Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 24.04.2024

 

Zunehmend Ärger mit Duftstoffen im Innenraum

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Die Verwendung von Duftstoffen in Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln ist seit längerem bekannt. Die bewusste und manipulative Einbringung von Duftstoffen in Innenräume kommt dagegen immer mehr in Mode. Die Duftstoffindustrie hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Der weltweite Umsatz beträgt schätzungsweise 18 Mrd. Dollar. In Deutschland vertritt der Verband der deutschen Riechstoffhersteller die Interessen seiner Mitglieder. Ca. 3.000 verschiedene chemische Duftstoffe sind bekannt. Dreißig davon werden in Europa in Mengen von größer 1.000 Tonnen pro Jahr hergestellt. Für weitere 750 Riechstoffe wird eine Jahresproduktion größer einer Tonne geschätzt. Dagegen steht die Zahl von mindestens einer halben Million Duftstoffallergikern in Deutschland, die unter Beduftungsmaßnahmen schwer zu leiden haben. Eine erworbene Sensibilisierung kann medizinisch nicht geheilt werden.

Motive für die Raumbeduftung

Wer kennt sie nicht, die Tannenduftsprays in privaten WC’s oder die Duftbäumchen in Kraftfahrzeugen. Sie haben die Aufgabe, schlechte Raumluft zu überdecken oder einen angenehmen Geruch zu suggerieren. Kritisch wird es, wenn ganze Räume über die Klimaanlage beduftet werden. Als Anwendungsbeispiel sei der Verkaufsraum eines Autohändlers genannt, der mittels Edelduft den unerwünschten Gummigeruch von Reifen maskieren möchte. Gemäß einer Umfrage des deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) informiert die Hälfte der Anwender von Duftstoffen im Verkaufsraum den Kunden nicht über die Maßnahme. Ohne Umschweife manipulativ zu nennen ist die Raumbeduftung im Zusammenhang mit einer Verkaufsförderung: erkennbare Düfte sollen zum spontanen Kauf anregen, Emotionen wecken, Produkte wieder erkennen lassen oder Wohlbefinden und Vertrauen erwecken. Einige Firmen haben sich auf das Segment "Raumbeduftung" spezialisiert und bieten Anwendungspakete an. Besonders kritisch ist die Verwendung von Duftstoffen unterhalb der Geruchsschwelle. Der Kunde nimmt den Geruch bewusst nicht wahr und wird somit nichts ahnend in seinem Kaufverhalten manipuliert.

Gesundheitliche Risiken bei inhalativer Aufnahme?

Die Aufnahme von Geruchsstoffen über die Haut kann nachweislich Allergien auslösen. Neben Nickel sind Duftstoffe der häufigste Allergieauslöser. Über die inhalative Aufnahme von Duftstoffen und daraus resultierenden Allergien gibt es noch offene wissenschaftliche Fragen. Insbesondere ist nicht geklärt, ob Kontaktekzeme verursachende Stoffe auch bei Inhalation zu Allergien führen. Aus Vorsorgegründen lehnt der DAAB eine Raumbeduftung ab. Für Allergiker sind die Duftstoffe eine starke Belästigung. Weitere Forschungsvorhaben sind dringend geboten.

Empfehlungen des Umweltbundesamtes und anderer Institute zum Umgang mit Duftstoffen:

• Die Einbringung von Duftstoffen über Klimaanlagen soll in Verkaufsräumen oder Büros kenntlich gemacht werden.
• Duftstoffe sollen nicht benutzt werden, um unangenehme Gerüche zu überdecken. Es wäre fatal, notwendige Lüftungs- und Hygienemaßnahmen zu unterlassen, um an deren Stelle Beduftung einzusetzen.
• Der Verkauf von irreführenden Produkten mit der Bezeichnung "Lufterfrischer" sollte unterbleiben. Anstelle von natürlicher Belüftung bringen die Anwender dieser Produkte zusätzliche chemische Stoffe in die Raumluft ein.
• Hotelunterkünfte sollten auf Duftstoffe in Reinigungsmitteln sowie auf die direkte Verwendung von Raumsprays verzichten. Vielmehr könnte der Hinweis "keine Anwendung von Duftstoffe" dem Beherbergungsgewerbe einen positiven Werbeeffekt bieten.
• Produkte zur Raumbeduftung sollten hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe eindeutig deklariert werden.
• Die Anwendung von Duftstoffen unterhalb der Geruchsschwelle ist zu unterlassen.

Literaturhinweise und Links:

1) Mücke / Lemmen: Duft und Geruch. Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen. Ecomed Medizin 2010. ISBN 978-3-609-16436-6. 205 Seiten
2) http://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/chemische-stoffe/duftstoffe
3) http://www.daab.de/haut/duftstoffe-in-innenraeumen/
4) https://www.thieme.de/de/thieme-chemistry/roempp-54843.htm
5) http://www.riechstoffverband.de/






 


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