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Bayreuth, 26.04.2024

 

Hintergrund-Information: Benzenbelastung (Benzol-) nach Chemieunfall in China

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Ein Chemieunfall in der nordostchinesischen Provinz Heilongjiang Mitte November ist Ursache für die derzeit erhöhte Belastung des Flusses Songhua mit Benzen und Nitrobenzen. Die flussabwärts gelegene Stadt Harbin bezieht aus dem Fluss einen großen Teil ihres Trinkwassers. Zum Schutz der Bevölkerung wurde nun die Wasserversorgung für einige Tage eingestellt.

Das GSF-Forschungszentrum gibt einige Hintergrundinformationen zu möglichen Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Benzen im Fluss- und Trinkwasser:

Benzen (C6H6, früherer Begriff: Benzol) ist eine farblose Flüssigkeit mit charakteristischem "aromatischen" Geruch (siehe Foto links). Der Stoff ist der einfachste und zugleich bekannteste Vertreter der aromatischen Kohlenwasserstoffe. Unter Normalbedingungen ist Benzen brennbar, chemisch stabil und in Wasser mäßig löslich. Durch einen hohen Dampfdruck wird es auch aus Flüssigkeiten schnell in die Luft abgegeben.

Benzen ist Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Produkten wie Kunststoffe (z.B. Polystyrol), Harze, Pflanzenschutzmittel, Farbstoffe oder Waschmittel. Es entsteht bei der Raffination von Erdöl und ist auch im Benzin vorhanden.

Wirkung

Die akute Toxizität von Benzen ist gekennzeichnet durch Symptome am Zentralnervensystem. Bei schweren Vergiftungen kann es zu Bewusstlosigkeit, Atemlähmung und anderen schweren Symptomen kommen. Leichtere Intoxikationen führen zum Auftreten von unspezifischen Symptomen wie Kopfdruck, Schwindelgefühl, Benommenheit oder Brechreiz.

Die chronische Belastung führt zu einer Reihe unspezifischer Symptome. Zunächst treten Müdigkeit, Schwäche und Schlaflosigkeit auf, es kommen Schwindel, Übelkeit Kopfschmerzen sowie unter anderem Augenflimmern und Herzklopfen hinzu. Funktionelle und histologische Veränderungen verschiedener Organe sind ebenfalls beschrieben.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts geriet Benzen in den Verdacht, blutschädigend und leukämieauslösend zu wirken. Epidemiologische Studien an exponierten Arbeitern ergaben einen eindeutigen Zusammenhang mit der Entstehung von Leukämien und einen möglichen Zusammenhang mit anderen Veränderungen.

Im Tierversuch erwies sich der Nachweis der kanzerogenen Wirkung von Benzen über lange Zeit als schwierig. Bei hohen Dosen und Konzentrationen führen Inhalationsstudien und Versuche an Mäusen und Ratten zur Auslösung von Leukämien sowie Lymphomen und anderen Tumoren.

Grenzwerte und mögliche Gesundheitsrisiken

Der WHO-Leitwert für Benzen im Trinkwasser liegt bei 10 Mikrogramm pro Liter Wasser, in der deutschen Trinkwasserverordnung ist der gleiche Wert festgeschrieben. Laut Angabe der chinesischen Behörden ist die Benzenbelastung in dem Flusswasser gegenüber dem nationalen Grenzwert cirka 100fach erhöht, liegt also - vorausgesetzt der Grenzwert entspricht WHO-Vorgaben - bei etwa 1 Milligramm Benzen pro Liter.

In Deutschland hat das Umweltbundesamt im Jahr 2003 nach Anhörung der Trinkwasserkommission für kurz- und langfristige Trinkwasserbelastungssituationen so genannte Maßnahmenwerte bekannt gegeben, oberhalb derer die Gesundheitsämter Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit ergreifen sollen. Der kurzfristige Maßnahmenwert für Benzen liegt bei 0,02 mg.

Die Maßnahme der chinesischen Behörden, die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung aus dem belasteten Flusswasser vorübergehend abzustellen, ist daher nach deutschen Empfehlungen als sinnvoll einzuschätzen.

Grundsätzlich kann für Benzen aufgrund seiner Krebs erzeugenden Wirkung kein Wert angegeben werden, unterhalb dessen eine gesundheitliche Gefährdung auszuschließen ist. Eine Belastung ist also in jedem Falle zu vermeiden oder zu minimieren. Dem gegenüber zu stellen ist, dass Trinkassergrenzwerte generell für Gesundheitsrisiken berechnet werden, die aus einer lebenslangen Belastung resultieren. In diesem Sinne sind kurzfristige, moderate Überschreitungen zwar nicht akzeptabel, aber im Sinne der Gesundheitskonsequenzen auch nicht überzubewerten.

Situation in Deutschland

Hauptemissionsquelle für Benzen ist bei uns der Kraftfahrzeugverkehr, die Hauptexposition erfolgt daher über die Luft. Entsprechende Risikoabschätzungen geben als Ergebnis so genannte Unit-Risk-Werte an, also die Wahrscheinlichkeit, bei lebenslanger Belastung mit Benzen in Höhe des Grenzwertes an Krebs zu erkranken. Diese Werte sind für eine kurzfristige Belastung über den Trinkwasserpfad - wie sie in dieser Unfallsituation gegeben wäre - nicht aussagekräftig.

Belastungen des Trinkwassers mit Benzen durch kontaminiertes Flusswasser sind in Deutschland äußerst unwahrscheinlich, da wir kaum Oberflächenwasser, sondern zu über 90 Prozent Grundwasser für die Trinkwasseraufbereitung verwenden. Lediglich in Gebieten, in denen Trinkwasser auch durch Uferfiltration gewonnen wird, wie zum Beispiel im Bereich der großen Flüsse Rhein und Elbe, wäre eine vergleichbare Gefährdung nach einem Unfall denkbar. Hier sorgt aber eine im Bedarfsfall - z.B. auch bei Hochwasserereignissen - zugeschaltete Aktivkohleaufbereitung für die rasche Elimination flüchtiger organischer Verbindungen.

Risiken für die Umwelt nach dem Chemieunfall in China

Das gelöste oder in Phase vorliegende Benzen im Flusswasser des Songhua wird mit dem Fluss abtransportiert und auf seinem Weg stark verdünnt. Benzen wird dabei unter aeroben Bedingungen gut und relativ schnell abgebaut, so dass es in einem gut durchmischten Fluss kein großes Belastungsproblem auf lange Zeit geben dürfte. Es ist aber davon auszugehen, dass Benzen dennoch in sehr geringen Mengen auch noch bis ins Meer gelangen wird, da der Abbau bei sehr kleinen Konzentrationen nur sehr langsam erfolgt.

Ein großes Problem entsteht dadurch, dass das Benzen auch in das Sediment des Flusses eingetragen wird und dort - bei anaeroben Bedingungen - der Abbau extrem langsam vonstatten gehen wird. Dadurch entsteht hoch kontaminiertes Sediment, das über längere Zeiträume hinweg Benzen freisetzen wird. Zum einen ist damit zu rechnen, dass das Benzen so über längere Zeiträume in der Nahrungskette des Flusses bleibt. Zum anderen wird auch das Wasser mittelfristig mit niedrigen Konzentrationen kontaminiert bleiben.

Sollte das Trinkwasser über Uferfiltration gewonnen werden, besteht somit die Gefahr, dass dieses Trinkwasser ohne eine Aufbereitung mit Aktivkohle über längere Zeit ungenießbar bleibt.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die GSF- Pressestelle:

GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel: 089/3187-2460
Fax 089/3187-3324
E-Mail: oea@gsf.de

URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news138304 Der idw




Weitere Informationen

www.helmholtz-muenchen.de





 


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