Baubiologie und Oekologie

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Bayreuth, 19.04.2024

 

Das Innenohr erholt sich nur langsam von tieffrequentem Schall

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Die negative Wirkung von Infraschall auf die menschliche Gesundheit wird bei der Genehmigung von Industrieanlagen kontrovers diskutiert. Die wissenschaftliche Datenlage ist bisher dünn. Forscher der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) konnten jetzt nachweisen, dass das Innenohr relativ lange braucht, um sich von der Belastung durch tieffrequenten Schall zu erholen. "Die Erholungszeit ist länger als die Dauer der Belastung", sagt Forscher Dr. Drexl von der Abteilung Neurobiologie der LMU.

Die Wahrnehmung unterhalb der Hörschwelle wird offiziell bestritten

Das bayerische Landesamt für Umwelt schreibt auf seiner Webseite: "Die bisherigen Daten weisen daraufhin, dass gesundheitliche Wirkungen von Infraschall erst ab der Hörschwelle auftreten, also nur bei Schall im hörbaren Bereich … Der Infraschall von Windkraftanlagen kann also vom Menschen weder gehört noch anders wahrgenommen werden. Insofern sind auch keine gesundheitlichen Wirkungen zu erwarten". (siehe Link unten). Dr. Markus Drexl und Kollegen konnten mit ihrer Studie nachweisen, dass Schall unter 100 Hertz vom menschlichen Innenohr wahrgenommen wird und dort mechanische Reaktionen auslöst, welche bei höher frequentem Schall nicht zu erwarten sind.

Ein akustisches Experiment mit 21 Probanden

Die LMU-Neurobiologen emittierten einen Ton von 30 Hertz mit einer Lautstärke von 80 db/A bzw. 120 dB/Z. Die Teilnehmer nahmen das Geräusch über einen Ohrstöpsel in einem Zeitraum von 90 Sekunden auf. Anschließend wurden die spontanen otoakustischen Emissionen des Innenohres (SOAEs) gemessen. Das gesunde Innenohr produziert diese sehr leisen Töne selbst, auch wenn kein Geräusch vorliegt. Auf die Emission des tieffrequenten Geräusches von 30 Hz reagierten die SOAEs der Probanden mit langsamen, gleichförmigen Schwankungen. Diese hielten nach Absetzen des Geräusches noch zwei Minuten lang an. Somit ist die Erholungsphase des Innenohres länger, als die Dauer der Geräuschemission. Eine potentielle Schädigung des Innenohres ist damit noch nicht bestätigt. Das Forscherteam will auf diesem Gebiet weiter experimentieren. Folgende Erkenntnis hält Dr. Drexl für gesichert: "Das Ohr reagiert sehr wohl auf tieffrequente Töne, auch wenn sie nicht oder nur schwer hörbar sind."
Das ausführliche Forschungsergebnis wurde in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science (RSOS) am 1.10.2014 in englischer Sprache veröffentlicht.

Kommentar

Das LfU Bayern listet in dem oben zitierten Aufsatz die Hörschwellenwerte auf. Daraus ergibt sich, dass der von den LMU-Forschern emitierte Schallpegel von 120 dB/Z über der Hörschwelle liegt. Noch interessanter wäre das Forschungsprojekt, die Reaktionen des Innenohrs mit Schallemissionen unterhalb der Hörschwelle zu messen. Lt. einer persönlichen Information von Herrn Dr. Drexl arbeiten die Forscher weiter an diesem Thema. Eine neue Veröffentlichung ist vorerst nicht geplant.

Quellennachweise

http://idw-online.de/de/news605941
Bayerisches LFU zu Windkraft und Gesundheit
Störung vom IMS-Anlagen durch Infraschall






 


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