Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 28.03.2024

 

Radonschutzgesetz sorgt für Unsicherheit bei Bauträgern

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Am 31. Dezember 2018 trat das novellierte Strahlenschutzgesetz in Kraft. Es führt unter anderem zu stärkeren Auflagen bei Gewerbebauten und Privathäusern hinsichtlich Radonschutz. Mehrere Anfragen bei Baubiologie Regional zeigen, dass die Unsicherheit von Bauträgern im Umgang mit Radonschutzmaßnahmen bei Neubauten groß ist. In der Regel handelt es sich bei den Projekten um große Wohnbaumaßnahmen oder um Industriebauten. In diesem Fall müssen die Planer vor Beginn der Baumaßnahme ein weitläufiges Areal hinsichtlich Radonschutzmaßnahmen beurteilen. Nichtjuristen raufen sich schier die Haare, wenn sie einen Blick in den Gesetzestext des Bundes werfen. Denn die Paragraphen verteilen sich sowohl auf das eigentliche Strahlenschutzgesetz als auch auf die Strahlenschutzverordnung. Da auch die einzelnen Paragraphen noch Interpretationsspielraum lassen, sollte sich der betroffene Bauträger ergänzend beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) informieren. Einen Schnellüberblick zum Thema "Radonschutz" liefert der speziell zusammengestellte Auszug aus dem Gesetzestext von Joachim Weise für baubiologie-regional.de (siehe Ende des Textes).

Die Einstufung als Radonvorsorgegebiet entscheidet über den Umfang der Schutzmaßnahmen

In Radonvorsorgegebieten sind Bauherren verpflichtet, durch bauliche Maßnahmen weitgehend zu verhindern, dass Radon in das Gebäude eindringen kann. Radonvorsorgegebiete sind in vier Stufen eingeteilt. In Gebieten mit weniger als 20.000 Bequerel je Kubikmeter (Bq/m³) Radongas in der Bodenluft sind keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen (Stufe 0). Erforderliche Maßnahmen zum Feuchteschutz sind jedoch einzuhalten. Der Radonfachmann Joachim Kemski aus Bonn schätzt den Anteil dieser Gebiete auf maximal 30 Prozent in Deutschland.
Bei einem Radongasvorkommen von 20.000 bis 40.000 Bequerel je Kubikmeter im Boden gilt das Gebiet als Radonvorsorgegebiet der Stufe I. In diesem Fall muss der Bauherr die Bodenplatte und die erdberührten Wände mit einem für Radongas undurchlässigen Material abdichten. Bei Bauvorhaben im Radonvorsorgegebiet II mit einem Bodenluftanteil von größer 40.000 Bq/m³ müssen zusätzlich erdberührte Außenwände mit nicht-bindigem Material hinterfüllt werden.

Tipps für ein praktikables Vorgehen bei neuen Bauvorhaben

Bauträger sind nicht automatisch verpflichtet, Messungen der Bodenluft vornehmen zu lassen. Wichtig ist ein Blick in das Geoportal des Bundesamts für Strahlenschutz. Liegt das Bauvorhaben in einem "weißen" Gebiet, dann gilt es hinsichtlich Radongas als unbedenklich, d.h. der Jahresmittelwert von 300 Bq/m³ wird höchstwahrscheinlich nicht überschritten.
Zukünftige Baugebiete mit einem Radonvorkommen von größer 20.000 Bq/m³ (Stufe I) bergen aber bereits ein Risiko. In diesen "gelben" Gebieten sind Schutzmaßnahmen einzuplanen. Bei gewerblichen Bauten ist letztlich entscheidend, ob in den Arbeitsplätzen im Innenraum ein Jahresmittelwert von 300 Bq/m³ möglicherweise überschritten wird. Dieser Wert gilt für alle Arbeitsplätze in Untergeschossen oder in Erdgeschossen. Der Unternehmer als Bauherr wird zusammen mit den Planungsfachleuten überlegen, wo die Arbeitsplätze anzuordnen sind. Somit lassen sich Abdichtungsmaßnahmen auf eine Mindestfläche im Betriebsgebäude beschränken.
Zudem sieht der Paragraph 123 des Strahlenschutzgesetzes eine "Härteregelung" vor: In Absatz 3 heisst es, dass die zuständige Behörde von der Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 auf Antrag befreien kann, soweit die Anforderungen im Einzelfall durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte kann insbesondere vorliegen, wenn eine Überschreitung des Referenzwerts in dem Gebäude auch ohne Maßnahmen nicht zu erwarten ist. [Anm.: Möglicherweise könnte der Nachweis der Unbedenklichkeit mit einer Messung der Bodenluft geführt werden.]

Radonschutz ist Teil des Strahlenschutzgesetzes

Die gesetzliche Regelung zum Radonschutz ist eingebettet in das "Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz)" und die Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzes (Strahlenschutzverordnung). Der tief gestaffelte Gesetzestext verlangt vom juristischen Laien eine gewisse Ausdauer, bis die wichtigen Inhalte zum Radonschutz erkannt werden.
Sowohl im Gesetz als auch in der Verordnung findet man den Einstieg bei Artikel 1, Teil 4 "Strahlenschutz bei bestehender Exposition". Weiter geht es dann mit Kapitel 2 "Schutz vor Radon" und den Abschnitten 1 bis 3. Innerhalb der Abschnitte findet der Leser die Paragraphen 121 bis 132.
Die Strahlenschutzverordnung konkretisiert einzelne Paragraphen des Gesetzes, z.B. den § 121 "Festlegung von Vorsorgegebieten einschließlich der Verordnungsermächtigung". So lautet § 121 Absatz 1: "Die zuständige Behörde legt durch Allgemeinverfügung innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 die Gebiete fest, für die erwartet wird, dass die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft in einer beträchtlichen Zahl von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen den Referenzwert nach § 124 oder § 126 überschreitet."
§ 153 der Strahlenschutzverordnung ergänzt § 121 StrSchG, z. B. im Absatz 1 folgendermaßen: "Die zuständige Behörde hat die Festlegung der Gebiete nach § 121 Absatz 1 Satz 1 des Strahlen-schutzgesetzes auf Grundlage einer wissenschaftlich basierten Methode vorzunehmen, die unter Zugrundelegung geeigneter Daten Vorhersagen hinsichtlich der Überschreitung des Referenzwertes nach § 124 oder § 126 des Strahlenschutzgesetzes in der Luft von Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen ermöglicht. Geeignete Daten sind insbesondere geologische Daten, Messdaten der Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Bodenluft, Messdaten der Bodenpermeabilität, Messdaten zur Radon-222-Aktivitätskonzentration in Aufenthaltsräumen oder an Arbeitsplätzen sowie Fernerkundungsdaten."

Die Paragraphen zum Thema "Radonschutz" auf einen Blick

Bauherren, Architekten und ausführende Firmen erhalten einen schnellen Überblick zum Thema "Radonschutz" in einem speziell zusammengestellten Auszug aus dem Strahlenschutzgesetz und aus der Strahlenschutzverordnung. Die Übersicht wurde von Joachim Weise für baubiologie-regional.de zusammengestellt.
Link zum Auszug "Radonschutz": www.baubiologie-regional.de/download/Auszug-StrSchG.pdf

Noch keine DIN-Norm in Deutschland für Radonschutz; siehe dazu die Stellungsnahme des DIN-Normenausschusses
Stellungnahme des DIN-Normenausschuss Bauwesen zum Radongeschützten Bauen






 


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