Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 28.03.2024

 

Radioaktivität im Haus messen und bewerten

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Bedingt durch die Atomkatastrophe in Japan recherchieren viele Journalisten nun Hintergründe zur atomaren Technik. Wenn Begriffe wie Cäsium, Strontium oder Plutonium auftauchen, handelt es sich um künstlich in Kernkraftwerken erzeugte Radionuklide. Baubiologen beschäftigen sich vorrangig mit natürlicher radioaktiver Strahlung in Haus und Wohnung und am Arbeitsplatz.

Radioaktivität in Baustoffen

Baumaterialien enthalten eine mehr oder weniger große Menge an natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen. Von Bedeutung sind insbesondere die Isotope Kalium-40, Radium-226 und Thorium-232. Die Konzentration der Radionuklide variiert sowohl nach Art des Baustoffs als auch innerhalb gleichartigen Materials. Maßgebend dafür sind die Zusammensetzung, die Herkunft und das Herstellungsverfahren. Gesteine wie Granit und Bims können im Einzelfall überdurchschnittlich radioaktiv sein. Dagegen enthalten Sand, Kies, Kalkstein und Naturgips im allgemeinen nur geringe Mengen an Radioaktivität.

Alpha-, Beta-, Gammastrahlung

Damit sind die drei hauptsächlichen Zerfallsarten von Radionukliden genannt. Der Gammazerfall kann nur als unmittelbare Folge eines Alpha- bzw. Betazerfalls auftreten. Baubiologen interessiert in erster Linie die Qualität der abgegebenen Strahlung bei den Zerfallsprozessen.

Während Alphastrahlung durch ein Blatt Papier vollständig absorbiert wird, benötigt Betastrahlung ein Metallblech von einigen Millimetern. Zur hinreichenden Schwächung von Gammastrahlung braucht es eine dickere Schicht aus einem Material möglichst hoher Dichte.

Messgeräte zur Baustoffuntersuchung auf Radioaktivität

Die Messung der verschiedenen Strahlungsarten erfolgt in der baubiologischen Praxis mit dem Geigerzähler. Die gängigen Geräte sind mit einem Geiger-Müller-Zählrohr zum Nachweis selbst geringer Konzentrationen radioaktiver Alpha-, Beta- und Gammastrahlung ausgestattet. Um statistisch abgesicherte Messergebnisse zu erhalten, sollte der Messfehler bei Radioaktivitätsmessungen kleiner als 15% sein. Dafür müssen mindestens 1000 Impulse (radioaktive Zerfälle) verarbeitet werden. Bei durchschnittlichem Strahlenhintergrund ergibt sich bei einfachen Messgeräten eine Messzeit von mindestens 20 Minuten pro Messpunkt. Je hochwertiger die Messgeräte ausgestattet sind, desto schneller liegen verlässliche Ergebnisse vor. Die Anzeige kann in IPM (Impulse pro Minute), IPS (Impulse pro Sekunde), μSV/h (Mikrosievert je Stunde) erfolgen.

Bewertung der Gammastrahlung

Gemäß baubiologischem Standard (SBM-2008) werden die Werte auf die lokale Umgebungsstrahlung bezogen, mindestens jedoch auf 0,8 mSv/a bzw. 100 nSv/h (Durchschnitt in Deutschland). Bei deutlich höherer Umgebungsstrahlung gilt eine geringere prozentuale Dosisleistungserhöhung.Eine Dosisleistungerhöhung zwischen 70 und 100 % wird als stark auffällig, eine Erhöhung um 100 % als extrem auffällig eingestuft. Grundsätzlich sollte jede Art von ionisierender Strahlung vermieden werden.

Radongas und deren Zerfallsprodukte

Ein bedeutender gesundheitlicher Faktor ist das Auftreten von Radongas in Wohnhäusern oder Arbeitsstätten. Das Gas kann durch undichte Stellen in der Bausubstanz eindringen und sich je nach Luftdrucklage vom Keller aus in obere Stockwerke ausbreiten.
Hintergundbetrachtung: Radioaktive Atome sind instabil und zerfallen nach dem Zufallsprinzip in andere Zustände. Die Tochterkerne ihrerseits sind wieder radioaktiv und zerfallen gemäß ihren eigenen Halbwertszeiten. Auf diese Weise entsteht eine Abfolge von radioaktiven Zerfällen, bis schließlich ein stabiler Kern als Endprodukt übrig bleibt. Diese Aufeinanderfolge radioaktiver Zerfälle heißt Zerfallsreihe oder Zerfallskette. Aus den radioaktiven Zerfallsreihen von Uran oder Thorium, welches in mehr oder weniger hoher Konzentration überall im Boden vorkommt, ist Radon das erste Element, das gasförmig auftritt.

Radongas an sich ist gesundheitlich nicht problematisch, da es vom Körper wieder ausgeatmet wird. Die Zerfallsprodukte von Radongas sind allerdings nicht gasförmig. Sie lagern sich in der Luft an feinste Aerosole an und gelangen auf diesem Weg in die Lunge und evtl. in die Blutbahn. Somit befindet sich ein Alphastrahler in unmittelbarer Nähe der menschlichen Zellen.
Aus Radongas bilden sich folgende Zerfallsreihen:
Aus Radon 222 entsteht Polonium: Po-218 und Po-214
Aus Radon 220 (Thoron) bildet sich Po-216, Po-212 und Bi-212 (Bismut)

Messung und Auswertung von Radongas

Die Aktivitätskonzentrationen des Gases werden anhand der Folgeproduktaktivitäten berechnet, z.B. Po-218. Ein relativ kostengünstiges Gerät für das Datenlogging über mehrere Tage ist der DOSEman der Firma Sarad aus Dresden. Die Datenreihen werden in die passende Software ausgelesen und daraus die mittlere Konzentration in der Einheit Becquerel je Kubikmeter (Bq/m3) ermittelt. 1 Bq entspricht einem Kernzerfall pro Sekunde. Die Auswertung von Radon 222 ist damit sehr gut möglich. Bei der Bewertung von Thoron bestehen Messunsicherheiten. Zur simultanen Messung von Radon und Thoron siehe folgende Messanleitung der Firma Sarad: http://www.sarad.de/AN_004_Thoronmessung_DE_23_07_07.pdf

Bewertung der Messergebnisse

Der baubiologische Standard für Schlafplätze (SBM-2008) bewertet 30 bis 60 Bq/m3 als noch schwach auffällig, 60 bis 200 Bq/m3 als stark auffällig und Werte von größer 200 Bq/m3 als extrem auffällig. Das neue Radonschutzgesetz (Entwurf) sieht bei Neubauten einen Richtwert von 100 Bq/m3 vor.

Weitere Informationen

www.dguv.de/ifa/de/fac/strahl/pdf/radon.pdf
de.wikipedia.org/wiki/Radioaktivit%C3%A4t
odlinfo.bfs.de/





 


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