Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Schimmel unter dem Estrich beproben

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Im konkreten Fall war aufgrund einer unzureichenden Mauerwerksabdichtung Wasser in das Untergeschoss eines Mehrfamilienhaus eingedrungen und hatte eine Lagerfläche von achtzig Quadratmetern durchfeuchtet. Unter dem Zementestrich befindet sich eine Dämmschicht aus Polystyrol. Der hinzugezogene Baubiologe musste entscheiden, ob der Estrich komplett zu entfernen ist ober ob Trocknungsmaßnahmen ausreichend sind. Dazu ist die Art und Schwere der Schimmelbesiedelung labortechnisch zu analysieren.

Planung und Durchführung der Bauteilöffnung

Bei größeren Flächen sind die Entnahmestellen vorher zu bestimmen und in einen Lageplan einzuzeichnen. Es hat sich bewährt, die Öffnungen im Plan zu nummerieren. Die verschiedenen Probenahmebeutel erhalten die gleiche Nummer und ermöglichen somit die eindeutige Zuordnung und spätere Dokumentation. Zur Bauteilöffnung werden Kernbohrungen mit einem Durchmesser von 5 bis 8 Zentimetern durchgeführt. Eine leistungsfähige Bohrmaschine und scharfe Bohrkronen erleichtern die Arbeit wesentlich. Nicht zu vergessen ist die Mitnahme eines Industriestaubsaugers, um das gebohrte Material aus den Löchern abzusaugen. Je nach Art der Baukonstruktion lassen sich bestehende Öffnungen nutzen. Wurde beispielsweise eine vorhandene Trockenbauwand aus Sanierungsgründen bereits entfernt, dann kann der Probennehmer diese Öffnungen im Estrich für seine Entnahmezwecke nutzen.

Erste Einschätzung des Schadensfalles

Der Baubiologe schneidet mit einem langen und stabilen Messer Teile des Dämmmaterials heraus und entnimmt die Probestücke mit einer Greifzange durch das Bohrloch. Eventuell kann man an dieser Stelle schon entscheiden, ob eine Laboruntersuchung notwendig erscheint. Wenn die Dämmung extrem nass ist und sichtbar Schimmel enthält, dürfte die Diagnose eindeutig sein. Bei weniger eindeutigen Sachverhalten ist die Laboruntersuchung anzuraten. Im Zuge der Entnahmearbeiten führt der Probennehmer eine Feuchtmessung im Bohrloch durch. Mit Sonde und Messgerät wird die relative Luftfeuchte ermittelt und dokumentiert. Das obligatorische Foto von der Entnahmestelle schließt den Arbeitsgang ab. Je Bohrloch ist mit 20 bis 30 Minuten Aufwand zu rechnen.

Dies sind Kriterien für Sanierungsmaßnahmen

Der Grad der Sanierung richtet sich nach dem Ausmaß an Durchfeuchtung und Schimmelbelastung:
a) eine Bautrocknung ohne Estrichausbau kann genügen, wenn nur eine geringe Durchfeuchtung und kein bzw. lediglich ein mäßiger Schimmelbefall (<20 KBE) vorliegt. Die Bautrocknung muss kurzfristig, d.h. innerhalb von 3 Wochen nach dem Schadensfall durchgeführt werden. Zudem sollte sie technisch durchführbar und ökonomisch sinnvoll sein.
b) Bautrocknung und Desinfektion sind möglich bei einer mittleren Schimmelbelastung von 50 bis 200 KBE. Die Desinfektion muss technisch durchführbar und von einer anerkannten Fachfirma erfolgen.
c) ein Ausbau ist unumgänglich bei starker Durchfeuchtung und einer Schimmelbesiedelung von > 200 KBE je Nährboden.
Dem Sachverständigen kommt ein hohes Maß von Verantwortung zu. Die Festlegung von Anzahl und Lage der Probennahmen sind für die Analytik entscheidend. Eine fehlerhafte Einschätzung kann zu hohen Folgekosten für den Bauherren oder zu Regressansprüchen an den Gutachter führen.

Weitere Informationen

Xing-Forum: Fäkalhaltiges Wasser im Estrich
Beurteilung von mikrobiell befallenen Materialien aus der Trittschalldämmung






 


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