Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 06.05.2024

 

Wenn sich plötzlich der Bodenbelag hebt

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Der Echte Hausschwamm wuchs im Verborgenen -

Als Corinna Scharf im Juni abends auf der Couch saß, bemerkte sie eine Wölbung der Dielenbretter zur Außenwand. "Das Holz wird sich wohl verzogen haben", war ihr erster Gedanke. Doch leider war dies erst der Anfang des Dramas. Eine Woche später wuchs ein farbiger Pilz zwischen Wand und Fußboden heraus. Plötzlich wurde allen Familienmitgliedern klar, dass sich ein größerer Schaden abzeichnen könnte. Der beigezogene Handwerker öffnete den Boden auf einer Fläche von einem halben Quadratmeter und stellte fest, dass die Lagerhölzer braun gefärbt waren und eine rissige Struktur aufwiesen. Der Pilz hatte bereits weite Teile des Holzes im Boden angegriffen.

Der Sachverständige soll das Schadensausmaß klären

Bei Pilzvorkommen in einem holzigen Material ist abzuklären, ob ein Befall von Echtem Hausschwamm vorliegt. Der lateinische Name Serpula lacrymans ist den meisten Sachverständigen geläufig. Der Pilz wächst oft unbemerkt und kann sich schnell in der Gebäudesubstanz ausbreiten. Er hat sogar die Fähigkeit, in Mauern einzuwachsen und das Gebäude zu destabilisieren. Serpula lacrymans reagiert empfindlich auf Luftzug, deshalb entwickelt sich der Hausschwamm bevorzugt hinter Wandverkleidungen, in Zwischendecken und unter Dielenbrettern. Er braucht wie jeder andere Pilz als Nahrungsgrundlage organische Substanzen und ernährt sich nicht aus dem Mauerwerk. Neben Holz kann er andere zellulosehaltige Substanzen wie z.B. Tapeten, Bücher, Rohrgeflechte ober selbst Leder und Kartoffeln angreifen.
Der Sachverständige Sven Krüger nahm mehrere Materialproben und gab sie in ein Fachlabor zur mikroskopischen Bestimmung. Das optische Erscheinungsbild mit dem braunen Fruchtkörper, der orangefarbenen Fruchtschicht und dem hellen Rand sowie die enorme Zerstörungskraft ließen auf den Echten Hausschwamm schließen. Nach acht Tagen kam das Laborergebnis und bestätigte die Vermutung: Serpula lacrymans war am Werk. Das Labor konnte ein helles Strangmycel am Holz und in einem weiteren Materialstück eindeutig zuordnen.

So entwickelte sich der Schaden

Ein rund zweihundert Jahre altes Bauernhaus mit einem Gewölbekeller sollte im Erdgeschoss Anfang 2021 eine neue Nutzung erhalten. Der bisherige Schlackenboden wurde entfernt und die Lagerhölzer für den Oberboden in eine perliteähnliche Schüttung eingebettet. Zwischen dem Oberboden aus Dielenbrettern lag eine Korkschicht und eine OSB-Platte. Nicht beachtet hatten die Bauherren, dass aus dem Gewölbekeller auf dem Weg über die Decke Feuchtigkeit in den Fußboden eindrang. Denn im Fußbodenaufbau fehlte die feuchtisolierende Schicht. In der Nachbetrachtung wird die Entwicklung deutlich. Der Hausschwamm fand ausreichend Feuchte und holziges Material vor und konnte sich mehr als ein Jahr lang ohne Beeinträchtigung durch den ungeliebten Luftzug ausbreiten.

Maßnahmen zur Sanierung bei holzzerstörenden Pilzen

Der Umgang mit dem Echten Hausschwamm wird in der Literatur schon seit mehr als hundert Jahren beschrieben. Somit war es folgerichtig, dass sich der deutsche Normungsausschuss mit holzzerstörenden Pilzen im Allgemeinen und insbesondere auch mit dem Echten Hausschwamm ausgiebig beschäftigte. Als Ergebnis liegt die DIN-Norm 68800 vor. Die Maßnahmen zur Sanierung von holzzerstörenden Pilzen werden im Teil vier der aktuellen Fassung vom Dezember 2020 beschrieben. Der Sachverständige empfahl, sofort den gesamten Bodenaufbau aus dem Zimmer bis auf den Rohboden zu entfernen und ebenso alle Holzbestandteile aus dem Gewölbekeller. Die Bausubstanz muss vollständig getrocknet werden und die Umgebung des Schadens ist auf Schimmelgeflechte hin zu untersuchen. Auf den Einsatz von Schwammsperrmittel kann verzichtet werden, wenn im Befallsbereich sämtliche Hölzer entfernt und durch nicht befallbare Baustoffe oder Bauteile ersetzt werden und wenn die Austrocknung der sanierten Bauteile nachhaltig sichergestellt Ist. Weiterhin ist zu beachten, dass ein Übergreifen auf angrenzende Gebäudeteile oder Gebäude auszuschließen ist.
"Im neuen Fußbodenaufbau wird die feuchteisolierende Schicht nicht vergessen". Dabei ist sich Corinna Scharf hundertprozentig sicher. Immerhin hat der Schadensfall den Einzug um mehrere Wochen verzögert und der Familie eine Stange Geld gekostet.
Die Namen der Beteiligten sind geändert.

Weitere Informationen

www.din.de/de/ueber-normen-und-standards/nutzen-fuer-den-verbraucher/verbraucherrat/ueber-uns/din-68800-4-holzschutz-teil-4-bekaempfungsmassnahmen-gegen-holz-zerstoerende-pilze-und-insekten-und-sanierungsmassnahmen-im-dezember-2020-veroeffentlicht-773474





 


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