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Bayreuth, 20.04.2024

 

Acrylamidgehalte in Lebensmitteln sinken nur geringfügig

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„Empfehlungen für gute Herstellungspraxis“ sollen mehr Verbindlichkeit schaffen
Kartoffelchips, Knäckebrot, Kaffeeersatz (Malzkaffee etc.), Lebkuchen und Mürbegebäck enthielten im vergangenen Jahr durchschnittlich weniger Acrylamid. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung von Länderdaten des Berichtszeitraums 2004/2005, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) heute in Bonn vorstellte.

Zugenommen hat die mittlere Acrylamidbelastung bei Müsli und Cornflakes, zubereiteten Pommes frites und Kartoffelpuffern sowie Spekulatius, Zwieback und Keksen für Säuglinge bzw. Kleinkinder.

Während die mittlere Belastung in diesen Warengruppen zunahm, sank die Anzahl der Produkte mit besonders hoher Acrylamidbelastung. Dies führte bei Frühstückscerealien, zubereiteten Pommes frites sowie Zwieback und Keksen für Säuglinge bzw. Kleinkinder zu einer Absenkung der Signalwerte.

Bei Röstkaffee, Diabetikerdauerbackwaren und löslichem Kaffee verharrten die Medianwerte auf dem Vorjahresniveau. Bei den Diabetikerdauerbackwaren konnte die Zahl der hoch belasteten Produkte deutlich gesenkt werden, so dass der Signalwert von 1000 auf 545 Mikrogramm je Kilogramm gesenkt wurde.

Bei Röstkaffee, löslichem Kaffee und Kaffeeersatz scheinen dagegen die Grenzen der technologisch realisierbaren Minimierung erreicht. Eine weitere Reduzierung der Acrylamidgehalte wäre bei vielen Kaffeeprodukten nur durch gravierende Änderungen der Verarbeitung möglich. Dies führte zu einer deutlichen Veränderung der Produkte, so dass diese möglicherweise nicht mehr den Verbrauchererwartungen entsprächen.

Die neuen Erkenntnisse der Überwachungsbehörden und die aktuellen Forschungsergebnisse zur Reduzierung der Acrylamidbelastung bieten nach Ansicht des BVL die Möglichkeit, die bestehenden „Empfehlungen für eine gute Herstellungspraxis“ zu ergänzen.

Diese Leitlinien müssen von der betroffenen Wirtschaft im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht konsequent und durchgängig umgesetzt werden. Um weitere Möglichkeiten der Acrylamidminimierung im gesamten Lebensmittelangebot auszuschöpfen, sollte nach Auffassung des BVL ein verbindlicher Ansatz auf europäischer Ebene angestrebt werden.

Einen Ansatzpunkt zur weiteren Reduzierung der Acrylamidgehalte sieht das BVL in der Nutzung bereits vorhandener und der Züchtung neuer Kartoffelsorten, die in der Verarbeitung geringere Mengen Acrylamid bilden. Gemeinsam mit dem Bundessortenamt will das BVL die Wirtschaft verstärkt auf besonders geeignete Kartoffelsorten hinweisen.
Hintergrundinformationen
Wie wird der Signalwert ermittelt?
In den jeweiligen Warengruppen werden die am höchsten belasteten Produkte identifiziert. Der unterste Acrylamidwert dieser zehn Prozent am höchsten belasteten Lebensmittel wird dann als Signalwert festgelegt. Grundsätzlich gilt ein maximaler Signalwert von 1000 µg/kg.

Wird der Signalwert oder ein Gehalt von mehr als 1000 µg/kg überschritten, so treten die Überwachungsbehörden der Länder in einen Minimierungsdialog mit den betroffenen Herstellern ein. Durch Änderungen der Rezeptur oder des Herstellungsverfahrens wird dann versucht, den Acrylamidgehalt zu reduzieren. Die dadurch erreichten niedrigeren Konzentrationen fließen im darauf folgenden Jahr in die neuen Signalwert-Berechnungen ein. Dadurch erfolgt eine kontinuierliche Verminderung der Acrylamidgehalte in den betroffenen Lebensmitteln.

Wie entsteht Acrylamid?
Acrylamid entsteht im Zuge der „Bräunungsreaktion“, wenn stärkehaltige Lebensmittel gebraten oder gebacken, frittiert oder geröstet werden. Die Substanz löst im Tierversuch Krebs aus und schädigt das Erbgut. Das Bundesinstitut für Risikobewertung geht davon aus, dass diese gesundheitsschädigenden Wirkungen mit großer Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen auftreten. Es gilt daher, gemeinsam mit der Wirtschaft Herstellungsverfahren zu entwickeln, bei denen die Entstehung von Acrylamid vermieden wird.

Acrylamid in Lebensmitteln - Was ist Acrylamid?
Schwedische Wissenschaftler berichteten im April 2002 über den Nachweis von Acrylamid in einer Vielzahl von Lebensmitteln. Die Substanz entsteht bei der Herstellung und Zubereitung von Lebensmitteln im gewerblichen und häuslichen Bereich. Voraussetzung für das Entstehen von Acrylamid ist das Vorhandensein von reduzierenden Zuckern (Glucose, Fructose) und der Aminosäure Asparagin im Lebensmittel.

Diese Bausteine befinden sich insbesondere in Getreide und in Kartoffeln. Damit Acrylamid entsteht, müssen diese Bausteine miteinander reagieren. Acrylamid entsteht insbesondere bei Erhitzung über 120 Grad Celsius wie beim Rösten und Frittieren. Die Bildung ist abhängig von der Erhitzungsdauer sowie vom Wassergehalt des Lebensmittels. Ob Acrylamid auch aus anderen Bestandteilen von Lebensmitteln gebildet werden kann, ist zurzeit noch nicht zu beantworten.

Aufgrund der vielen Einflussfaktoren lässt sich die Höhe der Bildung von Acrylamid bislang schwer voraussagen. Im Rahmen von Forschungsarbeiten versucht man Einflüsse, welche beispielsweise durch Rohstoffe oder technologisch bedingt sind, zu klären. Einige wichtige Hinweise konnten bereits aus Versuchen gewonnen werden. Ziel ist es, Prozess- und Zubereitungstechniken zu entwickeln, die zu einer geringeren Bildung von Acrylamid in Lebensmitteln führen.

Acrylamid wirkt im Tierversuch Krebs erzeugend und Erbgut verändernd. Für die Krebs erzeugende Wirkung wird ein genotoxischer Mechanismus angenommen. Die bisher unzureichende Datenlage lässt jedoch eine abschließende Risikobewertung zum Gefährdungspotenzial von Acrylamid beim Menschen nicht zu. Eine Grenzwertfestsetzung ist daher zurzeit weder toxikologisch begründbar noch technologisch umsetzbar.

Eine wirksame Strategie zum Schutz der Verbraucher liegt deshalb darin, unabhängig von der gesundheitlichen Bewertung der Acrylamidgehalte einen Prozess zur schnellen und möglichst vollständigen Vermeidung von Acrylamid bei der Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln durchzuführen.

Das Ziel einer stufenweisen Absenkung der Acrylamidgehalte wird mit Hilfe des dynamischen Minimierungskonzepts verfolgt: Etwa 10.000 Untersuchungsergebnisse, die vorwiegend aus der Lebensmittelüberwachung der Länder stammen, wurden bislang vom BVL ausgewertet (Stand 21.10.2005).



Weitere Informationen

www.bvl.bund.de





 


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