Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 20.04.2024

 

Allein die Schimmelpilzgefahr berechtigt zur Mietminderung

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So hat jedenfalls das Landgericht Lübeck in zwei Urteilen innerhalb der letzten zwölf Monate entschieden. Getrennt geklagt hatten zwei Mieter, die beide in dem gleichen Haus wohnen. Die Beklagte ging inzwischen gegen beide Urteile in Berufung. Nun soll der Bundesgerichtshof am 5. Dezember 2018 darüber entscheiden, ob die reine Gefahr einer Schimmelpilzbildung für eine Mietminderung und/oder für einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung ausreicht. An dem Ausgang des Prozesses am höchsten deutschen Gericht dürften zahlreiche Vermieter interessiert sein, deren Immobilien im Zeitraum von der Nachkriegszeit bis zur Energiewende errichtet wurden.

Geometrische Wärmebrücken könnten zu Schimmelwachstum führen

Der Bewohner müsse selbst in einem Altbau bei relativ niedrigen Mieten einen "Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens" erwarten, urteilten die Richter am Landgericht Lübeck. Angesichts der geometrischen Wärmebrücken in beiden Wohnungen ergebe sich ein konkretes Risiko der Schimmelpilzbildung in den Monaten Oktober bis März, welche der Mieter allein mit "alltagsüblichem Lüftungs- und Heizverhalten" nicht verhindern könnte. Für die Annahme eines Mangels sei es bereits ausreichend, dass der Mietgegenstand aufgrund einer bestimmten Beschaffenheit jederzeit beeinträchtigt werden könne. Das Gericht verwendet den Begriff einer sogenannten "Mangelgefahr". In einem der beiden Gerichtsfälle wurde dem Mieter sogar ein Kostenvorschuss zur Beseitigung der Mängel und für die Anbringung einer Innendämmung zugesprochen.

Der Mieter muss nicht über das übliche Maß hinaus Lüften und Heizen

Von einem Mieter könne nicht verlangt werden, dass er ein Schlafzimmer auf mehr als 16 Grad und die übrigen Zimmer auf mehr als 20 Grad beheize oder darauf verzichte, seine Möbel ohne Abstand an den Außenwänden aufzustellen. Auch ein sogenanntes Querlüften könne dem Mieter nicht abverlangt werden, vielmehr sei lediglich ein zweimaliges Stoßlüften von bis zu zehn Minuten pro Tag zumutbar. Solange sich der Vermieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, z.B. beim Kochen, Waschen, und Duschen bewege, komme es auch nicht darauf an, wieviel Feuchtigkeit durch das konkrete Nutzerverhalten entsteht.

Baubiologische Beurteilung der Wohnsituation

Das Landgericht Lübeck schließt sich mit dem Richterspruch im Grunde den Urteilen anderer Gerichte an. Darin wird der Vermieter jeweils verpflichtet, Mängel in der Bausubstanz zu beseitigen, bevor das Nutzerverhalten als Schadensursache herangezogen wird. Allerdings sollte man dem Mieter auch keinen Freibrief für generelles "Drauflos-Wohnen" ausstellen. Gerade bei schwächerer Bausubstanz macht es Sinn, die Möbel nicht direkt an die Außenwände zu stellen. Ein zweimaliges kurzes Stoßlüften könnte unter Umständen zu wenig sein, um die durch Duschen oder Wäsche waschen produzierte Feuchtigkeit nach außen abzuführen. Ähnlich argumentiert auch die Beklagte in dem Revisionsverfahren: "Überdies sei das dem Mieter zumutbare und erforderliche Lüftungsverhalten nicht anhand starrer Grenzen zu bestimmen, sondern habe sich an dem eigenen Nutzungsverhalten sowie dem bauzeitlichen Zustand der Wohnung auszurichten."
Fazit: Das Thema "Schimmel in der Wohnung" wird auch weiterhin für Streit sorgen. Wenn beide Mietparteien an einem gedeihlichen Zusammenleben interessiert sind, sollten sie die Schwachstellen der Wohnung offen ansprechen.

Links

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&nr=85402
https://www.mietrechtler-in.de/mietminderung-wegen-schimmels.html
https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/schimmel/aktueller-uba-schimmelleitfaden






 


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