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Bayreuth, 29.03.2024

 

Der Schimmelleitfaden als Pflichtlektüre für Sachverständige

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Anfang Dezember 2017 verabschiedete das Umweltbundesamt (UBA) den "Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden". Das Ergebnis der Arbeitsgruppe um Dr. Heinz-Jörn Moriske kann sich sehen lassen: eine optisch ansprechend gestaltete Broschüre mit übersichtlichen Tabellen und einem ausführlichen Anhang. Der Leitfaden sollte bei keinem Sachverständigen im Bücherregal fehlen. Eine elektronische Version zum kostenlosen Download bietet das UBA auf seiner Webseite an. Im Vorfeld hatten alle interessierten Gremien die Gelegenheit, den Entwurf des Leitfadens vom Juni 2016 ausführlich zu diskutieren und gegebenenfalls Einwände oder Verbesserungsvorschläge einzureichen.

Der Leitfaden will deutlich machen, auf welchen Grundlagen die Empfehlungen stehen

Die Autoren unterscheiden bei ihren Empfehlungen zwischen "anerkannten Regeln der Technik", dem "aktuellen Stand der Technik" und dem "Stand von Wissenschaft und Technik". Damit will man deutlich machen, dass nicht jedes im Leitfaden erwähnte Verfahren oder jede Problemlösung von allen Beteiligten im Bereich Schimmelanalytik oder Schimmelsanierung als unumstößliche Wahrheit hinzunehmen ist. So hatte der Gesamtverband deutscher Versicherungen (GdV) den Entwurf 2016 dahingehend kritisiert, dass der Leitfaden den Einsatz von Schimmelspürhunden als Möglichkeit benennt, verdeckten Schimmelbefall zu lokalisieren. Der GdV erachtet es als nicht seriös, "auf diese Weise eine bisher nur in Einzelfällen und mit fraglichen Ergebnissen angewandte Methode im Leitfaden offiziell anzuerkennen". Das UBA erläutert die Begriffsdefinitionen folgendermaßen: Technische Regeln gelten als anerkannte Regeln der Technik, wenn sie in der Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt sind, der vorherrschenden Auffassung der Fachleute entsprechen und in der Praxis erprobt und bewährt sind. Verfahren, die sich noch nicht allgemein bewährt haben, wie der Nachweis von Bakterien in Materialien oder MVOC in der Innenraumluft, entsprechen dem Stand der Technik. Als Stand von Wissenschaft und Technik zu bezeichnen sind Aussagen und Verfahren, die die aktuelle wissenschaftliche Diskussion aufgreifen oder noch in der Erprobungsphase sind. Sie gelten bisher weder als allgemein anerkannt noch werden sie von der Mehrheit der Fachleute angewendet. Dazu zählen der oben erwähnte Einsatz von Schimmelspürhunden, molekularbiologische Nachweisverfahren sowie Aussagen zur gesundheitlichen Relevanz von Stoffwechselprodukten und Zellbestandteilen bei Schimmelbefall. Zusammenfassend weist der Leitfaden darauf hin, dass die Empfehlungen "kein gesetzliches Regelwerk darstellen und ein solches auch nicht ersetzen".

Der Begriff "Schimmel" steht generell für einen mikrobiellen Befall bei Feuchteschäden

Mit dieser Definition vollzieht der Leitfaden eine sprachliche Akrobatik. Der Begriff "Schimmel" soll einerseits als Signalwort in der Überschrift nicht fehlen, andererseits wollen die Autoren deutlich machen, dass bei Feuchteschäden nicht nur Schimmelpilze, sondern auch Hefen, Bakterien und Milben auftreten können. Der Leitfaden versteht daher unter dem Begriff "Schimmel" generell einen "mikrobiellen Befall bei Feuchteschäden". Der Gesamtverband deutscher Versicherungen würde die Thematik gerne einzig und allein auf "Schimmelpilze" beschränken. So führte der GdV in seiner Stellungnahme aus: "Der Verweis auf die genannten anderen Mikroorganismen ist zu streichen, zumal im weiteren Verlauf des Leitfadens auch nur noch auf Schimmelpilze eingegangen wird. Konsequenterweise müssten ansonsten für Milben, Protozoen, usw. Mess-, Untersuchungs- und Bewertungsverfahren angegeben werden, um Fehlinterpretationen in Bezug auf diese Organismen zu vermeiden". Trotz dieser Kritik bleibt der Leitfaden bei seiner Aussage: "Schimmelbefall wird hervorgerufen durch Schimmelpilze, Hefen und Bakterien. Zum Nachweis von Schimmelbefall sind Schimmelpilze die Leitorganismen."

Der UBA-Leitfaden bildet den Rahmen für eine einheitliche Vorgehensweise

Die Autoren gestehen sich zu, nicht jeden möglichen Einzelfall zu beschreiben und dafür Empfehlungen zu geben. So sollen Detailausführungen, beispielsweise zu technischen Trocknungsmaßnahmen, zur Feuchtebeurteilung in Materialien oder zum Arbeitsschutz von dazu tätigen externen Fachverbänden oder von Berufsgenossenschaften in eigenen Merkblättern oder Handlungsanleitungen erarbeitet werden. Hervorzuheben gilt, dass die dortigen Ergänzungen oder Handlungsanleitungen sich im Grundsatz auf die UBA-Leitfadenempfehlungen stützen sollen. Der UBA-Leitfaden erhebt somit den Anspruch, den Rahmen für eine einheitliche Vorgehensweisen bundesweit in Deutschland zu setzen. Seit kurzem soll der Leitfaden in Absprache mit den dortigen staatlichen Institutionen und angepasst an die örtlichen Gegebenheiten auch in Österreich gelten. Die Behörden in der Schweiz haben ebenfalls Interesse an der Übernahme von Teilen des Leitfadens bekundet.

Übersicht über Normen, Richtlinien und technische Merkblätter

Einen für Sachverständige unverzichtbaren Bestandteil bietet der Leitfaden in Anlage 4. Hier findet der Leser eine Aufstellung über deutsche und europäische Normen, VDI-Richtlinien und WTA-Merkblätter. Als Beispiel ist die Norm DIN EN ISO 16000-19 zu nennen, die sich mit Probenahmestrategien für Schimmelpilze befasst oder das Merkblatt WTA 4-12-16/D, welches sich mit Zielen und Kontrolle von Schimmelpilzschadensanierungen im Innenraum beschäftigt. Eine hilfreiche Checkliste findet der Sachverständige auch in Anlage 3 des Leitfadens: die Übersicht zur Ermittlung der Schadensursachen bei Schimmelbefall führt in Form einer Baumstruktur die wichtigsten Erkenntnisse auf diesem Fachgebiet zusammen. Der Link zum Download des Leitfadens findet sich nachstehend unter "Links".

Links

UBA-Schimmelleitfaden
baubiologie-regional.de - UBA-Schimmelleitfaden definiert Schimmel neu
GDV-Stellungnahme-Schimmelleitfaden-UBA-2016
WTA international Merkblätter






 


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