Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 29.03.2024

 

Das Kreuz mit den Bakterien

Share on Facebook Share on Twitter
Der Schimmelratgeber des Umweltbundesamtes empfiehlt den Akteuren im Bereich Innenraumanalytik, neben den eigentlichen Schimmelpilzen auch andere Mikroorganismen bei der Wohn- oder Arbeitsplatzuntersuchung in Betracht zu ziehen. Besonders im Blickfeld stehen dabei die Aktinobakterien, die im Normalfall bei Feuchteschäden zusammen mit den Schimmelpilzen wachsen können. Einige Gattungen bilden Sporen und kommen daher unter Umständen als Auslöser von Krankheiten in Betracht. Umweltlabore stoßen bei der Analytik von Bakterien im Innenraum aber an ihre Grenzen. Die Unterscheidung in gesundheitsgefährdende Spezies erweist sich als aufwändig. Möglicherweise ein Grund dafür, dass ein einheitlicher Laborstandard noch aussteht und die Untersuchung auf Bakterien in der Innenraumluft nicht routinemäßig durchgeführt wird.

Einige Bakterienarten sind dem Schimmelpilz ähnlich

Die Aktinobakterien sind häufig in Innenräumen anzutreffen. Unter diesem Oberbegriff verbirgt sich eine große strukturelle Vielfalt. Allein zur Ordnung der Actimomycetales gehören hundertfünfzig verschiedene Gattungen, die sich wiederum stark unterscheiden. Einige Gattungen bilden Myzele und sind in dieser Hinsicht Schimmelpilzen ähnlich. Die einzelnen Fäden (Hyphen) sind mit einem Mikrometer jedoch vergleichsweise dünn. Die Analytik von kultivierbaren Bakterienarten wird erschwert, da sie häufig von Schimmelpilzen überwachsen und dadurch übersehen werden. Aufgrund der Artenvielfalt von Aktinobakterien und deren unterschiedlichen Wachstumsbedingungen müssen unterschiedliche Nährmedien für die Probenahme verwendet werden.

Bakterien sind gefürchtete Geruchsbildner im Innenraum

Der Ratgeber des Umweltbundesamtes führt dazu sinngemäß aus: Mikrobielle Schäden können zu einer unangenehmen Geruchsbelästigung führen. Die Eigenart der Gerüche hängt von den vorliegenden Mikrorganismen, aber auch vom bewachsenen Material ab. Besonders intensiv riechen Bakterien der Gattung Bacillus oder bestimmte Aktinobakterien. Der muffige Geruch in feuchten Kellern wird oft von Bakterien der Gattung Streptomyces verursacht. Besonders stark muffig riechen feuchte, mikrobiell besiedelte Spanplatten. Bei mikrobiell belastetem Polystyrol oder Mineralwolle ist der muffige Geruch nicht bekannt.

Aktinobakterien wachsen langsam und benötigen viel Feuchtigkeit

Mikroorganismen gedeihen in unterschiedlich feuchtem Milieu. Während der Schimmelpilz Aspergillus restrictus bereits bei einer relativen Feuchtigkeit von 71% über dem Material wachsen kann, benötigen Aktinobakterien mindestens einen aw-Wert von 0,9. Ein muffiger Geruch im Wohnraum deutet deshalb auf eine starke Durchfeuchtung des Materials hin. Einen weiteren Hinweis geben Bakterien auf die Dauer des mikrobiellen Befalls. Da sie langsamer als Schimmelpilze wachsen, weist ihr Vorkommen auf einen Altschaden hin.

Bakterien in der Innenraumluft können körperliche Reaktionen auslösen

Endotoxine sind Zellwandbestandteile von gramnegativen Bakterien. In hohen Konzentrationen in der Raumluft können sie Entzündungsreaktionen auf der Haut und der Bindehaut auslösen. Erkrankungen der oberen und tiefen Atemwege gelten als sehr selten. In dieser Hinsicht besteht noch hoher Forschungsbedarf. Die Biostoffverordnung listet einige Bakterienarten auf, die im Arbeitsprozess als riskant eingestuft werden, unter anderem der Nocardispsis alborubida, einer Gattung der Aktinobakterien.

Forscher sind der bakteriellen Vielfalt auf der Spur

Ein Forscherteam der Justus-Liebig-Universität Gießen bediente sich zur näheren Bestimmung der Bakteriengattungen der Sequenzanalyse von 16S rRNA-Genen. Bei dem 16S rRNA-Gen handelt es sich um einen bestimmten Sequenzabschnitt im Erbgut. Dieser Abschnitt ist in allen Bakterienstämmen vorhanden und lässt sich gut untersuchen. Die auf Nährböden gezüchteten Bakterien wurden vorher durch Luftproben sowohl im Innenraum als auch im Außenbereich mit einem Volumen von 500 Liter Luft bei einem Volumenstrom von 50 L/min gewonnen. Die Forscher wiesen sechzehn Gattungen nach, die nur im Innenraum vorkamen. Neun Gattungen fanden sich sowohl innen als auch außen und fünf nur im Außenbereich. Die Forscher wünschen sich, dass diese Art der Bakterienbestimmung im europäischen Raum standardisiert werden sollte. Bisher ist man sich jedoch noch nicht einmal bei der Verwendung von gleichartigen Nährböden einig.

Weiterführende Links zum Thema Bakterien

Schimmelleitfaden Umweltbundesamt
Erfassung der bakteriellen Diversität in der Innenraumluft






 


Teilen auf Social Media