Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 29.03.2024

 

Nanopartikel schleichen sich in unser Leben

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Beinahe unbemerkt schleichen sich Nanopartikel in unser Leben. Ob als Rieselhilfe in Fertigsuppen oder im Speisesalz, als Lichtschutzfaktor in Sonnenschutzcremes oder als Additive für kratzresistente Oberflächen, sind die winzigen Teilchen in den Augen der Industrie nützliche Helfer zur Verbesserung der Produkte. Der Verbraucher weiß in der Regel nicht, wo Nano drin ist. Kennzeichnungspflichtig sind vorerst Lebensmittel, Kosmetika und Biozide und auch nur dann, wenn von allen Partikeln der Nanoanteil mindestens 50% beträgt. Der Bund Naturschutz Deutschland führt eine Datenbank mit nanohaltigen Produkten und teilweise weiterführenden Links zur Inhaltsbeschreibung und dem Zweck der Nanoanwendung.

Die Unterschiede zwischen Ultrafeinstaubpartikeln und Nanopartikeln

Ultrafeinstaub (UFP) gehört zu den luftgetragenen Partikeln mit einer Größe von 0,1 Mikrometer (=100 Nanometer) und kleiner. Nanopartikel gehören ebenfalls in diese Größenkategorie, weisen aber noch zusätzliche Merkmale auf. Die EU-Kosmetik-Verordnung versteht unter Nanopartikeln folgendes: Nanomaterial ist ein unlösliches oder biologisch beständiges und absichtlich hergestelltes Material mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen von 1 bis 100 Nanometern. Laut dem Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) sind Nanomaterialien absichtlich hergestellte, feste, aus Partikeln bestehende Substanzen, die aus Nanoobjekten und deren Aggregaten oder Agglomeraten bestehen.

So gelangen Nanopartikel in den Körper

Ultrafeinstaub und Nanopartikel gelangen über die Atemwege in die Lunge und verteilen sich aufgrund der geringen Größe weiter über die Blutbahn. Sie werden entweder ausgeschieden oder lagern sich in Organen an. Der irische Forscher Kenneth Dawson fand heraus, dass künstlich erzeugte Nanopartikel vom Immunsystem erkannt werden. Über eine Entzündungsreaktion werden die Fremdkörper in einem Zeitraum von wenigen Wochen so weit wie möglich abgebaut. Dawson führt aus, dass Studien über einen längeren Zeitraum dringend erforderlich seien. In Tierversuchen in Form einer 90-Tage-Inhalation zeigte sich bei Ratten ebenfalls eine Entzündungsreaktion (Otto Creutzberg).

Nanopartikel sind reaktionsfreudig

Werden Nanopartikel freigesetzt, gehen sie gerne Verbindungen mit anderen Partikeln ein. Dadurch bilden sich größere Einheiten. Als besonders kritisch erweist sich die Verbindung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), da diese als krebserregend eingestuft sind.

Herausforderung für die Messtechnik

Das Auffinden von Nanopartikeln in der Atemluft stellt eine Mammutaufgabe dar. Zur Messung von Feinstaubpartikeln sind hochwertige Partikelzähler erforderlich, deren Kosten gut und gerne über 10.000 Euro liegen. Vor der Messung müssen die Randbedingungen und das Messverfahren sorgfältig beschrieben werden, sonst sind die Ergebnisse in keinster Weise nachprüfbar. Die nächste Hürde stellt die Differenzierung in natürliche bzw. künstliche Ultrafeinstäube und industrialisierte Nanopartikel dar. Während die Partikelmessung am Ort der Entstehung erfolgt, ist die Detailanalyse von Nanopartikeln bisher nur im Labor möglich. Anwendung findet die kombinierte TEM/EDX-Methode. Nach vorhergehender elektrostatischer Abscheidung erfolgt die Bildanalyse mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM). Daran schließt sich die Elementaranalyse mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) an. Die Beschreibung des Messverfahrens deutet an, welcher Aufwand betrieben werden muss, um Nanopartikel in der Luft nachprüfbar darzustellen. Der Verbraucher dient als Versuchsobjekt. Wer beispielsweise seine Wohnung mit einer nanohaltigen Wandfarbe streicht, kann die Auswirkungen praktisch nicht messen lassen. Umso mehr Augenmerk ist auf die Auswahl der Produkte zu legen.

Maßnahmen im Arbeitsschutz

Da die gesundheitlichen Auswirkungen von Nanopartikeln noch unklar sind, fehlen auch Grenzwerte. Im Bereich des Arbeitsschutzes sieht die sehen die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900) zwar Staubgrenzwerte vor, diese gelten aber nicht für Ultrafeinstäube. Der Arbeitsschutz setzt vorerst auf organisatorische Maßnahmen. Im betrieblichen Arbeitsprozess sollen die Partikel in geschlossenen Systemen verbleiben. Falls die Gefahr des Austritts besteht, wird das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung empfohlen. Nanohaltige Materialien oder Flüssigkeiten sollen den Vermerk "Achtung – noch nicht geprüfter Stoff" erhalten. Mitarbeiter in gefährdeten Bereichen werden verstärkt in das Gesundheitsmonitoring einbezogen. Mit der Methode "Versuch und Irrtum" sollen Erkenntnisse über gesundheitliche Auswirkungen von Nanopartikeln am Arbeitsplatz gewonnen werden.

Weitere Links zum tieferen Einstieg in die Materie

Nanomaterialen - Charakterisierung und Messung
DGUV – Geräte zur Messung von Nanopartikeln
BMBF Kompetenzatlas Nanotechnologie Deutschland
Nanopartikel.info – Häufig gestellte Fragen
Petersen - Bericht vom 1. Nanosymposium 2015 in Berlin
Forschungsprojekt NANOaers des BfR
Nanoteilchen in Fertigprodukten
Titandioxid-Nanopartikel können Darmentzündungen verstärken
Glossar Baubiologie Regional "Nanopartikel"
Bildquelle: shutterstock.com






 


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