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Bayreuth, 27.04.2024

 

Papierstapel im Schlafzimmer vermeiden

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Chemikaliencocktail zur Papierherstellung notwendig -

Manche Drucksachen riechen so auffällig, dass man gar nicht auf die Idee kommt, sie im Wohnbereich zu lagern. Da Menschen aber von Natur aus Sammler und Jäger sind, entstehen zwangsläufig irgendwo im Haus Papierstapel. Doch wer weiß schon so genau, welche Chemikalien noch in den Papierstapeln enthalten sind und wie lange diese Stoffe die Raumluft kontaminieren. Bekannt ist, dass die Menge und Art der freigesetzten Chemikalien erheblich variieren kann, abhängig von der Art des Papiers, den verwendeten Herstellungsprozessen und den Bedingungen, unter denen das Papier gelagert wird. Hohe Temperaturen und eine hohe Raumluftfeuchte beschleunigen die Freisetzung von Chemikalien aus Papierprodukten während der Lagerung.

Papierhersteller setzen auf Recycling

Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) betrug der Anteil von Altpapier an der Papierproduktion in Deutschland im Jahr 2022 knapp 80 Prozent. Das bedeutet, dass der Großteil des für die Papierproduktion benötigten Materials aus Recyclingprozessen stammt und nicht direkt aus frischem Holz. Das Wiederaufbereiten von Altpapier benötigt aber noch mehr Chemikalien als die Herstellung von neuem Papier. Denn Altpapierrecycling ist ein mehrstufiger Prozess, der das Sammeln, Sortieren, Reinigen und Verarbeiten von gebrauchtem Papier beinhaltet, um neue Papierprodukte herzustellen. Chemikalien spielen eine wichtige Rolle bei der Entfernung von Druckfarben, Klebstoffen und anderen Verunreinigungen, die während der ursprünglichen Papierherstellung und des Gebrauchs auf das Papier aufgetragen wurden.

Chemikalien zum Entfernen von unerwünschten Stoffen aus dem Altpapier

Ein kritischer Schritt beim Papierrecycling ist das De-inking. Dies ist ein Verfahren, bei dem Druckfarben und andere Verunreinigungen entfernt werden. Waschmittel und Tenside reduzieren die Oberflächenspannung des Wassers und erleichtern das Ablösen der Tintenpartikel von den Papierfasern. Natriumhydroxid (NaOH) erhöht den pH-Wert und dispergiert die Tinte. Chelatbildner helfen, Metallionen zu binden und die Wirkung von Störstoffen zu reduzieren. Wasserstoffperoxid (H2O2) wird zur Aufhellung des Papiers und zur Entfernung von verbliebenen Tintenresten eingesetzt. Spezifische Enzyme können eingesetzt werden, um klebstoffhaltige Verunreinigungen aufzulösen. Bleichmittel dienen zur weiteren Aufhellung des Papiers und zur Entfernung verbliebener Tintenreste.

Chemikalien zur Aufbereitung von Fasern

Die Papierfasern müssen aufbereitet werden, um ihre Qualität und Verarbeitbarkeit zu verbessern. So wird Stärke hinzugefügt, um die Festigkeit der Fasern zu erhöhen. Bindemittel sind erforderlich, um die Fasern wieder zu verbinden und die Papierstruktur zu stärken. Zur Verbesserung der Papierqualität werden Füllstoffe wie Calciumcarbonat oder Kaolin hinzugefügt.

Chemikalien für die Abwasserbehandlung

Die beim Recyclingprozess anfallenden Abwässer müssen behandelt werden, um Verunreinigungen zu entfernen, bevor das Wasser wieder freigesetzt wird. Flockungsmittel und Koagulierungsmittel wie Aluminiumsulfat oder Polyacrylamide werden verwendet, um suspendierte Partikel zu aggregieren und zu entfernen. pH-Regulatoren passen den pH-Wert des Abwassers an. Der Einsatz von Mikroorganismen ist eine biologische Behandlung zum Abbau organischer Verunreinigungen.

Neuherstellung von Papier aus Holzfasern

Die Papierherstellung ist ein komplexer Prozess, der die Umwandlung von Holzfasern oder anderen pflanzlichen Rohstoffen in Papier umfasst. Dabei werden verschiedene Chemikalien eingesetzt, um die Fasern zu isolieren, aufzubereiten und schließlich in Papier umzuwandeln. Beim Holzaufschluss werden die Holzfasern voneinander getrennt und in einen Faserbrei umgewandelt. Dies kann auf mechanischem, chemischem oder thermomechanischem Weg erfolgen. Beim chemischen Aufschluss werden Chemikalien verwendet, um die Ligninverbindungen zwischen den Holzfasern aufzubrechen. Zu den wichtigsten Verfahren gehören Natriumhydroxid (NaOH) und Natriumsulfid (Na2S). Sie werden eingesetzt, um das Lignin zu lösen und die Holzfasern freizusetzen. Beim Soda-Verfahren wird Natriumcarbonat (Na2CO3) als Aufschlusschemikalie verwendet.
Nach dem Aufschluss müssen die Fasern gebleicht werden, um Verunreinigungen zu entfernen und die gewünschte Papierfarbe zu erreichen. Früher wurde dazu elementares Chlor verwendet, heute wird jedoch aufgrund von Umweltbedenken eher Chlordioxid (ClO2) eingesetzt. Ein umweltfreundliches Bleichmittel ist Wasserstoffperoxid. Schließlich kommen Kleb- und Füllstoffe zur Anwendung, um die Papieroberfläche zu glätten.

Chemikalien, die beim Lagern von Papier die Raumluft belasten können

Viele der Chemikalien, die bei der Papierherstellung verwendet werden, sind organische Verbindungen, und einige davon können flüchtig sein und in die Raumluft gelangen. Dazu gehören gegebenenfalls Formaldehyd und andere Aldehyde, welche als Nebenprodukt von Harzen und Klebstoffen im Papier vorhanden sein können. Formaldehyd ist als reizend bekannt und kann bei höheren Konzentrationen zu Atemwegsproblemen führen. Phenolverbindungen können gesundheitsschädlich sein und Haut- oder Atemwegsreizungen verursachen. Einige Lösemittel, die in Druckfarben oder Beschichtungen verwendet werden, können in die Luft freigesetzt werden und sind bekannt dafür, dass sie Atemwegs- und Zentralnervensystemeffekte verursachen können. Anorganische Verbindungen wie Schwermetalle sind weniger flüchtig, können aber unter bestimmten Bedingungen dennoch in die Raumluft gelangen. Schwermetalle werden als Farb- oder Füllstoffe bei der Papierherstellung verwendet. Pentachlorphenol (PCP) und andere Biozide kommen in der Papierherstellung als Konservierungsmittel zum Einsatz, um das Wachstum von Mikroorganismen zu verhindern. Phthalate sind eine Gruppe von Chemikalien, die als Weichmacher in verschiedenen Materialien, einschließlich Papier, verwendet werden können.

Der unvermeidliche Bücherschrank

In kleineren Wohnungen wird es schwer, eigene Räume für eine Bibliothek zu reservieren. Wer nicht umhin kommt, Papierprodukte im Wohnbereich zu lagern, sollte dies nur im geringen Umfang tun. Regelmäßiges Querlüften verbessert die Raumluft nachhaltig. Hohe Raumtemperaturen verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit gilt es, wie oben erwähnt, zu vermeiden. Bei gesundheitlichen Beschwerden der Bewohner ist eine professionelle Raumluftmessung zu empfehlen.

Weitere Informationen

www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/altpapier

www.papierindustrie.de/papierindustrie/statistik





 


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