Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 19.04.2024

 

Kritik an Wärmedämmverbundsystemen aus Polystyrol

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Von Spechtlöchern in der Fassade, Bauschäden, Umweltgiften und einem Brandrisiko bei Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) berichtete der NDR in der TV-Sendung vom 28.11.2011. Der Dämmstoffboom setzt sich seit mehreren Jahren durch die immer höheren Anforderungen der Energieeinsparverordnung und die steigenden Kosten für Heizenergie fort. Die Investitionssumme für ein WDVS der Fassade ist beträchtlich: von ca. 25 T-EUR für ein Einfamilienhaus bis zu mehreren 100 T-EUR für große Einheiten im Mietwohnungsbau. Aus diesem Grund wird vordergründig nach der billigsten Lösung gesucht. Allein von den Anschaffungskosten her betrachtet ist deshalb ein WDVS aus Polystyrol die erste Wahl.

Woraus besteht ein WDVS aus Polystyrol (PS)?

Der Ausgangsstoff Polystyrolgranulat wird mithilfe von Wasserdampf aufgeschäumt. Das Ergebnis nennt sich "expandierter Polystyrolpartikelschaum" - kurz EPS. Die EPS-Kügelchen werden anschließend in einer weiteren Heißdampfbehandlung zu sechs Meter hohen Blöcken "verbacken". Später werden sie in handliche Scheiben geschnitten. Die graue Farbe erhält das Styrol durch beigemischtes Graphit, das die Wärmedämmung verbessern soll. Die Dämmwirkung entsteht durch den Lufteinschluss, der im Herstellungsprozess von PS entsteht.

So erfolgt die Montage der Dämmplatten

Die Dämmplatten werden im Punkt-Randverfahren auf die gesäuberte Fassadenfläche aufgeklebt und mit Spezialdübeln zusätzlich verankert. Darauf kommt ein Putz mit Armierungsgewebe und darauf wiederum ein Oberputz, meistens als Silikatputz. Als letzter Arbeitsgang wird die Fassade gestrichen.

Chemische Zusätze zur Abwehr von Pilz- und Algenbefall

Der Dämmstoffindustrie ist mittlerweile bekannt, dass WDVS aus PS nach mehreren Jahren feucht werden können und damit einen Nährboden für Pilze und Algen bilden. Deshalb kommen sowohl in den Putz als auch in die Farbe chemische Zusätze zur Abwehr von Algen- und Schimmelpilzbefall. Ein Mitarbeiter der Hochschule für Technik Wapperswil (Schweiz) forscht zu diesem Thema. Er stellte fest, dass die Biozide nach etwa fünf Jahren durch Witterungseinflüsse aus der Fassade ausgewaschen sind. Ob dies wohl Berechnung ist? Bekanntlich endet nach fünf Jahren bei vielen Bauvorhaben die Gewährleistungsfrist.

Biozide als Gefahr für das Grundwasser

Das Bundesumweltamt hat nach NDR-Recherche keine Daten zur Wasserverschmutzung durch Biozide aus WDVS vorliegen. Die Eidgenössische Anstalt für Gewässerschutz in der Schweiz geht von ähnlichen Einträgen aus wie sie von der Landwirtschaft kommen. Eine Auswirkung auf das Ökosystem "Wasser" ist zu befürchten. Das Ausmaß kann im Augenblick kaum abgeschätzt werden.

Bauschäden durch feuchte Dämmung

Der Dämmstoffkritiker Konrad Fischer erläuterte das Problem folgendermaßen: Durch klimatische Veränderung im Tag und Nachtrhytmus erhöht sich die Belastung der Fassade. Tags ist es warm und feucht, nachts kondensiert die warme Luft und schlägt sich auf der Fassade nieder. Wenn im Laufe der Zeit Risse entstehen, dringt die Feuchtigkeit in den Dämmstoff ein. Das System ist nicht selbsttrocknend und kann mit der Zeit immer mehr durchfeuchten. Ein feuchtes Material hat keine Dämmwirkung und kann folgende Schäden anrichten: Schimmelpilzwachstum fördern, die darunterliegende Wand durchfeuchten und evtl. Eisenträger korrosieren lassen. Wenn das WDVS nach nur zehn Jahren wieder entfernt werden müsste, wäre dies für den Bauherren eine finanzielle Katastrophe!

Brandschutz muss beachtet werden

WDVS aus PS werden als schwer entflammbar eingestuft. Allein mit einem Feuerzeug lässt es sich nicht entzünden. Was passiert, wenn ein starkes Feuer einwirkt? Der NDR wies in einem Eigenversuch bei der Materialprüfungsanstalt Braunschweig nach, dass z.B. ein Zimmerbrand durch ein gebrochenes Fenster schnell auf das WDVS übergreifen kann und sich bis zum Dachstuhl hochfrisst. Dadurch sind Menschenleben in Gefahr. Ähnliche Brände gab es bereits in Berlin-Pankow und in Delmenhorst.
Mehr Sicherheit würde eine Brandsperre über jedem Fenster bringen. Die gegenwärtigen Brandbestimmungen verlangen aber lediglich einen umlaufenden Brandriegel in jedem zweiten Geschoss. Bei einer Dämmstärke unter 10 cm wird gar keine Brandsperre verlangt.

Fazit des NDR-Filmbeitrages

Ein Wärmedämmverbundsystem muss brandsicher, diffusionsoffen, sturmsicher, langlebig sein und ohne chemische Beimengungen auskommen. Systeme, welche all diese Eigenschaften erfüllen, wurden leider nicht vorgestellt. Zumindestens machte der Filmbeitrag die Zuschauer aber sehr nachdenklich. Die zunächst billigste Lösung kann im schlimmsten Fall zum finanziellen Desaster für den Bauherren führen.

Weitere Informationen

www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/videos/minuten385.html





 


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