Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 28.03.2024

 

Maßnahmen zur Reduzierung von Nitrat und anderen Schadstoffen im Trinkwasser

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Acht Prozent aller Anlagen zur Trinkwasserversorgung in Bayern gelten als stark mit Nitrat belastet, davon überschreiten knapp drei Prozent den Grenzwert von 50 mg/L. Würde der Grenzwert für Nitrat in Deutschland auf 25 mg/L gesenkt werden, so wie es die europäische Union empfiehlt, dann könnten weitere 12% aller Trinkwasseranlagen in Bayern ihr Wasser nicht ohne Aufbereitung abgeben. Die Verfahren zur Schadstoffausleitung aus dem Wasser sind aufwändig und folglich mit hohen Kosten verbunden. Kein Wunder, dass die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen chemische oder biologische Verfahren vermeiden wollen und im Vorfeld zu alternativen Maßnahmen greifen.

Ersatz für stark belastete Entnahmestellen suchen

Nur zehn Anlagen werden in Bayern mit einer Trinkwasseraufbereitung für Nitrat betrieben. Denn bevor es so weit kommt, suchen Betreiber lieber Alternativen zu stark belasteten Entnahmestellen. Der Bau eines Ersatzbrunnens in einem neuen Grundwassergebiet, die Mitversorgung aus anderen Wasserfassungen der eigenen kommunalen Anlagen oder der Bezug von Fremdwasser aus der Fernversorgung gelten als gängige (Not-)Maßnahmen. Längst hat man erkannt, dass Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung von Nitrateinträgen in das Grundwasser unumgänglich sind. Seit Juni 2017 gilt die neue Düngeverordnung in Deutschland. Sie sieht im Kern vor, dass die Böden nur soweit mit Stickstoff gedüngt werden dürfen, wie die Pflanze die Nährstoffe aufnehmen kann. Eine Überschussproduktion von Stickstoffen soll vermieden werden. Zur Unterstützung der Bauern werden weitere Berater in den Landwirtschaftsämtern eingestellt. In Bayern gelten zudem Vereinbarungen mit den Landwirten auf freiwilliger Basis. So darf in Wasserschutzgebieten nur extensiver Anbau betrieben werden. Die Bauern erhalten dafür Ausgleichszahlungen aus dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP).

Ohne Schutzmaßnahmen wäre das Grundwasser ungenießbar

Dem bayerischen Landesamt für Umwelt ist bewusst, dass unser Grundwasser weit stärker belastet ist, als es die (Trinkwasser-)Statistiken aufzeigen. Den positiven Ergebnissen liegen bereits weitreichende Maßnahmen in den Schutzgebieten zugrunde. Als wichtiges Kriterium erweist sich die Auswahl des geeigneten Schutzgebietes. So sind Entnahmestellen bevorzugt in Waldgebieten zu finden. Darüber hinaus sorgen in zahlreichen Wasserschutzgebieten die Kooperationen zwischen Wasserversorgungsunternehmen und Landwirten zur grundwasserschonenden Bewirtschaftung. Die Fachbehörden kennen mittlerweile die Schwachpunkte der Wasserversorgung. Niedrige Niederschlagsmengen wie in Unterfranken verhindern die Verdünnung der Stickstoffe. Weiterhin begünstigen sehr durchlässige Böden den Nitrateintrag in das Grundwasser. Ohne Zweifel liegt das Hauptproblem in der zunehmend intensiven Landwirtschaft infolge des Betriebs von Biogasanlagen und von Massentierhaltung.

Vorstellung von Wasseraufbereitungstechniken

Wasseraufbereitungstechniken finden ihren Einsatz bei zentraler, öffentlicher Versorgung direkt an den Entnahmestellen. Sie dienen selten nur dem Zweck der Nitratentfernung, sondern auch zur Filterung, Enthärtung, Entsalzung und Entfernung weiterer Schadstoffe und Schwermetalle. Es handelt sich in der Praxis um komplexe Verfahren, die meistens in mehrstufigen Prozessen ablaufen. Mit dem Ionenaustauscher und der Umkehrosmose werden nachstehend zwei gängige Verfahren vorgestellt.

Der Ionenaustausch

Ionen sind positiv (Kationen) oder negativ (Anionen) geladene Teilchen. Das Material zur Wasseraufbereitung enthält Ionen gleichnamiger Ladung (plus oder minus) in gelöster Form. In den Handel kommt es als Säulen oder Membranen. Die auszutauschenden Ionen binden am Ionenaustauschermaterial, welches dafür eine äquivalente Ladungsmenge von vorher gebundenen Ionen in die Lösung abgibt. Die Austauscherharze werden je nach Art ihrer funktionellen Gruppen als Kationen-Austauscher zur Entfernung von Calcium und Magnesium oder als Anionen-Austauscher zur Entfernung von Sulfat oder Nitrat eingesetzt. Anionenaustauscher tauschen somit Anionen (negativ geladene Ionen) eines gelösten Salzes gegen andere Anionen aus. Wenn das Austauschmaterial vollständig mit Ionen gesättigt ist, muss es regeneriert werden. Die Regeneration von Ionenaustauschern beruht auf der Tatsache, dass der Ionenaustausch eine Gleichgewichtsreaktion ist. Im Geschirrspüler wird dafür Kochsalz (Natriumchlorid) verwendet. Paragraf 11 der Trinkwasserverordnung sieht eine Liste für zulässiges Austauschmaterial vor. Aktuell basieren Austauschharze hauptsächlich auf Polystyrol oder Polyacrylat.
Das CARIX-Verfahren zur Nitratentfernung stellt das Landesamt für Umwelt in Bayern (LfU) auf seiner Webseite vor. "Das CARIX®-Verfahren (Carbon Dioxide Regenerated Ion Exchangers) wird derzeit nur in der öffentlichen Wasserversorgung zur Entfernung von Härtebildnern, Sulfat, Chlorid und Nitrat eingesetzt. Dieses Verfahren kombiniert einen schwach sauren Kationenaustauscher und einen stark basischen Anionenaustauscher. Somit werden in dem Kationenaustauscher z.B. Magnesium oder Calcium gegen Wasserstoff-Ionen und in dem Anionenaustauscher z.B. Sulfat, Nitrat und Chlorid (Austausch in dieser Reihenfolge) gegen Hydrogencarbonat-Ionen ausgetauscht. Aus dem abgegebenen Hydrogencarbonat entsteht Kohlendioxid, welches zurückgewonnen und für die Regeneration genutzt werden kann. Das Abwasser enthält nur die zu entfernenden Ionen." Weitere Hinweise zu diesem Verfahren gibt das DVGW Arbeitsblatt W 235-3.

Die Umkehrosmose

Auslöser der natürlich ablaufenden Osmose ist der Unterschied zwischen den chemischen Potentialen eines oder mehrerer Stoffe, wobei die Teilchen der Komponenten in Richtung ihres niedrigeren chemischen Potentials durch eine Membran diffundieren. Bei der Umkehrosmose wird mit Druck der natürliche Osmose-Prozess umgekehrt. Salzhaltiges Wasser wird durch eine semipermeable (=halbdurchlässige) Membran gepresst und dabei in salzarmes Reinwasser sowie in stark salzhaltiges Abwasser aufgetrennt. Durch die dichte Membran werden weitgehend alle Wasserinhaltsstoffe entfernt. Haupteinsatzgebiete sind die Meer- und Brackwasserentsalzung. Im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung dient der Vorgang zum Enthärten und zum Entfernen von Nitrat oder Sulfat. Trinkwasser hat einen osmotischen Druck von weniger als 2 bar, der angewendete Druck für die Umkehrosmose von Trinkwasser beträgt 3 bis 30 bar, je nach verwendeter Membran und Anlagenkonfiguration. Um chemische Beschädigungen der Membran z.B. durch Chlor zu verhindern, kann ein Aktivkohlefilter vorgeschaltet werden.
Das Verfahren der Umkehrosmose hat einige Nachteile. Verfahrensbedingt fällt ein verhältnismäßig hoher Anteil als salzreiches Abwasser an. Weiterhin ist die Membran nicht spülbar, wodurch gegebenenfalls eine Vorbehandlung des aufzubereitenden Wasser notwendig wird. Schließlich ist noch zu prüfen, ob das Wasser zusätzlich entsäuert oder aufgehärtet werden muss.

Zu beachten sind weitere Schadstoffe außer Nitrat im Trinkwasser

Der Trinkwasserbericht des Umweltbundesamt für die Jahre von 2011 bis 2013 zeigt auf, dass der Schadstoffanteil im Trinkwasser kleiner 0,5 Prozent beträgt. Am häufigsten werden Bakterienarten befunden, wie zum Beispiel coliforme Bakterien, Escherichia coli (E.coli) oder Enterokokken. In der Gruppe der Schwermetalle treten am häufigsten Nickel, Blei und Kupfer auf. Pestizide finden sich nur vereinzelt (0,1% Anteil), unter anderem Glyphosat, Dimethylsulfamid, Desphenyl-Chloridazon, Bentazon und Bromacil. Als weitere Auffälligkeiten sind im Bericht des Umweltbundesamtes Trübungen und geschmackliche Unnormalitäten vermerkt.

Weitere Informationen

www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/zu-viel-duenger-trinkwasser-koennte-teurer-werden
www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umwelt_und_gesundheit_02_2015_trinkwasserbericht_des_bmg.pdf
www.lfu.bayern.de/wasser/grundwasserbeschaffenheit/nitrat_psm/index.htm
www.buzer.de/Anlage_9_Duengeverordnung_DUV.htm
www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/agrarpolitik/dateien/massnahmenuebersicht_kulap.pdf
www.lfu.bayern.de/wasser/merkblattsammlung/teil1_grundwasserwirtschaft/doc/nr_162.pdf
www.baubiologie-regional.de/news/Zuviel-Nitrat-im-Grundwasser-824.html
prozesstechnik.industrie.de/chemie/verfahren-chemie/biotechnologie/elektrochemisch-nitrat-entfernen/
de.wikipedia.org/wiki/Wasseraufbereitung
de.wikipedia.org/wiki/Ionenaustauscher
de.wikipedia.org/wiki/Umkehrosmose
www.heinersreuth.de/resources/TWU13.03.18KitaAltenplos.pdf
www.dvgw.de/





 


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