Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 29.03.2024

 

Kurz vor der Geburt nicht die Wohnung renovieren

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Eine Belastung durch Wohnraumschadstoffe während der Schwangerschaft erhöht das spätere Allergierisiko für Kinder beträchtlich. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig empfiehlt daher, in den letzten Wochen vor der Geburt keine Renovierung der Wohnung durchzuführen. Erhöhte Konzentrationen von leichtflüchtigen organischen Stoffen (VOC) belasten die Gesundheit. Sie entweichen aus Farben, Lacken, Klebern und Teppichen in die Raumluft. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Eltern selbst an Allergien wie Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis leiden.

Interdisziplinäre Umweltforschung

Seit über fünfzehn Jahre erforscht das UFZ Zusammenhänge zwischen Lebensstil und Umweltfaktoren während der Schwangerschaft und dem Allergierisiko von Kindern. Der Fokus richtet sich dabei auf drei Einflussgrößen: Exposition um Umweltschadstoffen, Rauchen und stressbedingte Faktoren. Immer deutlicher wird, dass in den letzten Wochen der Schwangerschaft das größte Risiko für eine spätere Allergieausbildung bei Kindern gegeben ist. Das UFZ arbeitet interdisziplinär mit dem Städtischen Klinikum "St. Georg" in Leipzig und Instituten in München, Düsseldorf und Lübeck zusammen. Schätzungen gehen von 20.000 Fällen pfeifender Atmung bei Kleinkindern aus, die zu vermeiden wären.

Untersuchungsmethodik

Das gesamte Forschungsprojekt trägt den Titel "LINA" und steht für folgenden Inhalt: "Lebensstil Neugeborenen Allergierisiko". Die Forscher beobachten Mutter-Kind-Paare seit der Schwangerschaft, um die Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auf Gesundheit und Wohlbefinden zu untersuchen. In die aktuelle Studie flossen Daten von 465 Müttern und Kinder ein. Per Fragebogen wurde ermittelt, ob Renovierungen stattfanden. Die Schadstoffmessung erfolgte durch Passivsammler. Überraschenderweise renovierten zwei Drittel der Familien ihre Wohnungen während der Schwangerschaft. Offensichtlich ist der Wunsch groß, dem Neugeborenen einen schönen Wohnraum zu bieten.

Die VOC-Belastung schwächt das Immunsystem

Das UFZ-Team unter der Leitung von Dr. Irina Lehmann hat herausgefunden, dass die Immunsysteme von Neugeborenen durch eine VOC-Belastung während der Schwangerschaft funktionelle Veränderungen aufwiesen. Im Nabelschnurblut der Kinder wurden verminderte Anteile von Th1-Helferzellen gefunden. Deren Aufgabe ist es, in den Körper eingedrungene Erreger effektiv zu bekämpfen. Sie sorgen ebenfalls dafür, dass allergische Überreaktionen nach dem Kontakt mit Allergenen unterbleiben. Die chemischen Raumluftschadstoffe schwächen gerade jene Zellen des Immunsystems, die vor allergischen Reaktionen schützen sollen.

Abdruck im englischen Fachblatt Environmental International

Die aktuelle Forschung mit der englischen Bezeichnung Prenatal VOC exposure and redecoration are related to wheezing in early infancy wurde im renommierten Fachblatt Environmental International, Volume 73, Dezember 2014, Seite 393-401 veröffentlicht:
http://dx.doi.org/10.1016/j.envint.2014.08.013
Pressemeldung in deutsch: http://www.ufz.de/index.php?de=33425

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