Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 23.04.2024

 

PAK-haltige Teerpappe sorgte für Geruchsprobleme und Kopfschmerzen

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In einer Grundschule in Sachsen waren seit der energetischen Sanierung des Gebäudes Geruchsprobleme in zwei Klassenzimmern und im Lehrerzimmer aufgetreten. Als im Jahre 2018 eine neue Rektorin den Dienst antrat, kam die Angelegenheit richtig ins Rollen. Frau Rubens (Name geändert) hatte nicht nur eine empfindsame Nase, sondern klagte zunehmend über Kopfschmerzen, sobald sie sich im Lehrerzimmer aufhielt. Die Schulleitung informierte die Stadtverwaltung als verantwortlichen Kostenträger. Das örtliche Hochbauamt beauftragte daraufhin ein Ingenieurbüro für Untersuchungen der Raumluft. Die Messergebnisse zeigten eine deutliche Belastung der Raumluft mit Naphtalin. Da sogar der Richtwert II des Umweltbundesamt mit 20 µg/m³ überschritten war, durften in den Räumen ab sofort kein Unterricht mehr stattfinden. Eine Prüfung der Baupläne ergab, dass die Schule im Jahr 1964 erbaut wurde. Deshalb gingen die hinzugezogenen Fachleute von Altlasten in der Bausubstanz aus. Die energetische Sanierung im Jahr 2017 hatte das Geruchsproblem offensichtlich noch verstärkt. Die luftdichte Fassade und die fehlende kontrollierte Belüftung sorgten dafür, dass sich die Schadstoffe in der Raumluft stärker anreichern konnten.

Das Problem lag unter dem Estrich verborgen

In den zwei Klassenräumen und im Lehrerzimmer entnahm der Sachverständige insgesamt zwanzig Bohrkerne. In sechzehn der zwanzig Proben kam teerhaltiges Material zum Vorschein. Offensichtlich hatten die Bauausführenden in den sechziger Jahren die Teerpappe als Sperrschicht auf die Betondecke gelegt und darüber den Estrich aufgebracht. Die Materialuntersuchung im Labor bestätigte den Verdacht. Die Teerpappe enthielt einen beträchtlichen Anteil an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, abgekürzt PAK. Naphtalin ist der leichtflüchtige Anteil der PAK. Bei einem relativ geringen Siedepunkt von 218 Grad Celsius kann diese Substanz durch Fugen und Risse in die Raumluft gelangen. Der Geruch wird als typisch teerartig beschrieben und erinnert an alte Kleiderschränke mit Mottenkugeln.

Probenahme und Analytik von PAK

Die gesamte Gruppe der Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe besteht aus mehreren hundert Einzelsubstanzen. Diese hohe Anzahl ist bei der Analytik von Innenraumschadstoffen nicht zu bewältigen. Deshalb hat man in Deutschland die sechzehn Stoffkombinationen von PAK übernommen, welche die amerikanische Umweltbehörde (EPA) definiert hat und bezeichnet diese als EPA-PAK. Zusätzlich wurde Benzo(A)pyren (BaP) als Leitsubstanz definiert. Mittlerweile haben Labore und Sachverständige aber erkannt, dass BaP nicht immer ausgewogen in den untersuchten Baustoffen anzutreffen ist. Deshalb führte die Analytik im Einzelfall zu Unterbewertungen und folglich zu Fehleinschätzungen bei der Altlastensanierung. Infolgedessen hat sich als Standard für die Raumluftmessung eine Kombi-Untersuchung etabliert. Die oben erwähnten 16 EPA-PAK werden zum einen über PU-Schaum und Glasfaserfilter aus der Raumluft angesaugt. Alle sechzehn Substanzen lassen sich mengenmäßig getrennt bestimmen. Zur Kontrolle wird Naphtalin als leichtflüchtiger Stoff mit Hilfe des Tenax-Verfahrens bestimmt. Andernfalls besteht die Gefahr, Naphtalin über PU-Schaum nicht ausreichend zu erfassen. Die orientierende Messung über den Hausstaub ermöglicht ebenfalls zwei Varianten. Das ausführliche Laborverfahren bestimmt alle 16 EPA-PAK; die verkürzte Analytik bewertet nur die Leitsubstanz Benzo(A)pyren, mit dem oben angesprochenen Risiko der Unterbewertung.

Weitere Informationen

www.analytik-aurachtal.com/downloads/
www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/polyzyklische_aromatische_kohlenwasserstoffe.pdf
www.baubiologie.net/fileadmin/_migrated/content_uploads/VDB_Vortrag_-_PAK_ist_mehr_als_Benzo_a_pyren.pdf
www.ipa-dguv.de/medien/ipa/publikationen/ipa-journale/ipa-journale2014/documents/ipa-journal_1403-aus-der-praxis.pdf
nepis.epa.gov/Exe/ZyPDF.cgi/94001B2D.PDF





 


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