Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 28.03.2024

 

Gesundheitsrisiko für Reinigungskräfte

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Eine Langzeitstudie der Universität Bergen in Norwegen sollte wissenschaftlich ergründen, ob der dauerhafte Gebrauch von Putzmitteln die Lungenfunktion beeinträchtigt oder gar zu einer Zerstörung der Atmungsorgane (COPD) führt. Begründung: Von professionellen Reinigungskräften und von Personen, die zu Hause putzten, wurden immer wieder gesundheitliche Beinträchtungen der Atmungsorgane berichtet, ohne dass dafür ein langfristiger und systematischer Nachweis geführt wurde. Die aktuelle Studie, veröffentlicht im Februar 2018, stützt sich auf die Befragung von 6.200 Teilnehmern, die sich zusätzlich mindestens einem Lungenfunktionstest unterzogen. Die Hauptstärken der Untersuchung sind der lange Untersuchungszeitraum von mindestens zwanzig Jahren, die Lungenfunktions-Messungen zu drei Zeitpunkten und die große Anzahl von Teilnehmern mit umfangreichen Daten. Damit stellten die Autoren sicher, dass jeder Teilnehmer gut charakterisiert war und es genügend Daten gab, um potenzielle Störfaktoren wie z.B. das Rauchen zu bewerten. Die Lungenfunktionsprüfung umfasste die Messung der maximalen Lungenkapazität und das Ausatemvolumen innerhalb einer Sekunde.

Fazit: Reinigungsmittel schädigen die Lungenfunktion langfristig

Die Autoren führen zum Ergebnis der Studie wörtlich aus: "Nach unserem Kenntnisstand ist diese Analyse die erste, die sich mit dem Rückgang der Lungenfunktion in Bezug auf die Reinigung im Berufsleben oder zu Hause befasst. Im Allgemeinen bestätigen unsere Ergebnisse die in der Literatur gefundenen Angaben zu reinigungsbedingten Asthmaerkrankungen. Frühere Langzeitstudien zur beruflichen Reinigung hatten ein erhöhtes COPD-Risiko gezeigt. In der vorliegenden Studie gab es relativ wenige Fälle von COPD-Vorfällen. Diese erreichten somit keine statistische Signifikanz. Unsere Studie deutet hingegen auf einen kontinuierlichen Abfall der Lungenkapazität verursacht durch Reinigungsmittel hin." Ganz ausschließen wollten die Forscher das COPD-Risiko jedoch nicht. Als Gründe nannten sie das niedrige Durchschnittsalter der Teilnehmer, welches zu Beginn bei 34 Jahren und bei Studienende bei 54 Jahren lag.

In erster Linie sind Frauen betroffen

Es gab keinen beschleunigten Rückgang der Lungenfunktion bei Männern. Es ist wahrscheinlich, dass die Exposition bei Männern, die als Reinigungskräfte arbeiten, von denen bei Frauen abweicht. Ein Grund könnte auch die geringe Anzahl männlicher beruflicher Reinigungskräfte (n = 57) sein, verglichen mit Männern, die nicht reinigten. Es mag überraschen, dass von den betroffenen Frauen rund 85% zu Hause reinigten und nur 15% diese Arbeit beruflich ausführten. Frauen, die nicht als Reinigungskräfte arbeiten und nicht zu Hause reinigen, wiesen den niedrigsten Rückgang der Lungenfunktion auf. Weibliche Berufsreiniger, darunter auch diejenigen, die zusätzlich noch zu Hause reinigen, hatten das höchste gesundheitliche Risiko.

Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) vermeiden

Die meisten Reinigungsmittel wirken reizend auf die Schleimhäute der Atemwege. Einige Reinigungsmittel können auch sensibilisierende Eigenschaften durch spezifische immunologische Mechanismen haben. So ist bekannt, dass quartäre Ammoniumverbindungen sensibilisierend und reizend auf die Atemwege wirken. QAV haben oberflächenaktive Eigenschaften und werden als Tenside in Produkten wie Weichspülern, als Invertseifen oder als Antistatika (z. B. in Shampoos) eingesetzt. Aufgrund ihrer Desinfektionswirkung werden sie auch zu den Bioziden gezählt. Im öffentlichen und industriellen Bereich finden sie in Krankenhäusern und bei der Lebensmittelverarbeitung Verwendung.

Maßnahmen im Arbeitsschutz

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat sich auf ihrer Webseite noch nicht zu möglichen Konsequenzen aufgrund der oben genannten Forschungsarbeit geäußert. Grundsätzliche Maßnahmen im Umgang mit Reinigungs- und Pflegemittel zeigt die Informationsschrift DGUV-Regel 101-019 auf. Speziell mit Desinfektionsarbeiten im Gesundheitsschutz setzt die sich GUV-R-206 auseinander. Ein kurzer Blick in die Regelwerke verdeutlicht, welch hohen Aufwand Arbeitgeber von Reinigungskräften betreiben müssen, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Wie die große Zahl der putzenden Frauen im Privatbereich auf das Gesundheitsrisiko aufmerksam gemacht werden sollen, ist noch nicht absehbar.

Links

www.thoracic.org: women cleaners lung function (Studie in englisch)
Umweltbundesamt: Inhaltsstoffe in Wasch- und Reinigungsmitteln
Umweltbundesamt: Leitfaden zur Beschaffung von Reinigungsmitteln (pdf)






 


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