom Hersteller vorgesehenen Filtern handelt es sich um Grobfilter. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Pilzsporen zum Teil filtergängig sind. Auf den Filtern wurden pathogene und toxinogene Arten bestimmt und es konnte in den Filtern das Mykotoxin Ochratoxin A nachgewiesen werden. Daher muss damit gerechnet werden, dass es zur Freisetzung vor allem kleinerer Partikel kommt, die gesundheitsschädigende Auswirkung auf den Raumnutzer haben können.

Der Nachweis von Pilzen und Verschmutzungen, die als Nährstoffe dienen, zeigen, dass das Potenzial zur Verkeimung einer Lüftungsanlage vorhanden ist. Bei erhöhter Luftfeuchte innerhalb der Lüftungsanlage kann es zu einer mikrobiellen Kontamination kommen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit eine mechanisch erzwungene Lüftung außerhalb der Heizperiode überhaupt sinnvoll ist, wenn sich hierdurch ein baubiologisches Gefährdungspotenzial entwickeln kann. Eine bauphysikalische oder energetische Motivation zur Anlagenlüftung außerhalb der Heizperiode besteht jedenfalls nicht.

Besonders wichtig: Bei der Planung und bei der Installation der Lüftungsanlage muss die Wartungsfreundlichkeit und Reinigungsmöglichkeit gewährleistet werden. Weiterhin ist eine gute Aufklärung des zukünftigen Raumnutzers notwendig. Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, dass die Filter regelmäßig fachgerecht gereinigt und nach Bedarf, spätestens ab nach einem Jahr, gewechselt werden.

Der vollständige Artikel mit Tabellen und Bildern kann in der Zeitschrift „Umwelt – Medizin – Gesellschaft“ Ausgabe 3/2010 nachgelesen werden.

Weitere Informationen

www.umwelt-medizin-gesellschaft.de





 


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