Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 29.03.2024

 

Dichlorbenzol nicht nur in Matratzen enthalten

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Ende September rückte ein chemischer Stoff in den Mittelpunkt der Medien, der bisher nicht als Störenfried in der Raumluft aufgefallen war. Dichlorbenzol (DCB) steckt in Toluol-2,4-diisocyanat (TDI), welches wiederum zur Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen dient. Durch einen Fehler im Produktionsprozess bei der Firma BASF waren plötzlich in einer Charge TDI 500 ppm anstatt der üblichen drei ppm Dichlorbenzol enthalten. Aufgrund zu langer Kontrollzyklen wurden von Mitte August bis Mitte September dieses Jahres 7.500 Tonnen des chemischen Produkts kontaminiert. Ein wichtiger Abnehmer für PU-Schaumstoffe sind die Matratzenhersteller und Zwischenhändler. Einige Firmen mussten eine breit angelegte Rückrufaktion starten, da sie nicht genau wussten, ob bestimmte Waren schon weiterverkauft wurden. Toluol-2,4-diisocyanat steckt aber noch in zahlreichen anderen Produkten drin. So kam der Neubau einer Turnhalle im Berchtesgadener Land im Oktober in Verzug, weil der Bodenbelag ebenfalls das verdächtige Dichlorbenzol enthielt. Was liegt also für einen Baubiologen näher, die vielseitige Chemikalie genauer unter die Lupe zu nehmen.

Einschätzung des Gefährdungspotentials von Dichlorbenzol

Bei der Herstellung von TDI verwendet die Industrie ein gleichverteiltes Gemisch von 1,2-DCB und 1,4-DCB. Diese feine Unterscheidung der Komponenten wird bedeutsam bei der Beurteilung des gesundheitlichen Risikos. Bei 1,4-DCB kommt neben der atemwegsreizenden Wirkung das kanzerogene Potential (Carc. Cat. 2) noch hinzu. Die Kommission für die Festlegung der Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) hat deshalb für 1,4-DCB einen um Faktor zehn niedrigeren Grenzwert als für 1,2-DCB festgelegt. Aktuell sind für 1,4-DCB 6 mg/m³ bzw. 1 ppm am Arbeitsplatz einzuhalten. Im Jahr 2018 soll der AGW noch einmal um Faktor zehn verschärft werden. Für eine Langzeitexposition im Wohnbereich hat der Ausschuss für Risikobewertung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einen Wert von 0,11 ppm festgelegt. In der Tabelle der AGÖF-Orientierungswerte war Dichlorbenzol bisher nicht auffällig. Alle gefundenen Werte in der Raumluft lagen unter 1 µg/m³.

So bewertet das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) die Messergebnisse des Herstellers

In einer vorläufigen Einschätzung vom 20.10.2017 sieht das BfR aufgrund der analysierten Daten kein Risiko für die Raumluft der Verbraucher. Der Hersteller BASF stellte der Behörde Prüfergebnisse von Polyurethanschäumen zur Verfügung, die aus dem Rohstoff TDI mit einem Anteil von 540 ppm DCB hergestellt wurden. In einer kleinen Prüfkammer wurden die Emissionen im zeitlichen Verlauf bei der Luftwechselrate von 0,5 gemessen. Bereits am dritten Tag habe sich der Schadstoffgehalt im Schaumstoffkörper auf 10% des Ausgangswertes (von 33 auf 3 mg/m³) verringert, teilt das BfR mit. Die maximale Luftkonzentration in der Prüfkammer habe nur 0,023 ppm betragen. Die Behörde verweist aber darauf, dass sie selbst keine Messdaten erhoben habe und ihr die Prüfprotokolle des Herstellers nicht vorliegen. Die Stiftung Warentest sieht das Ergebnis von 3 ppm nach drei Tagen Prüfdauer kritischer. "Würde beispielsweise eine Matratze in einem Test der Stiftung Warentest die Raumluft mit 1 ppm belasten, bekäme sie die Note Mangelhaft", schreibt der Redakteur auf der Webseite.

Weitere Links

www.bfr.de Vorläufige Einschätzung möglicher Dichlorbenzolemissionen aus Matratzen
www.baua.de Begründung zu 1,4-Dichlorbenzol in TRGS 900
www.br.de Giftige Matratzen in Handel gelangt






 


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