Baubiologie und Oekologie

Gesundes Wohnen und Arbeiten


Bayreuth, 20.04.2024

 

Dicke Luft in Klassenzimmern vermeiden

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Bei der Beurteilung des Raumklimas in Klassenzimmern kann das Umweltamt Nürnberg wahrlich ein Wörtchen mitreden. Die städtischen Mitarbeiter hatten von 2012 bis 2013 Messreihen in verschiedenen Schulkategorien durchgeführt und zusätzlich die Rahmenbedingungen ausgewertet. Im Blickpunkt stand dabei der Kohlendioxidgehalt (CO2) der Raumluft im Vergleich zur Außenluft. Die relative Luftfeuchtigkeit und die Raumtemperatur wurden ergänzend zum CO2-Gehalt mit Datenloggern aufgezeichnet. Auf den Punkt gebracht zeigt das Ergebnis folgendes: die üblicherweise in den Klassenzimmern vorgefundene Raumluftqualität ist mindestens hygienisch auffällig, in vielen Fällen sogar als inakzeptabel zu bewerten.

Richtwerte für den CO2-Gehalt in der Raumluft

Das Untersuchungsteam entschied sich für die Leitwerte der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumluft IRK/AOLG 2008 des Umweltbundesamtes. Diese Vorgaben haben Richtwertcharakter, während die maßgeblichen DIN-Normen lediglich einen Mindeststandard definieren. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe unterscheidet drei Bewertungsstufen:
Ein Wert von kleiner 1.000 ppm CO2 gilt als hygienisch unbedenklich. Werte zwischen 1.000 bis 2.000 ppm CO2 signalisieren eine Auffälligkeit: es soll gelüftet werden. Ein CO2-Gehalt über 2.000 ppm gilt als inakzeptabel: hier muss unbedingt gelüftet werden. Daraus leitet sich auch die CO2-Ampel ab: grün, gelb und rot signalisieren den Status im Klassenzimmer. Die Richtwerte verstehen sich bereits als Kompromiss: der CO2-Gehalt in der Außenluft beträgt lediglich 400 ppm bzw. 0,04%.

Dem Menschen fehlt ein Sensor für schlechte Raumluft

Die Messtechniker hatten verschiedene Lüftungsszenarien vorgeschlagen, wobei der Datenlogger jede Situation aufzeichnete. In ersten Fall überließ man das Lüftungsverhalten dem Lehrer und der Klasse; im zweiten Fall warnte das CO2-Messgerät entweder optisch oder akustisch, wenn bestimmte Richtwerte überschritten waren. Es zeigte sich, dass der Mensch die Raumqualität ohne Hilfsmittel kaum richtig einschätzen kann. Der untere Richtwert von 1.000 ppm wurde regelmäßig überschritten. In der Spitze ergaben sich Werte von 2.500 bis 3.500 ppm. Ein hoher Anteil von Kohlendioxid in der Raumluft vermindert die Konzentration und bringt vermehrt Unruhe in die Klasse. Gleichzeitig reagiert der Lehrer zunehmend gereizt auf den erhöhten Lärmpegel.

Deshalb kommt das Lüften oft zu kurz

Ständiges Lüften ist überaus lästig und hat daher eine untergeordnete Stellung im Schulbetrieb. Besonders im Winter fällt es schwer, kalte Luft in das Klassenzimmer zu lassen. Im Einzelfall stehen Unfallverhütungsvorschriften oder bauliche Einschränkungen im Wege. Einen besonders wichtigen Tipp legen die Umweltanalytiker dem Schulpersonal ans Herz: am Ende der letzten Schulstunde sollte unbedingt gelüftet werden, da nur dadurch der CO2-Gehalt über Nacht auf das natürliche Maß von 400 ppm absinken kann. Ansonsten würde die Klasse frühmorgens mit einem erhöhten CO2-Level den Unterricht beginnen.

Technische Lüftung allein reicht nicht aus

Das Umweltamt Nürnberg untersuchte auch Klassenzimmer mit raumlufttechnischen Anlagen (RLT). Erwartungsgemäß wurden im Mittel bessere Ergebnisse als ohne RLT erzielt. Der Spitzenwert von 2.000 ppm wurde nie überschritten. Dennoch kann auf die zusätzliche Fensterlüftung nicht verzichtet werden. Denn trotz RLT steigerte sich der CO2-Gehalt im Laufe des Vormittags auf Werte um 1.500 ppm. Tipp: Die Fensterlüftung sollte trotz technischer Lüftung weiterhin möglich sein.

Zusammenfassung

Nach energetischer Sanierung sind die Schulräume in der Regel vollkommen luftdicht. Ein natürliches Absinken des CO2-Gehaltes über Nacht ist damit ausgeschlossen. Die Forschungsreihe zeigte, dass der Kohlendioxidgehalt erst über das Wochenende bei schulfreiem Betrieb auf das natürliche Maß absinken kann. Fazit: Je dichter die Bauweise, um so bewusster muss gelüftet werden. Mit Hilfe der CO2-Ampeln kann sich die Schulgemeinschaft das richtige Lüftungsverhalten antrainieren. Ohne Einbau von RLT-Anlagen ist gesunde Luft im Klassenzimmer aber nur mit großer Lüftungsdisziplin erreichbar.

Links

Daten zur Nürnberger Umwelt 3/2013 Seite 5 bis 15
Raumluftqualität in Schulgebäuden
Messkoffer Energiesparschule Potsdam
CO2-Messgeräte






 


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